Gleichklang der Herzen
zurück.“
Das war eine Einladung, die der Herzog nicht anzunehmen wagte.
Er hatte Letty Sherwood Wiedersehen wollen, weil er der Meinung war, er hätte es im Moment dringend nötig, nicht zuletzt deswegen, weil die Leidenschaft, die sie stets in ihm entflammt hatte, sein unmittelbares Problem lösen konnte.
Nun aber zeigte sich, dass sie ihm nichts mehr zu bieten hatte. Er musste sich daher irgendwie aus dieser peinlichen Situation herausreden.
„Letty, ich bleibe gern zum Essen, aber anschließend muss ich sofort wieder weg. Ich habe eine dringende Verabredung.“
„Aber Nolan!“
Aus ihrem Ton war ein schwerer Vorwurf zu erkennen. „Es tut mir leid.“
Sie küsste ihn leidenschaftlich, ehe sie sagte: „Nun, dann muss ich mich eben damit abfinden. Nolan, dieses Wiedersehen ist wundervoll. Nächste Woche werde ich wieder in London sein, dort könnten wir uns ungestört treffen.“
Der Herzog unterdrückte mühsam seinen Impuls, ihr zu sagen, dass er die ganze nächste Woche auf seinem Gut zu tun hätte und nicht in London sein würde.
Letty ließ ihn nun los.
„Ich will nur rasch Bescheid sagen, dass du zum Essen bleibst. Wir werden den besten Wein trinken. Und nach dem Essen trinken wir zur Feier deiner Rückkehr noch ein Glas Champagner zusammen.“
Damit ließ sie ihn allein. Der Herzog drehte sich um und sah in den über dem Kamin hängenden Spiegel.
Während er seine Krawatte zurechtrückte, die durch Lettys Umarmung in Unordnung geraten war, sagte er sich, dass er sich wie ein Schuft benahm.
Wie aber hätte er ahnen sollen, dass das Feuer, das nach dem Ende ihrer Affäre noch immer weitergeglüht hatte, nun erloschen war.
Wie hatte das geschehen können?
Er fürchtete die Antwort auf diese Frage.
Er war den Frauen, die er geliebt hatte, stets in Freundschaft verbunden geblieben.
Doch von seinen Gefühlen für Letty war absolut nichts übrig geblieben.
Als Letty zurückkam, sah er sie fast schuldbewusst an.
Er hatte ihr wiederholt das Kompliment gemacht, sie sähe aus wie eine Figur auf einer griechischen Vase. Und als Bewunderer schöner Frauen hatte es ihm ebenso viel Vergnügen gemacht, sie gelegentlich nur anzusehen und sie nicht nur in den Armen zu halten.
Nun sah er sie zwar immer noch sehr gern an, doch verspürte er nicht mehr den Wunsch, sie zu berühren.
Letty kam auf ihn zu, doch noch ehe sie ihn erreicht hatte, trat er ans Fenster. Ihre geschmeidigen Bewegungen waren die einer Frau, die sich in den Armen eines Liebhabers erwartet glaubt.
„Euer Garten ist schöner als je zuvor“, sagte er. „Ist das dir oder George zu verdanken?“
„George“, antwortete Letty knapp. „Ich interessiere mich nicht für Gartenpflege.“
„Ich aber!“, sagte der Herzog mit Nachdruck. „Komm und zeig mir eure Fliedersträucher. Ich möchte für Kingswood ein paar Sorten zusätzlich bestellen.“
Er fasste nach ihrer Hand und zog sie durch die Verandatür nach draußen.
„Nein, Nolan“, protestierte sie, kam aber gegen seine Entschlossenheit nicht an.
Während sie über den weichen grünen Rasen schritten, dachte er, dass er sich noch immer zutraute, bei Benedicta seinen Willen durchzusetzen.
Weil sein Plan sich als Fehlschlag erwiesen hatte und weil der Herzog Fehlschläge hasste, war seine Stimmung bei der Rückfahrt nach Kingswood eher noch schlechter als vor dem Aufbruch.
Seine ganze Erfindungsgabe hatte er aufbieten müssen, um Letty zu überzeugen, dass er die angebliche Verabredung, die ihn zu Hause erwartete, nicht absagen konnte.
Sie hatte sich in ihr Boudoir zurückgezogen, das sich an ihr Schlafgemach anschloss, eine unmissverständliche Aufforderung, denn in der Vergangenheit hatte ihre Mittagsruhe ihnen manch ungestörte Stunde verschafft.
Als er sich verabschiedete, hatte sich der Herzog schuldbewusst sagen müssen, dass er eine Frau zurückließ, in der er Hoffnungen geweckt hatte, die er nicht einlösen konnte.
Was ist bloß mit mir los?, grübelte er in einem fort und sah sich abermals außerstande, der Wahrheit ins Angesicht zu sehen.
Er schlug bei der Rückfahrt ein noch forscheres Tempo an als am Morgen, was ihm unterwegs mehrmals erstaunte Blicke seines Stallburschen eintrug, der nicht zu Unrecht der Meinung war, dass sein Herr höchst gewagt fuhr.
Sie gelangten schließlich zur Auffahrt von Kingswood und sahen den Besitz in der Nachmittagssonne vor sich liegen. Doch der Blick des Herzogs hatte nichts von seiner Düsternis eingebüßt, als er durch
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