Gleichklang der Herzen
sie mit anderen Männern besprach oder tat.“ Wieder schloss er die Augen. „Es wäre besser, ich wäre nicht mehr am Leben – wie es eigentlich meine Absicht war.“
„So dürfen Sie nicht reden“, ermahnte ihn Benedicta. „Das Leben ist eine Kostbarkeit, eine Gabe Gottes. Indem man es töricht und unnötig wegwirft, begeht man eine schwere Sünde.“
Ihre Stimme gewann an Kraft, als sie fortfuhr: „Ich bin überzeugt davon, dass Sie durch diese schwere und schmerzliche Erfahrung ein besserer und edlerer Mensch werden. Und ich bin auch sicher, dass auf dieser Welt wichtige Aufgaben auf Sie warten, Aufgaben, die Ihnen nicht nur Freude machen, sondern mit denen Sie anderen Menschen helfen.“
Richard sah sie verwundert an. „Was sagen Sie da?“
„Ich fühle, dass es so sein wird. Ich fühle es in meinem Inneren. Sie werden es schaffen, nach Indien zu kommen, und das Land wird Ihnen geben, was Sie suchen.“
„Und was suche ich?“, fragte Richard.
„Die Antwort darauf können nur Sie allein finden. Aber finden werden Sie sie, und was Sie erlitten haben, wird Sie weiser und verständnisvoller machen.“
„Sie glauben wirklich, ich werde nach Indien kommen?“, fragte er wie ein Kind, dem man eine Belohnung verspricht.
„Ich bin dessen ganz sicher.“
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, und er hielt sie fest. So verweilten sie einen Augenblick. Benedicta wusste, dass sie ihm Trost und Hoffnung gebracht hatte.
Und dann ging sie hinaus, um Hawkins zu suchen.
Der Herzog, der sich gegenüber diesen beiden halsstarrigen Kindern, wie er sie bei sich nannte, zu einer harten, autoritären Haltung entschlossen hatte, war sonderbarerweise verstimmt, als der Butler meldete, das Dinner sei angerichtet und Miss Calvine wünsche, in ihrem Zimmer zu speisen.
Er sah immerhin ein, dass es für Benedicta ein wenig peinlich sein müsse, mit ihm bei Tisch zu sitzen. Dennoch hatte er sich auf den Kampf mit ihr gefreut, ein Kampf, den er mit Sicherheit gewinnen würde.
Schön, dachte er bei sich, sollen diese jungen Leute sich ruhig einbilden, sie hätten selber Verstand. Aber wenn es um grundlegende Dinge geht, muss eben ein älterer und erfahrener Mensch wie ich sie zwingen, das zu tun, was richtig ist. Später werden sie mir noch dankbar sein, weil ich sie vor sich selbst bewahrt habe.
Er war bereit einzugestehen, dass es teilweise seine Schuld war, dass Richard in eine so kritische Situation geraten konnte.
Ja, er hätte Richard schon lange vorher Einhalt gebieten müssen, damals, als sein Umgang mit Delyth Maulden begann.
Doch hatte er geglaubt, eine Affäre mit einer älteren, erfahrenen Frau könne sich als höchst nützlich für Richards Erziehung erweisen.
Dabei hatte er dummerweise die Tatsache außer Acht gelassen, dass ein so junger und leicht zu beeinflussender Mann wie Richard Gefahr lief, sich Hals über Kopf in eine professionelle Verführerin wie Delyth zu verlieben.
Weiter hatte er nicht bedacht, und das konnte er sich am allerwenigsten verzeihen, dass in Delyth der Wunsch erwachen könnte, Herzogin von Kingswood zu werden.
Es war allein mein Fehler, von Anfang an, warf sich der Herzog nun vor. Doch jetzt habe ich genau die richtige Frau für den Jungen gefunden. Er wird sie heiraten, und sie werden hier unter meiner Aufsicht leben, sodass in Zukunft nichts mehr passieren kann.
Im Hintergrund seines Bewusstseins meldeten sich leise Zweifel, ob es wirklich so einfach werden würde, wie er es sich vorstellte.
Die Schwierigkeit lag bei Benedicta, das stand fest.
Doch mochte sie sich jetzt auch wehren, welche Frau würde schon auf lange Sicht der Verlockung widerstehen können, Herzogin und Herrin von Kingswood zu werden?
Der Herzog verzog den Mund zu einem zynischen Lächeln, als er sich vorstellte, wie viele Frauen ihn deswegen verfolgt hatten und dass Delyth Maulden meinte, sie könne dieses Ziel immer noch erreichen.
Kommenden Montag werde ich die Verlobung bekannt geben, sagte er sich entschlossen.
Eigentlich hatte er nach dem Dinner mit Benedicta besprechen wollen, welche Ausstattung sie sich wünsche und welche Einrichtungsgegenstände man von Kingswood auf den Witwensitz schaffen solle.
Sollte sie ruhig ihren eigenen Geschmack walten lassen. Ich werde ihnen das geeignete Personal zur Verfügung stellen, hatte er überlegt, und natürlich können sie meine Pferde reiten.
Umso ernüchternder war es für ihn, dass seine Pläne für den Abend ins Wasser gefallen waren. Schlecht
Weitere Kostenlose Bücher