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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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dem Autor zu tun hatte, hinten im Garten zeremoniell verbrannt. Später hatte er es sich allerdings noch einmal anders überlegt und das Buch ersetzt. Aber der Vorfall war Kerr im Gedächtnis geblieben.
    »Wenn es doch heute nur noch Menschen wie Orwell gäbe«, sagte Ed, »all die Überwachung und jetzt auch noch die Personalausweise und so weiter. Da hätte er seinen großen Tag.«
    Diesen ganzen Schrott habe ich schon zur Genüge von meinem Dad gehört, dachte Kerr, nur dass der weiß, wovon er redet. Er stellte sein Bier ab und erzählte die Geschichte von Orwell und dem Geheimdienst, und offenbar kannten Ed und die anderen sie noch nicht.
    »Nun, ich meine, das ist schließlich was anderes«, sagte Ed. »Ich meine, den Kommunismus, den will doch keiner.«
    »Dann ist es also okay, einigen Leuten hinterherzuschnüffeln, anderen aber nicht?«, fragte ihn Kerr.
    Ihm war schon klar, warum Eddie-Boy den Kommunismus nicht mochte: Womöglich hätten sie ihm da nämlich einen richtigen Job in einer Traktorenfabrik verpasst, bei dem er sich die Hände hätte schmutzig machen müssen.
    »Da hat er dich erwischt«, sagte Benny. »Wenn du sagst, du bist für die freie Rede, muss das für alle gelten.«
    Ed schluckte seinen letzten Rest Cabernet Sauvignon. Kerrs Cabernet Sauvignon. Er wirkte nicht besonders glücklich und sagte wenig später, dass es jetzt wirklich Zeit werde und er nach Hause müsse. Nach und nach gingen auch die anderen, bis Kerr schließlich mit seiner Frau allein war.
    »Du verdammter Besserwisser«, sagte Cathy, als sie den Letzten von der Tür aus noch einmal zuwinkte. »Du Besserwisser und Angeber.«
    Sie ging zurück ins Wohnzimmer, setzte sich aufs Sofa und griff nach ihrem Weinglas.
    »Hör zu, es tut mir leid«, sagte Kerr. »Ich wollte euch die Party nicht verderben. Es sind diese Leute wie Ed, die gehen mir einfach gegen den Strich. Sie halten mich für blöd, bloß weil ich dafür bezahlt werde, dass sie sicher in ihren schicken Betten liegen können und ich die dreckige Arbeit da draußen erledige.«
    »Du hast viel mit Menschen wie Ed zu tun, wie? Designern, Künstlern, Menschen mit Flair, die kreativ sind und was im Kopf haben?«
    Sie hatte immer noch Feuer und Biss, trotz der Kinder und der Raten fürs Haus. Eine Zeit lang war es ihm nicht mehr aufgefallen, aber vielleicht hatte er nur nicht richtig hingesehen.
    »Ich treffe alle möglichen Leute, Schatz«, sagte er.
    Schatz, damit trug er in diesem Augenblick vielleicht etwas zu dick auf, aber sie ließ es ihm durchgehen. Er stand aus dem Sessel auf und setzte sich neben sie aufs Sofa. Ed erinnerte ihn an den verfluchten Tony Scruton, das war alles, aber das konnte er Cathy nicht sagen. Ed sah zwar anders aus, war aber praktisch eine Art Persönlichkeits-Klon Scrutons. Obwohl die Affäre mit Rachel vorbei war (wenn sie denn vorbei war), nahm es mit der Geheimnistuerei und dem Verschweigen kein Ende.
    Cathy trank ihr Glas aus und stellte es zurück auf den Tisch.
    »Also gut, vielleicht ist er ein wenig aufgeblasen«, sagte sie und lehnte sich zurück, den Kopf nah an seinem. Sie hatte die Haare irgendwie anders, und es gefiel ihm. Er lächelte sie an. Noch ein Risiko, das von Erfolg gekrönt war. Alles, was er tun musste, war Rachel vergessen. Das war alles. Sie einfach loslassen.
     
    January konnte nicht schlafen und wusste auch nicht, ob sie schlafen sollte, ob es Tag war oder Nacht. Sie hatten ihr den einteiligen orangefarbenen Overall gelassen, und January trug ihn, obwohl sie nicht sicher war, ob die aufgerissenen Stellen und Striemen nicht besser heilen würden, wenn sie frei an der Luft blieben. Sie hatten ihr auch ein Abendessen hingestellt (January hatte sich entschieden, es als Abendessen zu betrachten, wie spät immer es sein mochte): eine wenig appetitliche Pasta, eine Banane, ein paar Äpfel und einen Trinkjoghurt mit Himbeergeschmack. Alles das hatte sie hungrig verspeist, nur einen Apfel hatte sie sich für später aufgehoben. Irgendwie war ihr der Gedanke wichtig, dass sie noch etwas hatte, das sie essen konnte, wann sie wollte. Das alles tat sie hauptsächlich mit der linken Hand. Der rechte Arm tat ihr immer noch zu weh, selbst wenn sie ihn nur leicht bewegte. Diesmal war es einer der Männer gewesen, der sie angegriffen hatte. Nicht der größere, sondern der andere. Er hatte ihr den Arm so weit auf den Rücken gedreht, dass sie gedacht hatte, er wolle ihn ihr brechen. Aber dann hatte der andere ihn weggezogen und

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