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Glatze mit Sommersprossen

Glatze mit Sommersprossen

Titel: Glatze mit Sommersprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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und stand vor Skulpturen, die ebensogut tanzende Elefanten wie zusammengequetschte Gartenzäune darstellen konnten. Zu jedem Stück gab mir Ambrosius, der Oberbruder, eine Erklärung. Woher es stammte und was es darstellen sollte. Zuletzt führte er mich in einen großen Raum mit vielen Fenstern und angenehmem Holzgeruch. Jetzt wußte ich auch, warum einige der Brüder Holzspäne in den Haaren und der Bekleidung hängen hatten. Ich hatte sie beim Schnitzen gestört. Der Raum enthielt fünf Arbeitsplätze, an denen geschnitzt wurde. Und es waren durchweg Tiere, die da im Entstehen waren.
    Mitten hinein in mein fassungsloses Staunen drang von draußen ein Hornsignal herein.
    „Das ist Marschner, der Antiquitätenhändler!“
    Zu sechst stiegen wir ins Erdgeschoß zurück und landeten wieder in jenem Zimmer, das offensichtlich den Besuchersalon darstellte.
    Der Antiquitätenhändler entpuppte sich als kleiner, lebhafter Mann mit wieselflinken Augen. Seine Bewegungen erinnerten mich an einen Film über Murmeltiere, nur daß diese possierlicher waren.
    Der alte Ambrosius ging auf ihn zu und bohrte ihm den Zeigefinger in die Brust, was Marschner als eine Art von Zuneigung deutete, denn er tätschelte dem alten Pöseneck den Arm. Doch dann fiel ihm das breite Lächeln vom Gesicht.
    „Herr Marschner, das hier ist ein Detektiv. Und nun frage ich Sie: Woher stammt die goldene Pagode, die Sie uns vor neununddreißig Tagen verkauft haben?“
    Herr Marschner schluckte und tat dann halb überrascht und halb beleidigt: „Welche Frage?! Ich habe sie von einem äußerst seriösen Herrn gekauft. Und der hat sie geerbt!"
    „Das hat er behauptet, was?“ fragte nun ich.
    „Ja, das hat er behauptet!“ nickte Marschner mit wieselflinkem Augenaufschlag.
    „Herr Marschner, kennen Sie Frau Prinz?“
    „Ich wüßte nicht, wer das sein sollte. Aber das soll nichts heißen. Ich bediene jeden Tag so viele Leute, ohne daß ich ihren Namen weiß.“
    „Frau Prinz ist eine ältere Dame, die bis vor einem Vierteljahr Eigentümerin dieser Pagode war. Und nun sind Sie wieder an der Reihe!“
    Herr Marschner sah mich mehr unschuldig als schuldbewußt an. „Unmöglich. Dieser Herr sah nicht nach Dieb aus.“
    „Das ändert nichts daran, daß die Pagode gestohlen ist!“
    „Ich habe Name und Adresse des Verkäufers.“
    „Ach...“
    „Ja, ich schreibe mir das immer auf. Und ich vergesse auch nie zu fragen, woher die einzelnen Stücke stammen und ob die Verkäufer berechtigt sind, zu verkaufen.“
    „Ich versichere Ihnen, daß es den Namen in der angegebenen Adresse nicht gibt.“
    Herr Marschner entrüstete sich. „Ich glaube Ihnen einfach nicht. So kann man sich nicht in einem Menschen täuschen.“
    „Hat er Ihnen seinen Ausweis gezeigt?“
    „Wozu?“
    „Alberne Frage, um zu dokumentieren, daß er auch so heißt, wie er sich vorstellt!“
    „Ich bin kein Polizist, Herr Detektiv! Ich nehme das als gegeben hin, was man mir versichert. Übrigens, der Mann heißt Kräutner, Dr. Kräutner, und ich habe schon des öfteren von ihm gekauft!“
    „Interessant!“
    „Er ist kein Dieb. Auch hat er mir nicht die ganze Diebesbeute angeboten, sondern nur die Pagode!“
    „Wo wohnte er denn, dieser Doktor Kräutner?“ wollte jetzt Herr Pöseneck wissen.
    „Ich weiß es nicht auswendig. Es steht in meinen Büchern!“ Marschner wurde ungeduldig. „Ich hoffe nicht, daß Sie mich lediglich wegen dieser Lappalie hierherzitiert haben...“ Er reckte das Kinn vor wie der Hahn den Kopf beim Krähen.
    „Ich finde, daß das alles andere als eine Lappalie ist, Herr Marschner!“ sagte ich und hätte ihm am liebsten ein paar auf den Mittelscheitel gegeben. Zu Ambrosius Pöseneck gewandt bat ich: „Könnten Sie noch einmal das Telefon holen lassen?“
    „Kuno, das Telefon!“
    Eine Minute später hatte ich ihn in der Leitung: „Hallo, Freund Schulz, setzen Sie sich mal in Ihren Dienstwagen, ich habe einen kleinen Fang gemacht...“
    Sechs Augenpaare sahen mich ängstlich bis fassungslos an, nachdem ich wieder aufgelegt hatte.
    „Aber das ist mir doch zu verrückt...“ rief der Antiquitätenhändler und wollte zur Tür. Doch da standen die vier Holzschnitzer in ihren blauen Schürzen und machten keinerlei Anstalten, ihn vorbeizulassen. Im Gegenteil: Sie rückten vor der Tür zusammen und schnitten furchteinflößende Grimassen.
    „Was soll das?“ Marschner schien aufs äußerste beunruhigt.
    Ich klärte ihn auf: „Das soll heißen, daß Sie mit

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