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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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Grimm – sie erwischte?
    »Das wollte er auch mit mir machen?« Sie hatte nicht vergessen, was Amadeo ihr gesagt hatte.
    »Ja.« Chris stand auf und lief in dem engen Zimmer auf und ab.
    Einige Sekunden lang beobachtete sie ihn. Leise Wut keimte auf. Schließlich erhob sich Camilla und trat ihm in den Weg. Er blieb vor ihr stehen.
    »Wenn du wie ein Tiger im Käfig auf und ab rennst, hilfst du mir nicht!« Ihr Puls raste wieder, pochte heftig in den Schläfen. »Gestern, vorgestern, oder wann immer das war, ist einer vor meinen Augen gestorben, als er vom Museumsdach gesprungen ist. Dann ist meine Freundin verschwunden, ich werde von einem irren Polizisten verfolgt und finde auch noch eine Frauenleiche. Ist es zu viel verlangt, wenn ich Antworten haben will?«
    Chris’ Augen verdunkelten sich. Sie las Wissen darin, Antworten auf alle Fragen und erschrak. Alle Kraft schien aus ihr zu weichen.
    »Bitte«, flüsterte sie.
    Behutsam nahm er sie an der Schulter und drückte sie zum Sofa. »Setz dich. Dann erzähle ich dir, was ich weiß.«
    Sein Tonfall jagte ihr Angst ein. Ihre Fingerspitzen wurden kalt. Mit zitternden Händen zog sie die Wolldecke über sich. Ihr Blick streifte sein Gesicht.
    Chris zögerte. Schließlich kramte er in seiner Hosentasche und zog ein Päckchen Tabak heraus. Während er eine Zigarette drehte, schien er sich die Worte genau zurechtzulegen. Sie las die Anstrengung aus seinen Zügen.
    »Was?«, drängte sie.
    Er schwieg, steckte sich die Zigarette in den Mundwinkel und zündete sie an. Nach einem langen, tiefen Zug schloss er die Augen. Sein Atem rasselte leise. Er schnippte Asche auf den Boden. Warum redete er nicht? Wut wollte erneut in ihr aufsteigen.
    »Also gut«, begann er.
    Camillas Augen brannten, Nervosität schnürte ihr die Kehle zu.
    »Ich bin in der Charité als Pfleger beschäftigt. Du bist mir da schon aufgefallen. Du und deine Freundin Theresa …« Er unterbrach sich, um noch einen Zug zu nehmen.
    Mit dieser Einleitung hatte sie nicht gerechnet. Aber es war zumindest nichts, was sein Zögern rechtfertigte.
    »Weiter!«
    Er blies den Rauch aus und sah sie an. »Amadeo hat dir geholfen, dass du dem Einäugigen entkommst … Andreas Grimm.«
    »Aber der hat doch beide Augen?«, murmelte Camilla verständnislos. »Warum nennt ihr ihn so?«
    »Weil ein Auge das des Sandmanns ist«, erklärte Chris geduldig.
    »Das geht?«
    »Technisch kann ich es dir nicht erklären, aber es geht.«
    In ihrem Hals bildete sich ein harter Kloß. Schweigend wartete sie, dass er mit seinen Erklärungen fortfuhr.
    »Damit kann er sehen, was sich an der Oberfläche abspielt. Durch Grimm sucht er sich bestimmte Opfer. Die Mädchen haben zu einem Polizisten Vertrauen.« Er deutete auf sich. »Würdest du mir glauben, wenn wir uns am Alexanderplatz begegnet wären oder ich dich in der Klinik angesprochen hätte?«
    Sie dachte über seine Frage nach. Grimm hatte sie von Anfang an nicht getraut. Chris’ offenem Blick und seiner Unbeholfenheit konnte sie nichts entgegensetzen.
    »Ja«, antwortete sie ehrlich. »Dir hätte ich allemal geglaubt. Vielleicht nicht von Anfang an, aber du hast etwas erschlagend Offenes an dir.«
    »Dann bist du aber die Einzige.«
    »Grimm ist unheimlich. Als Theresa und ich noch bei dem Toten waren, hat er auf der Museumsinsel bereits dafür gesorgt, dass ich ihn nicht ausstehen konnte.«
    »Das war vielleicht dein Glück. Er bekommt mit dem Auge des Sandmanns schnell Macht über eine Frau.«
    »Wenn er nicht versucht, sein nächstes Opfer mit seiner Zauberei zu ersticken«, konterte sie. Schauder liefen ihr über den Rücken, als sie an die Begegnung in Frau Wallrafs Büro dachte.
    »Melanie hatte mir so etwas erzählt«, erklärte Chris leise.
    »Wie, Melanie?«, hakte Camilla nach. »Redest du von Melanie Wallraf ?«
    »Ja, sie ist für uns hier unten eine Helferin, so etwas wie eine Kontaktperson an der Oberfläche.«
    Camilla war hin und her gerissen zwischen erleichtertem Lachen und einem Wutanfall. Allerdings verkniff sie sich jeden Kommentar.
    »Wenn ich nicht hier bin«, sagte Chris und nahm einen Zug, »bin ich bei Melanie. Sie ist so etwas wie meine Ziehmutter geworden.«
    Nun konnte Camilla nicht mehr an sich halten. Sie atmete erleichtert auf, schlang die Arme um seinen Nacken und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    »Sag ihr meinen Dank für all ihre Aufmerksamkeit und Hilfe, wenn du sie siehst.«
    Chris warf ihr einen verwunderten Blick zu, lächelte dann aber.

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