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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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das heißen, Sie lesen meine Gedanken?«
    »Die oberflächlichsten sind so offensichtlich, dass ich nicht anders kann.«
    Ihr blieb die Spucke weg. Dann erinnerte sie sich an die Stimme in ihrem Kopf. »Das waren Sie, oder?«
    Amadeo nickte. Sein Blick umwölkte sich. Trauer und Wut sprachen aus seinen Augen. »Du bist mehrfach knapp dem Tod entronnen, Kind«, sagte er leise. »Dein Schicksal wäre es gewesen, seiner Puppe weitere Teile zu liefern.«
    Sie richtete sich nun doch mühsam auf und ignorierte den Schmerz, der wie Flammenzungen an ihrem Körper leckte.
    »Grimm?« Ihn hatte sie nicht vergessen, so wenig wie sein Monster. Vielleicht war er der Mörder. Ihr stockte der Atem.
    Ein Polizist genoss Vertrauen. Grimm sah zudem sehr gut aus. Junge Frauen würden sicher auf ihn hereinfallen und ihm überall hin folgen. Eisige Schauder rannen über ihre Haut. Ihr Magen zog sich zusammen. So schlimm die Vorstellung sein mochte, lag der Gedanke doch nah. Aus irgendeinem Grund wirkte Grimms Ausstrahlung bei ihr jedoch nicht. Camilla knirschte mit den Zähnen. Ganz klar. Dieser schleimige Kerl war einfach nicht ihr Typ!
    »Deswegen hat er mich gejagt.« Sie ballte die Fäuste.
    »Der Einäugige ist nur sein Handlanger«, erklärte Amadeo. »Aber er hätte dich zu ihm gebracht.«
    »Der Einäugige?«
    »Grimm«, entgegnete Amadeo. Seine Lippen verzogen sich abfällig.
    »Wessen Handlanger ist er?« Ihre Stimme zitterte bei dem Gefühl, einem Geheimnis nahe zu kommen, das ihr Leben noch weiter aus den Fugen reißen würde.
    »Der Sandmann ist sein Meister.«
    Er hielt sie zum Narren. Im ersten Moment musste sie sich das Lachen verkneifen. Das Sandmännchen war die alberne Puppe aus dem Kinderfernsehen. Selbst wenn er von Neil Gaimans Sandmann sprach, war der Gedanke mehr als abstrus.
    »Veralbern kann ich mich allein.«
    Er sah sie nur ruhig an. Die Tatsache, dass er nicht weitersprach und sie mit diesem milden Bedauern betrachtete, erschreckte Camilla.
    »Sie machen keine Scherze, oder?«, murmelte sie unsicher.
    Amadeo schwieg einige Sekunden, bevor er nickte. »Kennst du die Legende, dass der Sandmann den Kindern die Augen herausschneidet, um sie seiner Brut zu fressen zu geben?«
    Die Worte regten etwas in ihrer Erinnerung an. Es war eine Textpassage. Ihr fiel zwar nicht ein, woher sie stammte, aber sie verband etwas Böses damit.
    »Ja«, hauchte sie. »Die kenne ich.«
    Wieder schwirrten ihr die Bilder der Augäpfel im Kopf, die dem Selbstmörder aus den Fingern rollten, während seine eigenen zu Sand zerfielen und verwehten. Ebenso kehrte der Traum von der schönen Frau mit den leeren, blutigen Augenhöhlen zurück. Schließlich dachte sie an die Tote mit dem zerschnittenen Gesicht.
    Sie presste eine Hand gegen ihren Bauch, die andere vor die Lippen. Dieses Mal konnte sie den Brechreiz nicht zurückdrängen. Würgend übergab sie sich. Schwäche überfiel sie. Camilla konnte sich gerade noch abfangen, bevor sie mit dem Gesicht auf den Boden schlug.
    »Christoph«, hörte sie Amadeo rufen. Der alte Mann packte sie zwar an den Schultern, um sie zu stützen, hatte aber kaum die Kraft, sie länger zu halten. Seine Stimme überschlug sich.
    Camilla bekam seine Worte mit, aber der Inhalt ging verloren. Nach einer Zeit, die sie nicht bemessen konnte, wurde sie schwungvoll vom Boden hochgehoben.
    Ihr Haar schleuderte um den Kopf in ihr Gesicht. Die Welt drehte sich noch mehr. Eine neue, heftige Welle von Kopfschmerzen riss ihren Verstand mit sich. Sie erwachte kurz durch kühle Finger, die ihr über die Wangen strichen. Irgendjemand, den sie nur als riesige Silhouette wahrnahm, trug sie davon. Langsam driftete ihr Bewusstsein fort und versank in den Nebeln ihrer Erschöpfung.
     
    Sie erwachte von dem Geruch nach Kräutertee. Ihr Durst war weit über das erträgliche Maß hinaus angestiegen und wütete in ihren Eingeweiden. Langsam hob sie die Lider und stöhnte unter Schmerzen auf. Magen und Gedärm hatten sich verkrampft.
    Das matte Licht einiger Kerzen brannte in ihren Augen. Viel konnte sie nicht sehen, doch sie bemerkte, dass sie nicht mehr in den Tunneln auf dem Boden lag. Dennoch roch sie die feuchte Kühle des Untergrundes.
    Einige Sprungfedern stachen in ihren Rücken. Es roch nach muffigem, altem Stoff. Sie spürte weiche Wolldecken auf ihrer nackten Haut. Jemand musste sie entkleidet und gewaschen haben. Sie wollte sich keine Gedanken darüber machen, ob es Amadeo gewesen war. Die Vorstellung behagte ihr

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