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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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zurück ins Haupthaus ging. Sie war seit ihrer Ankunft noch nicht im Pavillon gewesen, einem anderen bedrohten Stück alter Substanz, das ihre Fantasie anregte. Vielleicht sollte sie dort zuerst hingehen. Anschließend wollte sie ihre Pilates- und Yogaübungen machen, gefolgt von einem langen, heißen Bad, bevor sie schnell noch ein paar Stellen durchprobierte. Nein, sie sollte Nick gegenüber nicht so hart sein, dachte sie und sammelte die Zeitungen und Romane ein, die sie am Flughafen gekauft, aber noch nicht zu lesen begonnen hatte. Sie meinte es ernst mit dem Auftritt, ernst mit der Band. Natürlich tat sie das. Aber nicht so wie Nick und die anderen. Wie konnte sie das? Wie konnte das irgendwer von ihr erwarten? Ja, vielleicht war Nick da ein wenig wie Dad, als der angefangen hatte. Getrieben, entschlossen, ehrgeizig. Das alles war leicht, wenn man aus dem Nichts kam, wenn jeder Ort, an den man kam, brandneu, glänzend und aufregend war. Aber wenn man bereits von dort kam, wo alles glänzend und aufregend war, wenn man da schon gelebt hatte, dann war es weit schwerer, sich wirklich für etwas zu begeistern.
     
    Emma Smith saß hinterm Steuer, Jacobson auf dem Beifahrersitz. Er hatte sein Handy ausgeschaltet und versuchte seine Gedanken für die vor ihm liegende Besprechung zu ordnen. Das Regional Crime Squad hatte sich dazu herabgelassen, einen Blick auf die Fälle zu werfen, und schnell mit dem Kopf geschüttelt. Die Sache war nicht groß genug. Ohne jede Verbindung zu ihren anderen aktuellen Ermittlungen. Das war am Mittwoch gewesen, am Tag nach der dritten Entführung und dem ersten Todesfall. Heute Morgen, am Donnerstag, hatten die da oben entschieden, dass die Ermittlungen jeweils in den Händen der örtlich zuständigen Kräfte blieben. Jeder Senior Investigating Officer würde auch weiter sein lokales Team führen, sich aber ab sofort täglich mit den anderen zuständigen SIOs kurzschließen, um sämtliche Erkenntnisse auszutauschen und die weiteren Maßnahmen zu koordinieren. Jacobson machte sich keine Illusionen, er wusste, dass die Gründe für diese Strategie streng politischer Natur waren. Die Regierung plante noch immer, die bestehenden Polizeieinheiten in größeren, sogenannten »Super Forces« aufgehen zu lassen. Praktisch jeder einzelne Chief Constable im Land war vehement gegen diese Pläne, und plötzlich – Überraschung! – war die Zusammenarbeit zwischen den lokalen Einheiten die Losung der Stunde. Besonders, wenn es um öffentlichkeitsrelevante Ermittlungen mit großem »Medien-Impact« ging, um einen aktuellen Salterismus zu gebrauchen: vier Wahnsinnige, die ihren Spaß daran fanden, junge Frauen in Panik zu versetzen und das Ganze filmisch darzustellen. Und das erst recht, nachdem eines ihrer Opfer den schweren Rädern eines großen Speditionslastwagens zum Opfer gefallen war.
    Das County-Headquarter lag knapp sieben Kilometer außerhalb der Stadt, direkt bei der Autobahn, und war damit der ideale Ort, um die betroffenen SIOs, wie in den oberen Etagen beschlossen, zum ersten Mal zusammenzubringen. DC Smith hielt vor der Zugangsschranke und stellte gemäß den neuesten Vorschriften den Motor aus, während sie beide sicherheitsüberprüft wurden. Nachdem man sie hatte passieren lassen, parkte sie den Wagen möglichst nahe am Hauptgebäude. Sie stellte den Motor ein zweites Mal ab, zog die Handbremse an und wartete ehrerbietig mit dem eigenen Aussteigen, bis Jacobson sich aus dem Wagen gehievt hatte.
    Das Gebäude stammte aus den Neunzehnsechzigern, genau wie das Präsidium in der Stadt. Der Unterschied bestand darin, dass die HQ-Gebäude niedrig gehalten waren und man das Gelände zu fast so etwas wie einem Park umgestaltet hatte. Das Ganze erinnerte Jacobson immer wieder an einen kleinen Universitätscampus. Dagegen sprachen nur der Hochsicherheitszaun, die Hubschrauberlandeplätze, die Masten für die Satellitenkommunikation und der, wie das Gerücht ging, atombombensichere unterirdische Bunker, in dem die regionalen Regierungskräfte Unterschlupf finden sollten, falls die Zivilisation sich endgültig von dieser Welt verabschieden wollte. Der Besprechungsraum war leicht zu finden, Nr. 103 im ersten Stock. Es war ein Eckraum mit großen Fenstern auf beiden Außenseiten.
    Jacobson und Smith waren die Letzten, obwohl sie den kürzesten Weg gehabt hatten. Das änderte am Ausgang der Veranstaltung wenig, da Jacobson vorab schon der Vorsitz übertragen worden war und die Besprechung ohne

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