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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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Shakespeare Road, der Hauptstraße des Viertels, und führte zwei Telefongespräche. Er sagte Mick Hume, dass er möglichst bald zu ihm in die Hutfabrik kommen werde. Dann rief er seine Frau Cathy an, die mittlerweile aufgestanden sein musste. Cathy wollte nachmittags zu Homebase und hatte verschiedene Ideen, wie sie ihr Schlafzimmer renovieren könnten. Er sagte ihr, sie solle nicht auf ihn warten, sondern besser allein fahren, wenn sie dieses Wochenende noch hinwolle. Er sagte, dass auch er sie liebe. Das tat er in letzter Zeit öfter, wobei er keine Ahnung hatte, ob es tatsächlich stimmte, ob es jemals gestimmt hatte und was zum Teufel er eigentlich damit meinte. Die Adresse musste ganz hinten an der Shakespeare Road liegen, nicht weit vom Shelley Court. Irgendwo da. Ja, Cathy, das war ein Thema, das er jetzt erst einmal erleichtert zur Seite schob, etwas, das bis später warten musste.
    Das Mädchen lebte bei seiner Mutter. Es gab keine Brüder oder Schwestern, und der Vater hatte sich schon vor Langem aus dem Staub gemacht. Tracey Heald war laut Polizeidatenbank zweimal wegen Ladendiebstahls verurteilt worden, aber das waren kleinere Fälle gewesen, und seit etwa einem Jahr war nichts mehr vorgefallen. Ihre Vorstrafe hatte einen Vorteil, denn sie bedeutete, dass ihre Fingerabdrücke und ihre DNA bereits im System waren, was die Sache vereinfachte oder doch wenigstens beschleunigen würde. Kerr glaubte, die Mutter zu kennen, als sie ihn ins Wohnzimmer schob. Wahrscheinlich lag das jedoch nur daran, dass sie genau wie eine der vielen verhärmten, dürren Frauen aussah, die in den Eingängen und auf den Fluren des Gerichts herumstrichen und wissen wollten, ob ihr Mann oder Freund heute wieder nach Hause kam und wohin sie seine Hemden schicken sollten, wenn nicht.
    Carole Briggs war immer noch bei den Healds und wirkte ihre Wunder, oder versuchte es wenigstens. Sie hatte den beiden Tee gekocht und versorgte Tracey mit einem schier endlosen Strom an Zigaretten. Das Mädchen saß auf der Sofakante, kaute zwischen den Zügen auf ihren Fingernägeln und starrte ins Nichts. Sie trug immer noch den Trainingsanzug der Polizei. Im Fernsehen lief tonlos ein Einkaufskanal. Ein Mann mit beeindruckenden Muskeln und antiker Fußballer-Nackenmatte demonstrierte die vermeintlichen Vorzüge eines Heimtrainersystems.
    »Nun?«, fragte die Mutter.
    Mehr nicht. Einfach nur: Nun? Was hieß: Habt ihr sie schon geschnappt? Nehmt ihr das ernst, oder ist es euch scheißegal, weil wir aus Woodlands sind? Und weiter: Ich hasse euch Bullen, mein ganzes Leben schon, aber heute Morgen ganz besonders, wo es keinen in dieser verfluchten Welt gibt, der meiner Tochter helfen kann.
    Kerr erzählte ihnen so viel, wie er ihnen erzählen wollte. Dass sie in der Wohnung nichts gefunden und auch den Wagen noch nicht ausfindig gemacht hätten. Aber bitte, sie sollten ihm glauben, dass sie da nicht lockerlassen und sämtliche Register ziehen würden. Niemand hatte ihm einen Platz angeboten, und so blieb er stehen. Endlich meldete sich Tracey zu Wort. Was sie sagte, klang wie eine Nachricht tief aus dem All.
    »Ich hab ihnen doch gesagt, sie sollten gleich hin. Ich hab’s doch gesagt.«
    »Nach allem, was ich höre, Tracey, ist es gut möglich, dass sie gar nicht wieder zurück in die Hutfabrik gefahren sind«, log Kerr.
    Wenn die Geschichte so stimmte, wie das Mädchen sie erzählt hatte, dann musste einer zurückgefahren sein und die Requisiten beiseitegeschafft haben. Die Videoausrüstung. Die Champagnergläser. Die Umhänge und Kapuzen. Den Sarg. Er erklärte ihr, dass er sie gerne ins Präsidium schicken würde, um Phantombilder von den vieren anzufertigen. Wenn sie Bilder aus dem Überwachungsmaterial gewinnen konnten, war das toll, aber elektronisch erzeugte Phantombilder würden ebenfalls helfen. Das gehe aber wohl erst morgen. Montag.
    »Übernehmen Sie sich nicht«, sagte die Mutter.
    Kerr reagierte nicht darauf. Es brachte nichts, zu streiten. Das Ganze sollte sowieso nur eine Art Höflichkeitsbesuch sein. Das Mädchen hatte ihnen erzählt, was sie wusste, und Kerr hatte sich das Videointerview bereits im Schnelldurchgang angesehen. Im Grunde war er nur deshalb nach Woodlands gekommen, weil er mit ihrem Freund reden wollte, Kevin »Casper« Donnelly. Donnelly würde den ersten Teil ihrer Geschichte bestätigen können und hatte womöglich auch drei der vier Verdächtigen gut in den Blick bekommen.
    Er verabschiedete sich und fuhr zu Donnellys

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