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Glattauer, Daniel

Glattauer, Daniel

Titel: Glattauer, Daniel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Weihnachtshund
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veränderten Kurt. Nach Nächten, die er
bei Katrin verbracht hatte, war er stets wie ausgewechselt. Er, der notorische
Schläfer, war ... wie steigert man »hellwach«? Er ließ Katrin keine Sekunde
Zeit darüber nachzudenken, warum er so war, wie er plötzlich war. Er gestaltete
umgehend das Programm für die nächsten Stunden, Katrin war fest darin
eingebunden.
    Diesmal
spielten sie: Zimmerpflanzen umtopfen. Küchengeräte ausräumen (Kurt) und
wieder einräumen (Katrin). Sitzgarnitur überspringen und dabei am Überzug
hängen bleiben (Kurt) beziehungsweise solche Sprünge gewaltsam zu verhindern
versuchen (Katrin). Hells-Bells-Kappe unter dem Kasten verstecken, Szene
vergessen, Hells-Bells-Kappe suchen, finden, anknurren und warten, bis sie
freiwillig aus ihrem Versteck kommen würde. Das tat sie nicht: Knurren
verstärken. Warten, bis Katrin die Nerven verlor und die Hells-Bells-Kappe aus
dem Versteck hervorholte. Das war ein gutes Spiel, das spielten sie lange.
Danach: »Nachbarn, wie lange kann ich bellen, damit ihr uns droht, die Polizei
zu verständigen?« - Da spielte Katrin nicht mehr mit. Schließlich
übersiedelten sie in den Esterhazypark. Dort wurden ein paar lahme Hunde weggeputzt,
ein paar kleine Kinder umgeworfen und ein paar Parkbänke gedüngt. Dann konnte
sich Kurt endlich einmal so richtig auslaufen.
     
    Am
Nachmittag war Frau Stein bei Katrin zu Besuch. Am frühen Abend war Paula mit
ihr befreundet. Am späten Abend ging sie. Es war Katrins längstes, schönstes,
intensivstes Treffen mit Max. Sie beschloss, es zu verlängern. Sie rief ihn an
und sagte, sie würde jetzt mit Kurt zu ihm kommen. Er schien nicht zu wissen,
wer Kurt war. Er war unfähig, »Ja« zu sagen. Er musste nicht »Ja« sagen. Er
musste kein Wort mehr sagen. Katrin war glücklich mit ihm. Es konnte fast
nichts mehr passieren.
     
    Sie kamen
knapp vor Mitternacht. Kurt war ein anderer. Er war noch munter, als er
eintrat. Es handelte sich zwar eindeutig
bereits um Katrins Hund, denn er klebte an ihrem rechten Bein, zappelte
ungeduldig mit den Hinterbeinen und wartete auf ihre Impulse, Anregungen oder
gar Befehle. Aber er schielte ein paar Mal höflich zu ihm hinüber, er schien
sich zu freuen, den guten alten Max wieder einmal von der Nähe zu sehen und
trotz später Stunde in brauchbar guter Verfassung anzutreffen.
    Max hatte
Tee und Kaffee gemacht. Er hatte Sekt und Bier gekühlt und zwei Flaschen
Rotwein geöffnet. Er hatte Kognak und Likör bereitgestellt. Die Wohnung war
überflutet mit Mineralwasser, Apfel- und Orangensaft. Überall standen Gläser.
Auf jeder noch so kleinen Abstellfläche lauerte Knabbergebäck. Alle Lichter in
allen Zimmern waren aufgedreht und zusätzlich Dutzende Kerzen angezündet. Er
hatte die Jalousien auf Halbmast gesetzt und jeden zweiten Vorhang zugezogen.
Er hatte ein Klavierkonzert von Mozart aufgelegt, ein bekanntes, aber kein allzu
berühmtes, eines im Zentrum der absoluten Unaufdringlichkeit. Es spielte in
einer Lautstärke, in der Musik eine Woche lang spielen konnte, ohne dass
auffiel, dass Musik spielte, sie aber sofort fehlte, wenn sie plötzlich
verstummte.
    Die
Wohnung war in einem Zustand der gastgeberischen Perfektion, in der alle
Vorbereitungen auf jemanden oder etwas getroffen waren, die getroffen werden
konnten, wenn nicht klar war, wer oder was es war, der oder das eintreffen
würde, und wie lange sie oder es bleiben würde, eine Minute, eine Nacht oder
ein Leben lang.
    Sie blieb
schon einmal länger als eine Minute. Sie küsste ihn auf den Hals, legte ihren
Kopf schräg unter sein Kinn und rastete in dieser Stellung ein. Er sagte:
»Katrin, lass mich dir bitte etwas erklären.« Sie tastete mit ihrer rechten
Hand nach seinem Mund und legte, als sie fündig geworden war, zwei oder drei
Finger darauf. So verharrten sie, bis Kurt versuchte, seine Langeweile
abzuschütteln. Sie mussten ihm klarmachen, dass der Tag vorbei war. Sie
bliesen alle Kerzen aus, drehten alle Lichter ab, brachten Mozart zum
Verstummen und gingen ins Bett. Bis Mitternacht fiel kein Wort mehr. Und es gab
keinen einzigen Kuss auf den Mund.
     
    24.12.
     
    Es war
keine Nacht, in der man irgendwann wissen wollte, wie spät es war. Aber knapp
vor 4 Uhr früh dürfte er eingeschlafen sein. Katrins Kopf hob und senkte sich
gleichmäßig. Zartes Grollen kribbelte in ihrem Ohr. Darüber zog und pfiff es
einen ziemlich befreiten Atemweg hinauf und hinunter. Angenehm, dass Max nicht
schnarchte. Aber auch das wäre

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