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Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Titel: Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hatten. Aber Tim war dabei gewesen, als sein Vater vor der versammelten Familie erklärt hatte, dass er Kaveh Mehran liebte, er hatte seinen Vater mit Kaveh zusammen gesehen, und deswegen kannte er die Wahrheit.
    »Ich hab euch beobachtet«, sagte er. »Durch den Türspalt. Du auf allen vieren und mein Vater, der dich in den Arsch gefickt hat … Das hast du nicht gewusst, stimmt’s? Das macht deine Situation ein bisschen komplizierter, nicht wahr? Ich hab euch beobachtet, okay? Ich hab euch beobachtet !«
    Kaveh wandte sich ab. Dann seufzte er. Tim dachte schon, er würde endlich alles zugeben und ihn anflehen, seinen Eltern und seiner Zukünftigen nichts zu verraten. Aber Kaveh überraschte ihn erneut. Er sagte: »In deinem Alter hatte ich auch solche Träume. Sie kommen einem sehr real vor, nicht wahr? Man nennt sie Wachträume. Sie entstehen meist beim Einschlafen, und sie wirken so echt, dass man hinterher glaubt, man hätte das alles tatsächlich erlebt. Solche Träume führen dazu, dass die Leute alles Mögliche glauben: dass sie von Außerirdischen entführt wurden, dass sie jemanden ins Zimmer haben schleichen sehen, dass sie Sex mit einem Elternteil, einem Lehrer oder einem Freund hatten. Dabei hat sich das alles in ihrem Schlaf abgespielt. Genau wie bei dir, als du geglaubt hast, du hättest deinen Vater und mich beim Sex beobachtet.«
    Tims Augen weiteten sich. Er wollte etwas sagen, doch Kaveh kam ihm zuvor.
    »Und dass dein Traum, in dem du deinen Vater und mich gesehen hast, mit Sex zu tun hatte, hat mit deinem Alter zu tun, Tim. Bei vierzehnjährigen Jungs spielen die Hormone verrückt. Das ist ganz normal, das gehört zur Pubertät. In dem Alter träumen Jungen dauernd von Sex und ejakulieren sogar im Schlaf. Das ist ihnen peinlich, wenn niemand ihnen erklärt, dass das vollkommen normal ist. Aber dein Vater hat dir das doch erklärt, oder? Ganz bestimmt hat er das. Oder deine Mutter?«
    Tim hatte das Gefühl, gleich zu explodieren, er wollte sich nicht zum Narren halten lassen. »Du verdammter Lügner!«, schrie er und spürte zu seinem Entsetzen, wie ihm die Tränen kamen. Plötzlich wurde ihm sonnenklar, wie es ausgehen würde, egal, was er tat oder was er Kaveh androhte oder was er irgendjemandem erzählte, vor allem Kavehs Eltern und seiner zukünftigen Frau.
    Und es gab niemand anderen, der diesen Leuten die Wahrheit über Kaveh sagen konnte. Und selbst wenn es jemanden gäbe, der es könnte, würden Kavehs Verwandte gar nicht daran interessiert sein, sich von irgendeinem Wildfremden, der nicht mal Beweise für seine Behauptungen hatte, die Augen öffnen zu lassen. Außerdem war Kaveh der beste Lügner, den Tim je erlebt hatte. Tim konnte die Wahrheit sagen, er konnte schreien und toben, es würde alles nichts nützen, denn Kaveh würde ihm jedes Wort im Mund umdrehen.
    Ihr dürft es Tim nicht übel nehmen, würde er mit ernster Miene sagen. Nehmt ihn einfach nicht ernst. Er geht auf eine Sonderschule, eine Schule für gestörte Kinder. Es kommt vor, dass er merkwürdige Sachen behauptet, seltsame Dinge tut … Zum Beispiel hat er der Lieblingspuppe seiner kleinen Schwester die Arme und Beine ausgerissen, und vor Kurzem hab ich ihn dabei erwischt, wie er den Enten im Bach den Hals umdrehen wollte.
    Und die Leute würden ihm natürlich glauben. Erstens glaubten die Leute sowieso immer, was sie glauben wollten, und zweitens stimmte das alles ja tatsächlich. Es war, als hätte Kaveh die ganze Sache von Anfang an geplant, von dem Moment an, als er Tims Vater kennengelernt hatte.
    Tim schnappte sich seinen Rucksack und machte die Beifahrertür auf.
    »Was machst du da?«, fragte Kaveh. »Bleib hier. Du musst in die Schule!«
    »Scher dich zum Teufel«, sagte Tim und knallte die Tür zu.
    VICTORIA – LONDON
    Raul Montenegro war jedenfalls keine Sackgasse, dachte Barbara. Sie hatte sich eine Stunde lang von Link zu Link geklickt und so viele Artikel über den Mann gefunden, dass sie mehrere Meter Papier gebraucht hätte, um sie alle auszudrucken. Sie musste sich also für einige wenige entscheiden. Natürlich waren sämtliche Artikel auf Spanisch, aber immerhin hatte Barbara so viel verstanden, dass der Mann ein reicher Industrieller war und dass er in Mexiko irgendetwas mit Erdgas zu tun hatte. Offenbar war Alatea Fairclough, geborene Alatea Vasquez del Torres, aus Argentinien nach Mexiko gegangen, auch wenn die Gründe dafür Barbara noch nicht klar waren. Alatea war entweder aus einem Ort, den

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