Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
Vom Netzwerk:
auf die Weise in der Hand, die ihm wichtig war und die ihn antrieb. Die Weißkittel waren am Ende nie mit dabei, wenn es zur Verhaftung kam und sie die Schuldigen am Kragen bekamen. Das war ein Punkt, in dem das wirkliche Leben die amerikanischen Serien ganz sicher nicht imitierte, selbst wenn die Spurensicherer heute offiziell Crime Scene Investigators, also ebenfalls Ermittler, hießen (wobei jedoch nur die absoluten Polizeineulinge sie auch so nannten).
    »Das Loch wurde also auf jeden Fall frisch ausgehoben?«, fragte er nach einer Weile.
    »Das würde ich sagen. Es waren eine ganze Reihe Wurzelstücke und Laub mit dabei, die noch frisch und grün wirkten. Nicht älter als ein Tag.«
    Webster zupfte leicht gereizt an seinem Mikroklip, um zu zeigen, dass er jetzt gerne mit seiner Arbeit fortfahren würde.
    »Also gut. Dann macht mal weiter«, sagte Kerr und trat den Rückzug an.
    Jacobson hätte wahrscheinlich – unnötigerweise – darauf bestanden, die Vertiefungen zu sehen, die sich als Reifenspuren des Autos entpuppen mochten, mit dem das Mädchen hergebracht worden war. Kerr genügte es, auf das Urteil der Experten zu warten. Er musste denen nicht ständig unter die Nase reiben, dass die Kontrolle jedes einzelnen Falles am Ende beim CID lag und die Spurensicherung nur als Hilfstruppe fungierte, als eine Art Subunternehmer. Aber so ist Jacobson eben, dachte Kerr, der Zen-Meister, der den Leuten gerne mal auf die Füße tritt und ihnen das Leben schwerer macht, als es sein muss.
    Auf der Fahrt zurück in die Stadt erkundigte er sich via Handy nach dem Fortgang der Ermittlungen. Williams und Smith waren im Präsidium und versuchten die Hausverwaltung zu erreichen. Dabei ging es zum einen darum, herauszufinden, wer denn nun definitiv auf der Penthouse-Ebene der Hutfabrik wohnte, und zum anderen darum, Zugang zum dortigen Videoüberwachungssystem zu bekommen, das über Kameras in der Tiefgarage und beim Haupteingang verfügte: Das Material von letzter Nacht musste umgehend überprüft werden. Williams ging an den Apparat. Sie waren dran an der Sache, aber noch nicht ganz so weit. Die Leute von der Hausverwaltung wussten nicht wirklich, welche Agentur sich um die Wohnung Nummer vierunddreißig kümmerte, hatten aber sechs Möglichkeiten genannt, die sie gerade durchchecken wollten.
    »Eine positive Nachricht noch, Chef. Sie schicken sofort jemanden, damit wir an die Überwachungsanlage kommen. Mick Hume ist bereits unterwegs.«
    »Cheers, Ray. Sagt Bescheid, wenn’s was Neues gibt«, sagte Kerr, legte auf und beschleunigte wieder.
    Mick Humes Namen auf der Wochenendliste zu finden, die wie gewohnt an der zerbröselnden braunen Pinnwand im Kontrollraum hing, war ein wahrer Glücksfall gewesen. Er hatte die Liste durchgesehen, während Williams ihn schnell ins Bild setzte. Die Sache klang nach einem absolut üblen Fall, bei dem man niemanden dabeihaben wollte, der unerfahren oder inkompetent war, und nach Kerrs Erfahrung war Hume ganz sicher weder das eine noch das andere.
    Auf Crowbys Nordumgehung war es noch sonntäglich ruhig. Er kam fast jeden Tag hier entlang, auf wichtigen und weniger wichtigen Fahrten. Als seine Frau die Zwillinge auf die Welt gebracht hatte, war er hierher zum Krankenhaus gefahren, und an jenem grauen, regnerischen Nachmittag, an dem seine Mutter eingeäschert wurde, nahm er die Ausfahrt zum Krematorium. Er schob den Gedanken daran zur Seite und nahm sich vor, möglichst bald seinen Dad mal wieder zu besuchen. Seit Tagen hatte er nicht mit ihm gesprochen.
    Der Beamte, der den BMWs nachspürte, rief an. Bis jetzt hatte er erst einen der Besitzer ausfindig machen können und nahm gerade seine Aussage auf. Besagter Mann sei allerdings ein Herzspezialist aus Nigeria, auf den die Beschreibung des Mädchens auch nicht annähernd passe. Im Übrigen habe er gestern Nachtschicht im Krankenhaus gehabt, dem Crowby General.
    Kerr fuhr weiter, ohne Musik, und versuchte immer noch, die Situation zu erfassen. Da gabelt einer eine harmlose junge Frau auf, begräbt sie bei lebendigem Leibe, ohne sie am Ende tatsächlich umzubringen, und filmt das Ganze auch noch. Wobei nicht ein Einzelner, sondern gleich zwei Frauen und zwei Typen die Sache inszeniert hatten, die obendrein nicht wirklich da wohnten, wo sie zunächst zu wohnen schienen. Das war keine Standardgeschichte, und auch kein Standardmotiv. Vielleicht war es überhaupt nicht zu verstehen. Als er Woodlands erreichte, hielt er einen Moment in der

Weitere Kostenlose Bücher