Glatze mit Sommersprossen
er nichts sagen will, schweigt er.“
Christoph lehnte sich zurück und begann: „Zu unseren Versicherungsnehmern gehört auch die Firma Schanzenberg & Sohn. Es handelt sich dabei um eine Schmuckgroßhandlung. Vor sechs Wochen wurde bei Schanzenberg eingebrochen. Niemand weiß, wie es den Tätern gelang, die komplizierte Alarmanlage auszuschalten. Und noch rätselhafter ist es, wie sie den Tresor öffnen konnten, ohne daß dieser Spuren von Gewaltanwendung zeigte.“
„Dann haben die Gauner die Kombination gewußt!“ warf ich ein.
„Die Kombination besteht aus Zahlen, die bei Geschäftsschluß per Telefon eingegeben werden. Nur zwei Personen bedienen die Elektronik des Tresors. Schanzenberg und sein Hauptbuchhalter. In der Nacht der Tat weilte Schanzenberg in Amsterdam, und sein Hauptbuchhalter war für die Kombination verantwortlich. Vierzehn Tage lang hat ihn die Polizei durch die Mangel gedreht — ohne Erfolg. Nachweislich hielt sich — übrigens, der Hauptbuchhalter heißt Lothar Schaller also, nachweislich hielt sich Schaller zur Tatzeit zu Hause auf, was durch Schwester und Nichte bestätigt wurde. Die Experten der Polizei sind nun auf die Idee gekommen, daß irgendein technisches Genie die Telefonimpulse aufgefangen und damit Kenntnis des Codes erlangt hat.“
„Sie glauben nicht an die Version, vermute ich.“
„Nein!“
„Wieviel erbeuteten die Diebe denn?“
„Diamanten im Verkaufswert von vier Millionen und Wertpapiere mit einem Nennwert von zwei Millionen. Ich beobachtete Schaller in allen möglichen Verkleidungen rund um die Uhr. Aber er tat nichts Verdächtiges. Bis er plötzlich eine Reise nach Iraklion buchte. Von Frau Schaller weiß ich inzwischen, daß diese Reise eine Empfehlung seines Arztes ist, der ihm dringend einen Klimawechsel empfohlen hat. Also buchte auch ich eine Reise nach Iraklion. Am Abend vor der Abreise erhielt Herr Schaller Besuch. Es war sein Chef Schanzenberg. Und eine halbe Stunde später gingen alle zusammen aus. In ein exklusives Speiserestaurant. Hilde Schaller erzählte mir, daß dies das erste Mal in zehn Jahren gewesen sei, daß Schanzenberg sie zum Essen eingeladen habe.“
„Sie zogen daraus den Schluß, daß die beiden unter einer Decke steckten!“ kombinierte ich.
Christoph nickte. „Ja, und ich zweifelte auch nicht daran, daß Schaller Wertpapiere und Diamanten ins Ausland bringen sollte. Bereits am ersten Abend hier an Bord gelang es mir, ihre Kabine zu durchsuchen. Im Koffer mit den Badesachen wurde ich fündig. In einer Tasche mit Badeölen und Cremes fand ich die Diamanten. Die Wertpapiere dagegen waren in ein großes Badetuch eingeschlagen.“
„Und haben Sie alles mitgenommen?“ fragte Jojo aufgeregt.
„Ja!“
Und ich: „Also ehrlich, für einen Dieb hätte ich diesen Herrn Schaller nie gehalten.“
Albert Christoph lächelte ein hintergründiges Lächeln. „Lothar Schaller ist unschuldig. Er weiß gar nicht, daß er die wertvolle Last transportiert.“
Ich wußte sofort Bescheid: „Das bedeutet, daß dieser Schanzenberg ihn nur zu dem Zweck zum Essen ausführte, damit ein Komplice in aller Ruhe Diamanten und Papiere in Schalters Gepäck deponieren konnte.“
„Ja. Und in Iraklion wird Herr Schanzenberg als große Überraschung auftauchen und versuchen, ihm die Sachen ebenso heimlich wieder abzunehmen."
„Aber woher können Sie denn wissen, daß Herr Schaller nichts weiß?“ wollte Jojo aufgeweckt wissen. In seinen Augen stand die ganze Fassungslosigkeit, so nah einem richtiggehenden Kriminalfall zu sein.
„Wäre er beteiligt, hätte er nicht eine Minute lang seine Kabine verlassen. Und er hätte mindestens zehnmal am Tag nachgesehen, ob sich der Schatz noch an Ort und Stelle befindet. Seit fast zwei Tagen bereits liegen die Wertsachen unter Verschluß im Tresor des Zahlmeisters. Was aber tun die Schallers? Sie essen, trinken, gehen spazieren, feilschen um Preise für Strohhüte und sonnen sich... statt vor Aufregung zu zittern.“
„Und wie geht die Geschichte zu Ende?“
„Ich habe vorhin ein Fernschreiben an die Polizei in Deutschland geschickt. Die wird alles Weitere in die Wege leiten. Und wenn in Iraklion Herr Schanzenberg auftaucht, wird auch die griechische Polizei zur Stelle sein.“
„Und wenn statt Schanzenberg sein Komplice kommt?“
Christoph wischte meinen Einwand zur Seite. „lch werde ihn ausmachen, da ich ja weiterhin Tag und Nacht um Schaller bin.“
„Behalten Sie dazu die neue Perücke auf?“
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