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Glatze mit Sommersprossen

Glatze mit Sommersprossen

Titel: Glatze mit Sommersprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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hat Ihre Tante nicht sofort die Polizei verständigt?“
    „Oh, das hat sie doch. Aber es ist nichts dabei herausgekommen! Nicht ein einziges Stück ist bis heute aufgetaucht!“ Sie beugte sich vor, hob die Augenbrauen und senkte die Stimme: „Aber vorgestern ist mir etwas sehr Seltsames passiert... Ich war in Palmberg eine Schulfreundin von früher besuchen. Auf der Rückfahrt, es war schon dunkel, nahm ich eine Abkürzung. Leider hatte ich vergessen, auf den Kraftstoffanzeiger zu achten.“ Sie sah mich bedeutsam an, und ich reagierte wie gewünscht:
    „Ihnen ging der Sprit aus!“
    „Ja. Und zwar mitten in der mir unbekannten Abkürzung. Weit und breit kein Auto, kein Haus, geschweige denn eine Tankstelle. Also ging ich zu Fuß weiter. Nach einer Viertelstunde entdeckte ich abseits der Straße ein Haus, in dem Licht brannte. Vielleicht können die mir mit etwas Benzin aushelfen, dachte ich.
    „Hatten Sie keine Angst, so allein durch die Dunkelheit zu marschieren?“
    Sie schüttelte den Kopf, daß die dunklen Locken flogen. „Zuerst nicht. Später allerdings bekam ich schon ein unangenehmes Gefühl. Ich war noch nie zuvor einem so seltsamen Haus mit so seltsamen Bewohnern begegnet.“
    „Es handelte sich also nicht um ein normales Wohnhaus?“
    „Es war eine ziemlich betagte Villa. Betagt wie die Bewohner und die Einrichtung. Nur kostbare Antiquitäten. Auch habe ich nur alte Männer gesehen. Der Taxifahrer, der mich später holte, erzählte, daß die fünf Bewohner Brüder seien. Der Oberbruder empfing mich. Er war der einzige, der in normaler Lautstärke sprach. Die anderen flüsterten nur und taten, als spielten sie mit mir Versteck. Der Oberbruder war sehr zurückhaltend, jedoch freundlich. Mit Benzin könne er mir nicht aushelfen, aber ein Taxi könne er rufen! Ja, und dann, Herr Pfiff, entdeckte ich die Elfenbeinpagode... Sie sah genauso aus wie jene, die man Tante Celia gestohlen hatte.“
    „Und Sie sind sicher, daß es die Ihrer Tante war?“
    Das schöne Fräulein Prinz sah mich mit großen Augen an. „Ja und nein. Wie an der Pagode von Tante Celia war auch hier die Turmspitze beschädigt. Aber so was kann ja Zufall sein... Sicher hätte ich zur Polizei gehen können. Aber was, wenn die alten Männer unschuldig wären? Wenn sich alles als Irrtum herausstellte? Ich würde mir ewig Vorwürfe machen...“
    Ihre schmale zarte Hand verschwand in ihrem Täschchen. Als sie wieder zum Vorschein kam, wurde die Hand von einem unheimlich sympathisch aussehenden Geldschein der obersten Kategorie begleitet.
    „Bitte, Herr Pfiff, versuchen Sie herauszufinden, ob die seltsamen Leute in jenem Haus Diebe sind...“
    Ich schickte dem Geldschein einen stummen Begrüßungsblick zu, versetzte meinem Bäuchlein einen aufmunternden Klaps und erklärte mit siegessicherer Meisterdetektivstimme: „Einverstanden! Morgen vormittag werde ich der Brudergemeinschaft einen freundlichen Besuch abstatten...“

    „Also, wenn ich mich nicht irre, müßte es die nächste Abzweigung sein!“ brummte Alfons Blaumichel mürrisch. Er war der einzige Taxifahrer, mit dem mich eine Spur von Freundschaft verband. Was ihn, beim plattfüßigen Kasimir, nicht hinderte, von mir die gleichen gesalzenen Transportkosten zu verlangen. „Die nächste Abzweigung wird’s sein...“
    Das hatte er nun schon dreimal gesagt. Doch diesmal sollte er recht behalten. Etwa vierhundert Meter von der Straße nach Palmberg entfernt entdeckten wir ein altes Landhaus oder, wie sich Maria Prinz ausgedrückt hatte, eine ziemlich betagte Villa.
    Trotz der empfindlichen Kühle kräuselte sich nicht das dünnste Rauchfähnchen aus dem Schornstein.
    „Sieht ziemlich unbewohnt aus, was?“ meinte Herr Blaumichel, als wir uns dem Haus näherten.
    „Die Leute haben den Keller voller Stroh. Dort halten sie sich warm!“ ulkte ich, doch der brave Blaumichel hatte heute seinen humorlosen Tag.
    „Haha“, machte er geziert. „Ich hab’ schon bessere Witze gehört.“
    Er stoppte vor dem Eingang, schaltete den Motor ab und fragte verdrießlich: „Wie lange soll ich warten?“
    „Ei der Daus“, schimpfte ich, „nun spielen Sie gefälligst nicht den Miesepeter. Sie können einem ja den ganzen Tag mit Ihrem Gesicht verderben.“
    „Ich wüßte nicht, was mich erfreuen sollte.“
    „Alles, lieber Blaumichel, sollte Sie erfreuen. Daß Sie auf dieser Welt sind, daß Sie leben, gut leben, wie Ihr Bauch Zeugnis ablegt, daß Sie gesund sind, lauter liebe Tierchen zu

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