Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Hodgman
Vom Netzwerk:
kam zurück und rannte auf mich zu, eine zottelige schwarze Kanonenkugel, die immer größer wurde. Er schoss an mir vorbei den Hang zur Schaukel hoch, wo er schlitternd stehen blieb, sein Bein hob und über mein Werk pinkelte. Wenigstens dem Hund war es aufgefallen.
    Ich ging nach Hause. Es war später, als ich gedacht hatte. Der Zeitungsjunge raste auf seinem Fahrrad durch die Straße und schleuderte Zeitungen vor die Haustüren. Er konnte gut zielen: zusammengerollte Päckchen flogen in alle Richtungen, schlugen auf Holzveranden auf oder landeten staubaufwirbelnd in vertrockneten Vorgärten. Als er mich näher kommen sah, schleuderte er mir eine Zeitung an den Kopf. Eindeutig der beste schnelle Werfer der Gegend.
    » Tach, Missus. Früh auf den Beinen, was?« Aus irgendeinem Grund zwinkerte er anzüglich. Die braunen, knochigen Knie fest gegen seinen bockenden Drahtesel gedrückt, holte er aus, um meiner Nachbarin die Zeitung in den Vorgarten zu werfen. Der räudige Rasenrücken schien in Erwartung des Angriffs zu beben. Die Zeitung schlug ein. Ein paar getroffene Grashalme wurden entwurzelt, flogen hoch, sanken zurück auf den Boden und starben. Das süße kollektive Seufzen von verletztem Gras dröhnte in meinen Ohren. Ich wartete, bis der Junge weg war. Die Straße lag wieder still da. Die Jalousien meiner Nachbarin blieben fest verschlossen. Drinnen im Haus schlief sie weiter. Vielleicht träumte sie von gepflegtem Krocketrasen, gut gewarteten Golfplätzen und Kamillewiesen in einer Welt ohne Wassermangel. Ich nahm die Muscheln aus meiner Tasche und warf sie über den Miniaturranchzaun.
    *
    Angelica schlief fast noch den ganzen Tag. Ich wollte es ihr gleichtun. So konnte ich dem Dreiuhrnachmittagsgrauen und der Freitagsflaute, die sich manchmal einstellte, entgehen.
    James war in der Küche. Er saß auf einem Hocker an der Frühstücksbar – so nannte man das in den Möbelkatalogen. Sie hatte eine weiße Resopaloberfläche mit Silbersprenkeln.
    James frühstückte nicht. Schlaftrunken schwankte er auf seinem Hocker. Sein Kopf hing schlapp herunter wie der einer verwelkten Blume. Sein Haar streifte die silber-weiße Oberfläche. Ich sah, dass er ein Buch las. Er sah müde und blass aus, ein wenig kraftlos.
    » Das Telefon hat geklingelt. Es klingelt schon seit weiß der Teufel wann. Ich bin davon wach geworden. Beim ersten Mal war es fast noch dunkel.« Er stöhnte und rieb sich die Augen. Es sah aus, als würde er sie sich übers ganze Gesicht schmieren.
    » Wer war dran?«, fragte ich. Er wurde ständig von atemlosen Damen aus Telefonzellen angerufen. Das ärgerte mich, weil ich immer hoffte, es sei jemand für mich.
    » Woher soll ich das wissen? Jedes Mal, wenn ich Hallo gesagt habe, hat wer auch immer eingehängt. Zum Schluss habe ich einfach den Scheißhörer auf die Seite gelegt. Aber da konnte ich schon nicht mehr einschlafen, deshalb hab ich’s aufgegeben.«
    » Warum bist du nicht im Bett geblieben und hast dort gelesen? Das wäre bestimmt gemütlicher.« Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Sicher waren die Anrufe für mich gewesen.
    » Ach, das Bett ist so verdammt zerwühlt, ich hatte keine Lust, es herzurichten, nur um mich wieder reinzulegen. Lass mal den Mercury sehen.«
    Ich gab ihm die Zeitung, ging ins Wohnzimmer und legte meinen Stein in den blau-weißen Krug auf dem Kaminsims. Ich hängte das Telefon ein, setzte mich auf den Boden und wartete. Es klingelte nicht. Durch die Spalten der Jalousie floss das Sonnenlicht in kleinen Rinnsalen herein, die sich in Pfützen auf den Teppichboden ergossen. Ich rollte mich in einer von ihnen zusammen und presste meine Wange schon halb schlafend in den kratzigen Teppichflor. Aus der Küche kam das Geräusch von Wasser, das in einen Kessel lief. Dann ein Scheppern, als er auf den Herd gestellt wurde, das Kratzen eines Streichholzes und das Zischen der Flamme: James machte Tee. Weitere Geräusche, jedes einzelne deutlich wahrnehmbar, überwanden weite Strecken bis an meine Ohren: James machte Toast. James stand über mir, seine Zehen auf Hö he me iner Augen. Ich biss in den größten und nahesten.
    » Pass auf, sonst lass ich alles noch auf dich fallen.«
    Ich rollte mich auf die andere Seite und setzte mich auf. James trug ein Tablett mit Tee und Toast, der bereits gebuttert und in kleine Dreiecke geschnitten war. Wir saßen in benachbarten Sonnenpfützen auf dem Boden und aßen. Ich hielt mein Gesicht in den duftenden Dampf aus der Teetasse und spürte,

Weitere Kostenlose Bücher