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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Autoren: Tanja Meurer
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Lebensfunke. In uns gibt es ein Pendant der Linsen: unsere Augen. Damit werden die Seelen in den Maschinenleibern fixiert.«
    Wie vom Donner gerührt stand Camilla da. Wahrscheinlich hatte Nathanael auf Camillas Hilfe gehofft, darauf, dass sie der Leichenpuppe ihr unheimliches Aussehen nahm. Hinter Pascal war er her gewesen, um an das Perspektiv zu kommen. Allerdings zerschmetterte er mit dem Artefakt in der Hand. Damit befand es sich außerhalb von Nathanaels Verfügbarkeit. Die, die es ihm bringen konnten, waren Grimm und seine Freundin.
    Camilla schluckte. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit lag das Perspektiv auch nicht mehr in der Asservatenkammer.
    Kopflos stürzte sie voran. Auf den alten Schwellen zu rennen, strengte an, trotz allem nahm sie an Geschwindigkeit auf. Hinter ihr verhallten die Rufe ihrer Freunde.
    Zeit, auf die anderen zu warten, nahm sie sich nicht mehr. Die schweren Schritte genagelter Stiefel und atemloses Schnaufen verrieten ohnehin, dass Chris ihr folgte und in einiger Zeitverzögerung auch die Beamten und die Uhrwerkfrauen.
    Als der Eingang des Bunkers zwischen den maroden Betonpfeilern auftauchte, schimmerte Licht auf die unfertigen Gleise. Die Tür stand offen. Hoffentlich wartete hier nur Nathanael, nicht Grimm oder seine rachsüchtige Freundin. Diese beiden würden keinen Moment zögern, sie einfach zu erschießen. Trotz allem zügelte Camilla ihr Tempo nicht. Mit brennenden Lungen, nass geschwitzt und atemlos, stolperte sie die einzelne Stufe hinauf in den Bunker.
    Der Anblick allein reichte, um ihr den Magen umzudrehen. Camilla presste die Hände vor Mund und Nase.
    Aus einem doppelten Kunststoffsack auf dem Operationstisch quollen blutige Innereien. Eine Leber schien noch teilgefroren, während Darmschlingen bläulich in dem Tauwasser des Amputationssackes schimmerten. Wässrige Blutstropfen verunzierten den nackten Estrich, auf dem sich die Profile verschiedener Schuhe abzeichneten.
    Dicht hinter ihr sprengte Christoph die Tür ganz auf. Er blieb neben ihr stehen, wirbelte herum und übergab sich.
    Auch Habicht und Weißhaupt traten ein.
    »O mein Gott.«
    Wie vom Donner gerührt blieb der Hauptkommissar stehen. Habicht trat an ihm vorüber, die Waffe gezogen, ein Taschentuch vor Mund und Nase gepresst. Gequält stöhnte er auf, gab sich aber nicht der Illusion von Sicherheit hin. Langsam durchschritt er den Raum.
    Weißhaupt sicherte und trat zugleich an den Tisch heran, ohne die Fußspuren zu zerstören. »Schrecklich.« Er neigte sich über die Organe. »Matthias, das musst du dir ansehen.«
    »Was denn?«
    »Die Organe sind professionell mit einem Skalpell herausgetrennt worden, würde ich wetten. Das sind die sauberen Schnitte, die ich von Denise’ Kunden aus der Pathologie kenne.«
    Der Oberkommissar gab ein unwilliges Geräusch von sich. »Solange wir keine Beweise haben, solltest du deine Andeutungen vielleicht besser für dich behalten.«
    »Ich rufe die Spurensicherung.«
    Habicht nickte und ging eine weitere Runde, blieb aber schließlich stehen. Er schob die Waffe in das Holster, zog seinen Kugelschreiber und bewegte ein Tuch, dass Camilla schrecklich bekannt vorkam. Der Schal ihrer Mutter. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen.
    Zweifellos hatte Grimm sie hierher gebracht. Sie konnten noch nicht lang fort sein. Auch an dem zeitlichen Ablauf kamen ihr Zweifel. Wenn Grimm ihre Eltern zwischen dem Telefonat mit Habicht und der erfolglosen Suche im Parkhaus gekidnappt hatte, konnte er ihren Vater gar nicht gezwungen haben, die Leichenfrau zu beleben. Aber wie sonst konnte es dazu kommen? Die einzig logische Möglichkeit wäre die Nutzung des Perspektivs gewesen. Nathanael war jedoch kein Narr. Ohne gründlich erarbeitetes Hintergrundwissen würde er nie die Person riskieren, auf die es ihm in seiner elenden Einsamkeit ankam. Diese Frau war schließlich das Sinnbild seiner ewigen Suche nach Liebe und der Reue über den Verlust seiner Olympia.
    Unverständlich. Sie massierte sich die Schläfen. Vielleicht gab es tatsächlich eine Verschiebung der Wirklichkeit. Dann wiederum würde sich diese Situation erklären … oder doch nicht? Bisher funktionierte nichts einfach so. Es fühlte sich eher an, als wäre durch die Beteiligung so vieler Menschen und durch das Scheitern von Amadeos Plänen alles aus dem Gleichgewicht geraten … Dem Gedanken haftete etwas erschlagend Wahres an. Allein die Tatsache, dass Amadeo damals Nathanael manipuliert und gelenkt hatte, war schon eine
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