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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Autoren: Tanja Meurer
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In der ersten Sekunde wollte sie das Wesen zurückstoßen und einfach nur Abstand zwischen sich und die Leiche bringen, bis sie begriff. Die Frau wollte ihren Schutz.
    In der gleichen Sekunde trat Grimm in den Gang. Panische Angst jagte durch Camillas Körper, ihre Wirbelsäule herauf. Sie versteifte sich. Den Griff der Leiche spürte sie fast nicht mehr. Einzig ihr hohes, zartes Wimmern lag in der Luft. Auch Amelie prallte zurück. Sie stellte sich breitbeinig in den Gang, direkt vor Camilla.
    Grimms Blick verfinsterte sich. Er presste die Lippen aufeinander. In einer fließenden Bewegung zog er seine Dienstwaffe. Amelie trat auf ihn zu. Er sah an ihr vorüber, sein Blick bohrte sich in Camillas.
    Sie stemmte unwillkürlich die Beine in den Boden und suchte nach festem Stand, bereitete sich auf einen mentalen Angriff vor. Noch einmal würde er ihren Verstand nicht beeinflussen. Das ließ sie nicht zu.
    Wortlos riss er seine Waffe hoch und richtete sie auf ihren Kopf. Die vollkommen ruhige Hand, die hasserfüllte Kälte in seinem Blick ließen keinen Zweifel. Er würde sie erschießen.
    Eiseskälte machte sich in ihr breit. Das Kribbeln, das von Händen und Füßen ausging, elektrisierte ihren ganzen Körper. Sie zog den Kopf zwischen die Schultern und warf sich zur Seite. Die Leiche stürzte hinter ihr schwer zu Boden.
    Ein Schuss peitschte. Soweit Camilla es beurteilen konnte, ging er weit über sie hinweg.
    »Andreas, nicht.«
    Amelies Stimme klang gepresst. Der Hahn der Pistole klickte. Die Waffe polterte zu Boden.
    Camilla warf sich herum.
    Amelie rang mit ihrem Bruder. David gegen Goliath. Sie reichte ihm kaum bis zur Brust. Allerdings schien er gewaltige Probleme gegen sie zu haben. Sie stand fraglos auf ihrer Seite und versuchte, Camilla eine Fluchtmöglichkeit zu verschaffen.
    Dankbar drehte sie sich zu der Leiche um, die sich wimmernd zwischen die Bücher zu wühlen versuchte.
    »Lass das, komm mit.«
    Unsanft zerrte sie das Wesen aus dem Regal heraus auf die Füße. Die Hände der Frau waren steif wie Eis und entglitten Camillas Fingern. Rasch griff sie nach. Ohne größeren Widerstand ließ sich die Leichenfrau hochziehen. Sie lief beinah schneller als Camilla.
    In einem Winkel ihres Verstandes meldete sich eine Stimme, die mit Sicherheit Grimm als ihren Mörder auswies, gleichgültig, aus wie vielen Frauen sie gebaut worden war. Die instinktive Angst vor ihm war ein eindeutiger Indikator.
    »Bring dich in Sicherheit, lauf zu Nathanael.« Camilla gab ihr einen Stoß zu der nächsten Spindeltreppe. Die Frau setzte sich scheu, aber gehorsam, in Bewegung. »Beeil dich«, rief Camilla.
    Sie eilte zur Brüstung. Tief unter ihr starrten sie viele verängstigte oder neugierige Menschen an. Einige besonders starke, muskulöse Männer machten sich auf den Weg nach oben.
    Klar, den Schuss konnte niemand überhört haben. Würden sie Grimm oder ihr helfen?
    Amelie! Sie konnte ihre Freundin nicht allein gegen ihn kämpfen lassen, nachdem Olympia sich wohin auch immer zurückgezogen hatte. Camilla wollte sich lösen, als sie zwischen all den Männern und Frauen Nathanaels imposante, hünenhafte Gestalt entdeckte. Sein Blick haftete an ihr. Trotz der Entfernung las sie tiefe Sorge, aber auch Erleichterung in seinen Zügen.
    Zwergenhaft kauerte Amadeo neben ihm, fest in Denise’ Griff. Sie riss ihn an der Schulter zu sich herum. Gleichzeitig zog sie ihre Waffe und rammte ihm den Lauf gegen die Schläfe. Ihre Haltung war die eines Menschen, der nichts mehr zu verlieren hatte. Wie Grimm handelte sie nur noch instinktiv und gefühlsgesteuert. Rechnete sie etwa mit ihrem Tod?
    Camillas Hals war wie zugeschnürt. Hier sammelten sich alle Akteure aus Amadeos grausamem Spiel. Hielt der Alte noch einen letzten Trumpf in der Hinterhand?
    »Camilla.«
    Amelies Warnung kam fast zu spät. Ohne nachzudenken wich sie aus. Einen Moment darauf hörte sie den Schuss.
    Hitze streifte sie zwischen Arm und Rippen. Es fühlte sich an, als würde brennendes Eis durch ihre Haut sengen und den Stoff in ihr Fleisch schmelzen. Blut rann über ihren Unterarm und das Handgelenk und die warme Feuchtigkeit verklebte ihr T-Shirt.
    Seine Kugel hatte sie gestreift.
    Camilla warf sich zu Boden und rollte über die Schulter ab. Die Brille rutschte ihr von der Nase. Von einem Moment zum nächsten sah sie nur noch farbige Schemen. Ihr blieb keine Zeit, umherzutasten. Ein weiterer Schuss schlug Funken aus dem Boden, nur wenige Zentimeter neben ihrem Kopf.
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