Glatze mit Sommersprossen
Pinsel und schoß zur guten Stube davon.
„S-S-Sie s-s-s-sind Herr Pfiff ff????“ Sie stotterte, wurde rot wie eine Mohnblüte und schlug die Hände zusammen.
Als ich sie endlich in einen Sessel dirigiert hatte, nestelte sie verlegen einen Brief aus der Tasche und hielt ihn mir hin.
„Von Luise!“ sagte sie.
„Luiiiise?“ Kannte ich eine Luise? Mir kam der Name so schrecklich fremd vor. Luise???
„Luise Bernbach!“ half sie mir. Natürlich, jetzt wußte ich wieder Bescheid. Luise Bernbach, die Schwester des blumentopfwerfenden Instrumentenherstellers Simon Mongg.
Der Brief war kurz und deutlich:
„Lieber Herr Pfiff,
meine Freundin, Helene Kirsch-Sauer, benötigt dringend einen Meisterdetektiv. Bitte helfen Sie ihr! Und was die Rechnung betrifft, seien Sie nicht zurückhaltend, Helene hat’s!
Ihre Luise Bernbach.“
Ich nickte meiner Besucherin zu und versuchte, ihre Sorgen zu erraten. Ob man sie bestohlen hatte? Vielleicht war sie auch bei Rot rückwärts über eine Kreuzung gerannt? Könnte natürlich auch sein, daß sie mit mehreren Promille... Nein, das war wohl ausgeschlossen, aber was dann?
„Sie sind also Frau Helene Kirsch-Sauer!“
„Ja. Geborene Sauer, verwitwete Kirsch.“
„Und Sie glauben, daß Sie einen Detektiv benötigen?“
Sie schien noch unschlüssig, ob sie „ihr Geheimnis“ verraten sollte. Schließlich gab sie sich einen Ruck und erklärte: „Ich würde gern wieder heiraten, aber meine Geschwister haben Bedenken. Sie glauben, daß es mein zukünftiger Mann nur auf mein Geld abgesehen habe.“
„Aha...“
„Ja...“
„Und das hat Sie nun ebenfalls unsicher gemacht!“
Sie fuhr auf, in ihren grauen Augen loderte das Feuer der Entrüstung. „Aber nein! Ich bin nach wie vor davon überzeugt, daß man meinen Alfons zu Unrecht verdächtigt. Aber...“ Sie stockte.
„Aber was?“
„Um des lieben Friedens willen bin ich einverstanden, wenn... wenn... ich meine, wenn ein Detektiv mal mit ihm spricht... Außerdem“, ereiferte sich Frau Kirsch-Sauer armeschwingend, „wußte Alfons, als ich ihn kennenlernte, überhaupt nichts über meine finanzielle Situation. Er hielt mich für eine arme Sekretärin.“ Wieder stieg Röte in ihre Wangen.
„Wo haben Sie ihn kennengelernt?“
„Auf Gran Canaria. Während meines letzten Urlaubs.“
„Ah, er machte ebenfalls dort Ferien!“
„Nein, er arbeitet dort schon seit sechs Jahren als Strandfotograf. Daß ich mehrere Fabriken besitze, habe ich ihm erst gestanden, als er mir am vorletzten Urlaubstag einen Heiratsantrag machte.“
„Und?“
„Er war richtig erschrocken. Er wollte ja zuerst, daß ich zu ihm nach Gran Canaria ziehen sollte.“
„Hm“, brummte ich. Und in irgendeiner Ecke meines Herzens war mir dieser Alfons schon jetzt zuwider. Das war natürlich ungerecht. Ich mußte mich zusammenreißen, damit sie mir meinen Unmut nicht ansah. „Er war richtig erschrocken...“wenn ich das schon hörte.
„Er lebte ganzjährig dort?“
„Seit sechs Jahren, so lange war er auch nicht mehr in Deutschland.“
„Aber jetzt ist er da und wohnt bei Ihnen!“ Irgend etwas schien in meiner Stimme nicht in Ordnung gewesen zu sein, denn sie sah mich verärgert bis böse an.
Wie Sie das betonen... Wie meine Geschwister.“
Ich streng: „Ich wiederhole meine Frage, Frau Kirsch-Sauer: Aber jetzt ist er da und wohnt bei Ihnen?“
Sie musterte mich, als hätte ich behauptet, sie habe zwei Hälse. Dann nickte sie, energisch, wie ich gestehen muß.
.Lassen Sie mich nachdenken“, murmelte ich und ließ sie sehen, wie es in meinem Kopf arbeitete. Mein Vorschlag brachte sie ein wenig durcheinander:
„Sie werden am Wochenende Ihren lieben alten Freund Balduin Pfiff zum Abendessen einladen. Bitte wissen und beachten Sie dabei, daß ich ein alter Freßsack bin. Sozusagen ein Feind von kleinen Portionen!“
Sie tupfte sich mit zwei Quadratzentimeter Spitze die Mundwinkel ab, wahrscheinlich sollte ich ihr Lächeln nicht sehen.
„Vorher jedoch schicken Sie mir eine genaue Liste der Sachen und Gegenstände, die Sie Ihrem Zukünftigen geschenkt haben, seit Sie von den Kanarischen Inseln zurück sind.“
Jetzt lächelte sie nicht mehr. Statt dessen wollte sie kühl, fast eisig wissen: „Und dann?“
„Und dann werde ich mir den Herrn Alfons in aller Ruhe zu Gemüte ziehen. Ihm auf den Zahn fühlen. Ich werde ihn ein- und ausatmen, werde ihn an- und abhören, abtasten, röntgen, aufs Glatteis ziehen, ihm Fragen stellen, die
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