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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Autoren: Tanja Meurer
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die du selbst fürchtest.«
    In Olympias Zügen zuckte es. Sie schien mit sich – oder Theresa – zu ringen. Scham, Unnachgiebigkeit und Schrecken wechselten in ihrer Mimik. Ihre Lippen zitterten. Camilla konnte ihr schwer bei diesem inneren Kampf helfen. Sie wandte sich an Amelie. »Wohin nun?«
    Die Puppe wies auf einen fast unscheinbar kleinen Durchgang, der so niedrig anmutete wie die Tür, durch die Camilla von der Charité in die Unterwelt gelangt war.
    »Ist hier die Bibliothek?«, fragte sie.
    Amelie nickte. »Der Ort, den du und Chris bereits kennt.«
    Camilla trat an der Puppe vorüber. Die Tür bestand aus eisenbeschlagenem Holz. Helligkeit schimmerte darunter hervor. Vorsichtig legte sie ein Ohr gegen das Türblatt.
    Die gedämpften Laute vergingen fast in dem Stampfen der Dampfkessel unter ihren Füßen. Warum war ihr das nicht schon bei ihrem ersten Besuch der Bibliothek aufgefallen? Lief die Maschine zu dieser Zeit überhaupt? Die Lösung für diese Frage verschob sie auf einen späteren Zeitpunkt. Entschlossen legte sie die Hand auf den Knauf und drehte ihn.
    Beinah enttäuscht registrierte sie, dass die Bibliothek noch nicht hinter dieser Tür lag. Ein kurzer Flur mündete in einer steilen Treppe nach unten. Das Licht, das sie gesehen hatte, kam aus keiner bestimmten Lichtquelle. Wahrscheinlich eines von Amadeos Wunderwerken.
    Die Geräusche klangen noch immer gedämpft. Fragend sah sie zu Amelie. »Nach unten?«
    Die Maschinenfrau nickte.
    »Am Fuß der Treppe befindet sich ein Zugang zu einer schwebenden Galerie.«
    »Als er mir das erste Mal begegnete, war das unten bei den Lesetischen. Gibt es noch andere Wege hinab?«
    »Viele.«
    » Deine Auskünfte sind in etwa so erschöpfend wie die von Chris, als wir uns kennenlernten. Einsilbigkeit liegt in eurer Familie, oder?«
    Ungerührt nahm Amelie die Worte hin.
    Camilla folgte ihr die Stufen hinab. Am Ende der Treppe öffnete sich die Plattform auf die ihr bereits bekannte Galerie. Stimmen erfüllten den Raum. Deutlich machte sie Nathanael und Amadeo aus. Die beiden alten Männer stritten. Leider verstand sie anhand der Akustik nicht den Wortlaut.
    Sie trat vorsichtig auf die Galerie hinaus und spähte hinab. Um die intakten Lesetische lagen hoch aufgeschichtete Buchstapel. Die Trümmer der Schränke, die Nathanaels Raserei zum Opfer gefallen waren, lagen säuberlich geschichtet.
    Wo befand sich ihre Familie? Die Angst elektrisierte Camilla. Sie reckte sich und suchte vergeblich nach ihren Eltern.
    Ein ihr fremder Mann mit wildem Bart und wahrhaftigen Muskelbergen kniete vor einem Schrank, der Brandstellen trug. Er demontierte ihn Stück um Stück, nur, um ihn dem Holzhaufen hinzuzufügen. Das Bild erinnerte auf unangenehme Weise an einen Scheiterhaufen. Was hatten sie vor? Amadeo zu verbrennen? Eine bleiche Frau fiel ihr auf. Sie saß halb verborgen von den Büchern auf dem Boden und sortierte akribisch, während andere stapelweise neues Material zu ihr brachten. Eine Inventur konnte das wohl kaum sein. Die Leute arbeiteten still und verbissen. Mit einem Blick hinauf zu den Spiegeln erkannte Camilla ein gutes Dutzend weiterer Menschen, die die Regalreihen abgingen und Bücher zusammentrugen. Wo aber steckten Nathanael und Amadeo? Sie neigte sich weiter nach vorn und verfolgte das Treiben in den Spiegeln. Nichts.
    Jemand tippte ihr auf die Schulter. Um ein Haar hätte sie aufgeschrien. Camilla fuhr zurück und wirbelte um ihre Achse.
    Amelie sah sie verärgert an. »Man kann dich sehen.«
    »Meinst du nicht, dass sie bereits von uns wissen?«
    »Ich will es nicht darauf ankommen lassen.«
    Camilla verzog die Lippen. »Warum weiter Versteck spielen?«
    »Weil mein Bruder sicher nicht weit entfernt sein dürfte und nicht sonderlich gut auf dich und deine Familie zu sprechen ist.«
    Mit der Möglichkeit, dass Grimm hier war, hatte sie zwar gerechnet, aber außer Acht gelassen, dass er in seinen Rachegedanken wenige Unterschiede machte. Mit einem unguten Gefühl in der Magengrube federte sie von der Balustrade zurück und wich weiter zur Wand. Mit dem Blick auf die Spiegel umrundete sie die Galerie. Weit unter sich zählte sie noch mehr Personen. Wonach suchten sie? Ging es um Amadeos Bücher? Nathanael wollte sich von seinem Fluch befreien. Jetzt machte der Scheiterhaufen auch Sinn.
    Amelie folgte ihr. Auch sie behielt die Spiegel im Blick. Sicher suchte sie nach ihrem Bruder.
    Was, wenn er plötzlich vor ihr stünde? Begleitete Amelie sie deshalb?
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