Glaub an die Liebe, Kit
verschwunden.
Leise fluchend beendete er den Kuss.
„Hör nicht auf“, bat sie inständig.
„Wenn ich nicht sofort aufhöre, reiße ich dir in der nächsten Sekunde die Kleider vom Leib und schlafe mit dir auf dem Stapel Seidenkissen“, erwiderte er. „Und für ein solches Verhalten gibt es hier ziemlich strikte Gesetze.“
Vorsichtig nahm er das Tuch von ihrem Kopf und griff nach einer Tunika mit demselben Muster. Unterdessen hatte sich der Ladenbesitzer zu ihnen gesellt und musterte sie erwartungsvoll. Seine Augen blickten freundlich, in seinem Gesicht lag keinerlei Misstrauen.
Auf einmal fühlte Kit sich unsagbar müde. Heute Morgen hatte er geglaubt, an seinen Schuldgefühlen ersticken zu müssen, weil er nach Marokko geflogen und alles hatte vergessen wollen. Jetzt wusste er, wenn er es nicht tat, würden die Erinnerungen ihn nach und nach verrückt werden lassen.
Wenn er es nicht längst war.
Ohne zu handeln, reichte er dem Ladenbesitzer den geforderten Preis, dann wandte er sich wieder an Sophie. „Also, Salome“, sagte er trocken und drapierte das Tuch über ihre Schultern, „wenn ich dir erzähle, dass das Hotel über einen berühmten Hammam verfügt, würdest du dann mit mir zurückkommen?“
Auf dem Bauch liegend und die parfümierte Luft im Hammam einatmend, versuchte Sophie, sich auf nichts anderes zu konzentrieren als die Hände, die angenehm warmes Öl auf ihrem Rücken verteilten.
Das Problem war, dass sich Kit einfach nicht aus ihren Gedanken vertreiben ließ. Als sie staubig und erhitzt vom Suq zurückgekehrt waren, hatte er sie ausgezogen und in die überdimensionierte Dusche getragen. Den Wasserstrahl auf einen feinen Sprühnebel gestellt, hatten sie sich schweigend auf den dunklen Fliesen geliebt.
Aber er hat nicht mit dir geredet, flüsterte eine hässliche Stimme in ihrem Kopf. Seit sie heute Morgen aufgewacht war, hatte sie eine Anspannung an ihm wahrgenommen, die sich immer weiter gesteigert hatte.
Sie hatte geglaubt, London zu verlassen, würde alles einfacher machen. Vielleicht brauchte Kit einfach nur Zeit. Sie kannte das Gefühl, die Orientierung zu verlieren – die langen Wochen, die ein Filmteam am Set verbrachte, schweißte die Beteiligten zu einer Einheit zusammen. Kehrte man dann alleine in die Alltagswelt zurück, fühlte es sich eine Weile so an, als könne man keine Verbindung mehr zu seinen Freunden herstellen.
Für Kit, der nicht von einem Set, sondern aus einem Krisengebiet zurückgekommen war, musste das Gefühl wesentlich intensiver sein. Sie wusste, dass er sich Sorgen um den jungen Soldaten machte, der bei einem Einsatz verletzt worden war. Sobald er dazu bereit war, würde er mit ihr über alles reden wollen. Oder nicht?
Kit erreichte das Ende des Pools, tauchte auf, um Luft zu holen, wendete und machte sich an die nächste Bahn.
Der Blick in den Himmel beim Auftauchen verriet ihm, dass er schon lange im Wasser war. Anfangs hatte er sich darauf konzentriert, nicht zu denken und alles zu vergessen, was sich heute Morgen in der Altstadt abgespielt hatte, und nur die Bahnen zu zählen. Irgendwann war auch das bedeutungslos geworden.
Genauso soll es sein, versicherte er sich. Er musste bloß immer weitermachen, die schlimmen Ereignisse so lange verdrängen, bis sie tatsächlich aufhörten zu existieren. Eine Sekunde blitzte das Bild von Lewis’ schwangerer Freundin vor seinem geistigen Auge auf. Er vertrieb es mit dem nächsten Schwimmzug.
Er brachte es einfach nicht über sich, Sophie alles zu erzählen. Sie war so süß und selbstsicher und unbeschwert. Er hatte kein Recht, sie mit seinen dunklen Gedanken zu belasten, die ihn nachts nicht schlafen ließen und allmählich auch die wachen Stunden beeinflussten.
Wieder erreichte Kit das Ende des Pools und durchbrach die Oberfläche, um Luft zu holen. Eine Bewegung im Augenwinkel erregte seine Aufmerksamkeit.
Sophie schlenderte den Weg zum Pool hinunter, im Abendlicht leuchtete ihr Haar rötlich-golden, ihre Haut wie warmer Honig. Sie trug die bestickte Tunika, die sie vorhin auf dem Markt gekauft hatten. Der dünne Seidenstoff brachte ihre sinnlichen Kurven überaus reizvoll zur Geltung. Auf einmal fühlte er sich gar nicht mehr gesättigt vom vielleicht besten Sex seines Lebens.
„Hast du nicht etwas vergessen?“
„Ich habe versucht, viele Dinge zu vergessen“, rief er zurück, stemmte sich aus dem Pool und griff nach einem Handtuch. „Bei deinem Anblick fällt mir das schon viel
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