Glatze mit Sommersprossen
Hause haben, daß das Taxi läuft und daß Sie gut aussehen!“
„Gut aussehen?“ Er sah mich mißtrauisch an. „Soll das wieder einer Ihrer hinterhältigen Witze sein?“
„Stimmt!“
„Ich sehe also nicht gut aus!“
„Sie sehen gesund aus!“
„Aber nicht gut?“
„Interesssant! Ich habe selten einen Taxifahrer gesehen, der so interessant aussah wie Sie! Ehrenwort!“
„Ich kann Sie nicht ausstehen!“ maulte er, aber es klang nicht böse.
„Das legt sich schon wieder. Und was das Warten betrifft, Sie warten so lange, bis ich wieder auftauche, klar?“
„Und wenn Sie nicht wieder auftauchen? Vielleicht sammeln die dort drinnen dicke Detektive?“
„In diesem Falle sage ich Ihnen vorher Bescheid, Sie alter Auspuffquäler!“
„Nehmen Sie Pinsel mit?“
„Nein. Der hat mich ausdrücklich darum gebeten, im Wagen warten zu dürfen. Raten Sie mal, warum!“
„Warum?“
„Er liebt den Geruch von muffigen Gesichtern!"
Ich stieg aus, winkte Alfons Blaumichel noch einmal kurz zu und stieg die Stufen zur Haustür hinauf.
Zwanzig Sekunden später klopfte ich an das dicke Holz der-selbigen. Die Klingel schien der Energieeinsparung zum Opfer gefallen zu sein.
Die Tür öffnete sich fast geräuschlos, und ich sah in das faltige Gesicht eines alten Mannes mit ungeheuer neugierig, pfiffig, mißtrauisch und kühl abschätzend dreinblickenden Augen. Kein Zweifel: Der Beschreibung nach mußte es sich um den Oberbruder handeln.
„Nnnnjaaaa?“ fragte er gedehnt wie lang ausgezogener Schlüpfergummi.
„Ja!“ nickte ich forsch und fröhlich. „Habe ich das Vergnügen, mit Herrn Pöseneck (der Name stand an der Tür!) zu sprechen?“
Der alte Herr räusperte sich einen kleinen Frosch vom Stimmband und gab zurück:
„Ich bin Ambrosius Pöseneck!“
Ich knallte die Hacken zusammen, ließ meinen klugen Kopf abwärts- und wieder zurückschnellen und tönte ebenso zak-kig: „Erlauben — Balduin Pfiff!“
Und dann strahlte ich Herrn Pöseneck mit dem Ausdruck wahrer Zuneigung an. „Ich komme, mich zu bedanken, Herr Pöseneck. Sie waren einem mir sehr nahestehenden Menschen äußerst hilfreich!“
Hacken zusammen, Diener!
Er blinzelte irritiert, und ich sah es seinem Gesicht an, mit welcher Energie er sein Gedächtnis strapazierte.
„Wann war ich hilfreich?“ las ich die stumme Frage in seinen Falten. Und weil ihm wohl gar keine Antwort einfiel, bat er mich näherzutreten.
Bei Hieronymus, dem Flitzer, ich trat blitzschnell ein. So schnell, daß er erschrak.
Hacken zusammen, Diener!
„Sie waren vor einigen Tagen so liebenswürdig, einem Mädchen zu helfen...“
„Ach“, erinnerte er sich, „Sie meinen die junge Dame, der das Benzin ausgegangen war... Jaja, ist sie gut zu Hause angekommen?“
„Ist sie!“ antwortete ich und machte gleichzeitig lange Ohren. Irgendwo im Hintergrund wurde getuschelt und gekichert.
Herr Pöseneck bugsierte mich in ein großes Zimmer, das zweifellos jenes war, in dem auch Fräulein Prinz gewartet hatte.
Richtig! Inmitten einer Anzahl chinesischer Elfenbeinschnitzereien entdeckte ich die Pagode.
„Ihre Antiquitäten sind eine Augenweide!“ staunte ich in Ehrfurcht Richtung Pöseneck, um anschließend zu einem jähen Spurt auf die Pagode anzusetzen.
„Wunderbar...“ rief ich.
„Ja, ein besonders wertvolles Stück.“ Und ich: „Leicht beschädigt hier oben...“
„Leider!“ sagte der alte Herr Ambrosius. „Sie interessieren sich auch für Antiquitäten?“
Ich beantwortete die Frage nicht direkt. Dagegen tat ich schrecklich informiert:
„Es wird ja von Tag zu Tag schwieriger, gute Stücke zu bekommen.“ Er nickte voller Eifer und Zustimmung.
„O ja, o ja. Es kommt nichts nach. Die wirklich guten Dinge befinden sich auch alle in festen Händen.“ Er seufzte, als hinge sein Leben von einem alten Barockschemel ab. „Und wenn sich wirklich einer von einer Kostbarkeit trennt, verlangt er Preise, die kaum noch zu bezahlen sind.“
„Wie wahr, wie wahr…“ gab ich zu.
„Sammeln Sie eine bestimmte Epoche?“
„Ich sammle augenblicklich in erster Linie Informationen, Herr Pöseneck“, lächelte ich.
„Informationen?“ wiederholte er. Ich glaube, er hatte den Sinn des Wortes noch gar nicht begriffen.
„Ich bin Detektiv!“
Deutliches Tuscheln und Wispern drang durch die offene, das heißt nur angelehnte Tür und brachte Herrn Pöseneck in Bewegung. Er flitzte auf seinen betagten Beinen zur Tür und schloß sie mit solchem
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