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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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Nicht alle Bewohner waren zu Hause, und die, die sie antrafen, gaben alle die gleiche klassische, höfliche, aber wenig hilfreiche Auskunft: Nein, sie hatten weder etwas gesehen noch gehört und waren alle bravund gesetzestreu lange vor Mitternacht unter ihre hypoallergenen Bettdecken geschlüpft. Wie auf den Bauernhöfen. Nur Mr Bürgerwehr hatte gesagt, er sei noch bis etwa zwei Uhr auf gewesen und habe via Computer mit seinem in Neuseeland lebenden Sohn geplaudert. Er habe sogar noch einen kleinen Spaziergang gemacht, bevor er »schwer bewaffnet« zu Bett gegangen sei. Aber wie die anderen konnte auch er nur sagen, dass ihm nichts Außergewöhnliches aufgefallen war.
    Auf dem Weg zum »Bideford Arms« rief Jacobson Mick Hume und Emma Smith an, die bisher ebenfalls keinerlei Durchbruch erzielt hatten. Aber Jacobson wollte die Hoffnung noch nicht aufgeben: Unter Umständen würden sie erst morgen früh sicher wissen, was die abendliche Operation heute gebracht hatte, denn die hinzugeholten Beamten verstanden weit weniger von dieser Art Ermittlung als Hume, Smith und Williams: Da war es leicht möglich, dass sie über etwas Wichtiges stolperten, ohne zu begreifen, dass es wichtig war. Seine eigenen Leute würden sämtliche Berichte gründlich sichten müssen, bevor tatsächlich feststand, ob etwas Hilfreiches bei der Aktion herausgekommen war oder nicht.
    Es war fast Viertel vor elf, als sie auf den gut gefüllten Parkplatz des Pubs bogen. Der »Bideford Arms« hatte einen neuen Wirt, seit Jacobson und Kerr zuletzt in offizieller Mission (im Fall Darren McGee und Paul Shaw) hier gewesen waren. Jacobson glaubte sich daran zu erinnern, dass Alison ihm erzählt hatte, der Pub sei ziemlich auf Vordermann gebracht worden. Offenbar gab es jetzt einen richtigen Koch, und es wurde mehr Gewicht auf das potenziell profitablere Restaurantgeschäft gelegt als auf den bloßen Getränkeumsatz. Alison hatte vorgeschlagen, einmal abends einen kleinen, netten Abstecher hierher zu unternehmen, aber bisher hatte Jacobson sie noch nicht beim Wort genommen. Er stieg aus. Wenigstens gab es hier Hoffnung auf hilfreiches Videomaterial. Der modernisierte Pub verfügte über eine Kamera, die ständig in einem weiten Bogen über den Parkplatz schwenkte. Das bedeutete, dass sie etwa alle zehn Minuten aufzeichnete, wer über die Straße vor dem Grundstück fuhr.
    Der neue Wirt entpuppte sich als nettes junges Paar, das völlig erschöpft wirkte. Theoretisch hätten sie auf einem Durchsuchungsbefehl bestehen können, bevor sie ihnen den Zugang zu ihrem Kamerasystem erlaubten, aber Jacobson spürte gleich, dass sie von seinem Rang beeindruckt waren und nur zu gern einen guten Eindruck hinterlassen wollten. So setzten sie Kerr mit einer Tasse Tee in ihr Büro, und während der sich im Schnelldurchlauf durch die relevante Zeitspanne zwischen ein und drei Uhr arbeitete, sprach Jacobson mit den Gästen und den Angestellten hinter der Theke und in der Küche. Und zog eine weitere Niete: Der »Bideford Arms« war freitags und samstags bis um zwei Uhr morgens geöffnet, an den übrigen Tagen schloss die Küche jedoch schon um elf und der Pub selbst um Mitternacht, so auch gestern. Mit dem Ergebnis, dass bis halb eins die letzten Gäste gegangen waren und das Personal bis um eins, fast alle in Richtung Wynarth und Crowby.
    Jacobson konzentrierte sich auf die drei Theken. Es schien unwahrscheinlich, dass jemand, der gestern Abend im Restaurant gegessen hatte, heute Abend auch wieder da war (allerdings fragte er doch noch einmal bei den Bedienungen nach). Er bedankte sich für den Single-Malt-Whisky, der ihm angeboten wurde, bestand aber darauf, ihn selbst zu bezahlen. Als er fertig war, bestellte er sich an der Haupttheke noch einen und trug ihn den Flur mit der niedrigen Decke entlang bis in den kleinsten der Gasträume. Der »Bideford Arms« war ein sehr alter Pub, und die Renovierung hatte die knarzenden Bodendielen und durchhängenden Deckenbalken Gott sei Dank verschont. Er betrat den Raum, der früher sicher nur als Nebenzimmer gedient hatte, heute aber wie eine Public Bar im alten Stil eingerichtet und bis an den Rand mit Leuten gefüllt war. Rauch waberte durch die Luft, und es gab mehr Männer als Frauen, eher über vierzig als darunter, und selbst ein paar bierbäuchige Rotnasen in verschmutzten Overalls, die offenbar nach Feierabend hergekommen waren. Wie es aussah, war das hier die letzte Zuflucht für die Sorte Gäste, die nicht ins moderne

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