Glatze mit Sommersprossen
Verbeugung sagte ich: „Zwei Dinge führen uns her, Herr Christoph: Einmal möchten wir Ihnen Ihr Eigentum zurückbringen...“ ich ließ den Worten Taten folgen, indem ich mit zwei Fingern die Perücke von Jojos Scheitel zog und mit elegantem Schwung auf den Sessel beförderte, das Feuerzeug dagegen auf das Tischchen legte, „und zum anderen möchten wir uns von Ihnen gern die Fragen beantworten lassen, aus welchem Grund Sie unsere Kabine durchsucht haben? Was wollten Sie dort finden? Außerdem — wozu maskieren Sie sich?“
„Wir wissen, daß Sie in Wirklichkeit eine Glatze mit Sommersprossen haben!“ krähte Jojo hinter meinem Rücken hervor.
Herr Christoph schien seine Fassung wiedergefunden zu haben. „Bitte, nehmen Sie Platz. Ich glaube, daß der Zeitpunkt gekommen ist, wo ich Ihnen eine Geschichte erzählen muß“, sagte er und lächelte wie ein Schuhverkäufer, dem es gelungen war, einem Kunden die ältesten Ladenhüter als den neuesten Modeschrei zu verkaufen.
„Ich bitte darum!“ knurrte ich streng retour.
„Zu Beginn meiner Geschichte jedoch möchte ich mich einer angenehmen Pflicht entledigen. Ich soll Ihnen viele Grüße von Kriminalinspektor Schulz ausrichten.“
„Schulz???“ fragte ich etwas dümmlich. Kein Wunder, was?
Ich saß in Piräus, und mein Freund Schulz griesgrämerte anderthalbtausend Kilometer entfernt.
„Ja, ich habe vorhin mit ihm telefoniert und mich nach einem Detektiv namens Balduin Pfiff erkundigt.“ Er grinste. „Sie kennen diesen Herrn, ja?“
Heiliges Kanonenröhrchen samt Ofendreck, jetzt blieb mir aber wirklich die warme Luft im Hals stecken. Beim spinnebei-nigen Bonifatius, da war ich hierher gekommen, um dem Kahlkopf auf die Zehen zu springen, und nun tat der, als hätten wir die gleichen Tanten. Und nicht einmal der Kahlkopf stimmte mehr. Ich schluckte Mißmut und Ratlosigkeit magenabwärts und sagte:
„Ich habe das Gefühl, daß Sie jetzt mit Ihrer Geschichte beginnen sollten.“
Er nickte. „Übrigens, es spricht für den Detektiv, daß Sie meinen Namen herausgefunden haben. Wie ist Ihnen das gelungen?“
„Das war ich!!!“ protestierte Jojo und keine Spur versöhnlich. „Nachdem Sie mein Augenzeugenbuch geklaut und...“ Herr Christoph hob schmunzelnd die Hand. „Das gehört schon zu meiner Geschichte. Doch wenn du möchtest, kaufe ich dir als Ersatz zwei neue Bücher!“
„Drei!!!“ verbesserte Jojo ungerührt.
„Meinetwegen auch drei.“ Er machte eine kleine Pause, dann fuhr er fort: „Beginnen wir bei deinem Buch, Philip. Ich habe es verschwinden lassen, weil ich so anonym wie möglich bleiben wollte. Und du warst drauf und dran, meine Anonymität zu untergraben und sogar aktenkundig zu machen. Ich mußte ja damit rechnen, daß du ein besonders raffinierter Trick der Gegenseite bist. Und nachdem du mir auch noch hier an Bord nachspioniertest, blieb mir nichts weiter übrig, als die Bekanntschaft mit dir und deinem“ — eine Verbeugung in meine Richtung — „Zeitonkel zu suchen.“
„Die Bekanntschaft, beziehungsweise Ihr Besuch bei uns war wohl nicht ergiebig genug?“ warf ich ein.
„Sagen wir so, sie hinterließ bei mir mehr Fragen als Antworten. Den letzten Ausschlag gab Ihre Bemerkung, mit der Sie sich als Kunstpfeifer ausgaben. Ich mußte ganz einfach einen Blick in Ihre Privatsphäre werfen, das war ich meiner eigenen Sicherheit schuldig. Und Sie werden das sicher verstehen, wenn ich Ihnen verrate, daß wir Kollegen sind. Ich bin Versicherungsdetektiv und arbeite für die Goldstern-Versicherung.“
Christoph hielt mir seine Legitimation unter die Nase, die ihn tatsächlich als Detektiv der „Goldstern“ auswies. Dabei strahlte er wie ein Sieger.
„Und wer ist Ihre Gegenseite?“
„Die Schallersl“ platzte Jojo heraus. Die Enthüllung Christophs hatte Jojo veranlaßt, auf seinen Sicherheitsabstand zu verzichten. Er saß jetzt so dicht neben mir, daß ich sein aufgeregtes Atmen hörte.
„Ja”, nickte mein Kollege von der Versicherung, „die Schallers gehören dazu. Und daß ich in Ancona Schaller per Glatze und hier grauhaarig beschattet habe, liegt einfach daran, daß ich kein Mißtrauen hervorrufen durfte.“ Christoph sah Jojo durchdringend an. „Kann ich mich darauf verlassen, daß das, was ich jetzt erzähle, unter uns bleibt?“
Jojo streckte die Hand hoch und spreizte die Finger. „Ich bin auch ein Detektiv, und ich verrate nichts, stimmt’s, Onkel Baldi?“
„Stimmt“, stimmte ich zu, „wenn
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