Gleich bist du tot
ebenso entspannt mit den Einheimischen plauderte.
»Essen fassen«, rief Maria aus der Küche.
Adrian sicherte seine letzten Änderungen und gähnte, als er aufstand. Es war eine lange Nacht gewesen, und er hatte nicht genug Schlaf bekommen. Darüber hinaus lag ein langer Tag am Computer vor ihm, wahrscheinlich gefolgt von einem weiteren Live-Einsatz, falls er Bradys Strategie richtig einschätzte – und dafür glaubte er ihn mittlerweile gut genug zu kennen. Er ging schnuppernd den Küchendüften entgegen. Maria hatte Wort gehalten. Das roch wie ein traditionelles englisches Frühstück, obwohl Brady sein Bestes getan hatte, es ihnen mit seinem Bestehen auf organischem, gegrilltem und nicht gebratenem Speck und Freilandeiern zu verderben.
Maria hatte ein Buffet aufgebaut. Adrian füllte sich den Teller und aß im Stehen. Er verspürte das Bedürfnis, den Rücken durchzudrücken, nachdem er sich die letzte Stunde über die Tastatur gebeugt hatte. Er sah zu Maria hinüber, die am Tisch saß und auf ihrem Teller herumstocherte. Sie begnügte sich mit einem einzelnen Streifen Speck, einer Scheibe glutenfreiem Toast und ein paar Stückchen Tomate. Sie trug ihren gewohnten Morgenaufzug, einen knappen, kaum passenden Bademantel. Adrian warf einen Blick auf ihre zartrosa Brustwarzen, als sie sich über den Teller beugte. Sie fing seinen Blick mit unbewegter Miene auf und sagte nichts. Das Spiel sexueller Aussperrung dauerte an, wurde aber hauptsächlich, wenn auch nicht immer, wortlos gespielt. Brady und Annabel, Brady und Maria, und vielleicht auch (ein verlockender Gedanke) Annabel und Maria. Adrian dagegen blieb allein für sich.
Brady kam herein, fummelte am Radio herum, bevor er sich dem Essen zuwandte, und bekam schließlich das kratzende Mittelwellensignal von ›Crowby FM‹ herein, das in Birmingham auf UKW nicht mehr zu empfangen war. So schnell wird sicher mit keiner Meldung zu rechnen sein, aber es ist durchaus vernünftig, dachte Adrian, die Situation im Auge zu behalten. Er sah zu, wie Brady zu Maria ging, sich hinter sie stellte, ihr die Hände auf die Schultern legte und sich schließlich vorbeugte und ihr den Bademantel so weit öffnete, dass ihre Brüste voll sichtbar wurden. Dann nahm er sich eine gute Portion Speck und Eier, wenn auch um etliches weniger als Adrian, und setzte sich ihr gegenüber.
»Ein schöner Anblick so früh am Morgen, findest du nicht auch, Ad?«, fragte er, ohne Adrian anzusehen. Er hielt den Blick fest auf Maria gerichtet, die nichts wegen ihres weit offenen Bademantels unternahm, sondern eine ihrer Tomatenscheiben in immer kleinere Stücke schnitt.
Adrian machte sich nicht die Mühe, ihm zu antworten, sondern wandte sich wieder seinem Teller zu. Er würde ihr auch noch den letzten Funken Verstand aus dem Körper vögeln, genau wie Annabel, wenn er je die Gelegenheit dazu bekäme. Aber er wusste, so weit würde es nie kommen. Brady würde es niemals erlauben. Kein betriebsinterner Sex für Adrian, das war eine von Bradys ersten Schlüsselentscheidungen gewesen. Dabei ging es wieder mal um die Ästhetik und den grundsätzlichen Charakter des Projekts. Ad war ein angestellter Helfer und kein wahrer Gläubiger. Ad ging es nur ums Geld, und somit blieb er in allem Wesentlichen von ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen, blieb ihm die wirkliche Teilnahme verwehrt. Das einzige Mal, als Adrian den beiden Mädchen ein winziges Stück nähergekommen war, an einem besonders drogenträchtigen Abend in Watford, hatte Brady es eindrücklich klargemacht: Scheiße noch mal, Ladys , hatte er in seinem nervenden, aufgesetzten Gutsherrenton gesagt und ihn damit herausgefordert, mit den Angestellten wird nicht gevögelt. Das geht absolut nicht, wisst ihr, absolut und wirklich nicht.
Mick Hume stand auf den Stufen, die zum Eingang der Hutfabrik führten, und wartete auf Kerr. Er hatte eine Frau bei sich. Ende zwanzig, groß und gertenschlank. Die dunklen Augen funkelten und blitzten wahrscheinlich, wenn ihre Besitzerin nicht gerade an einem kalten Morgen wie diesem mit einem Kater aus dem Bett geholt wurde. Sie stellte sich vor. Gwynne Roberts, die diensthabende Hausverwaltungsassistentin oder besser, wie sie sagte, der Trottel, der wochenends angerufen wurde, wenn irgendwer das Badewasser über Nacht hatte laufen lassen. Sie folgten ihr in das eine halbe Etage tiefer gelegene Zwischengeschoss und dort einen Flur hinunter zu einer Tür, hinter der das Treppenhaus zur Tiefgarage lag. Wieder
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