Gleichklang der Herzen
eines Sterbenden im Haus düstere Schatten warf. Der Herzog war sich tatsächlich ständig bewusst gewesen, dass im zweiten Stockwerk seines Hauses ein Mann im Koma lag.
Merkwürdig, wie stark ihm das zu schaffen gemacht hatte. Man hätte meinen mögen, dass es ihm nach den vielen Toten und Sterbenden, die er im Krieg gesehen hatte, nichts mehr ausmachen würde.
Da aber der Reverend Benedictas Vater war, hatte er seine Anwesenheit, die ihr Tun und Denken beherrschte, nicht einfach beiseite schieben können.
Nun würde es viel einfacher sein, ihr klarzumachen, wie er sich um ihre Zukunft sorgte und wie wichtig es war, dass sie ihn als Vormund akzeptierte und sich seinen Ratschlägen fügte.
Die Begräbniszeremonie näherte sich ihrem Ende. Als der Vikar schließlich das letzte ,Amen’ gesprochen hatte, wandte Benedicta sich um und ging fort.
Sie schritt auf das Haus zu, und der Herzog unterdrückte den Wunsch, ihr zu folgen, weil er dem Vikar Dank sagen und dafür sorgen musste, dass das Grab ordnungsgemäß geschlossen wurde.
Trauergäste, deren er sich hätte gastfreundlich annehmen müssen, waren nicht da. Benedicta, er selbst, Hawkins und Jackson waren die Einzigen, die dem Sarg von der Kapelle zum privaten Friedhof gefolgt waren.
Die beiden Diener hatten sich im Hintergrund gehalten, sodass nur Benedicta und der Herzog direkt am Grab gestanden hatten.
Als sie nun so abrupt ins Haus ging, glaubte er, es geschähe, um ihre Tränen zu verbergen. Er konnte nur hoffen, Mrs. Newall würde ihr zur Seite stehen.
Der Herzog bot dem Vikar eine Erfrischung an, die dieser ablehnte, da ihn im Dorf eine weitere Beerdigung erwartete. Das Verlangen, Benedicta zu sehen und mit ihr zu sprechen, trieb den Herzog nun ins Haus.
Als Erstes ging er in die Bibliothek, wo ihn die Morgenzeitungen erwarteten. Anstatt sich in eines der Blätter zu vertiefen, fing er an, ruhelos auf und ab zu gehen.
Er gestand sich ein, dass er die letzten beiden Tage in einer Art Niemandsland verbracht hatte, ungeduldig abwartend, dass er endlich tun konnte, wozu es ihn drängte.
Die ganze Zeit über war er in Gedanken bei Benedicta gewesen, in der Gewissheit, dass es für ihn nichts Wichtigeres gab außer ihr und ihrer Zukunft, die in die Hand zu nehmen er fest entschlossen war.
„Das Essen ist serviert, Euer Gnaden.“
Die Stimme des Butlers vom Eingang her ließ ihn aufschrecken.
Er hatte gar nicht bemerkt, dass es Mittag geworden war, da er auch jetzt noch keinen Hunger verspürte.
Und wieder drängte sich ihm unterwegs zum Speisezimmer der Gedanke auf, wie langweilig es doch war, allein zu speisen.
„Wurde Miss Benedicta das Essen nach oben geschickt?“, fragte er den Butler, als er sich zu Tisch setzte.
„Jawohl, Euer Gnaden. Der Koch hat sich wirklich Mühe gegeben, den Geschmack der jungen Dame zu treffen, wenn mir die Bemerkung gestattet ist.“
Der Herzog nickte. Gewiss hatte Benedicta ebenso wenig Appetit wie er selbst. Ich muss mit ihr sprechen, entschied er. Sie soll nach dem Tod ihres Vaters nicht in Schwermut und Verzweiflung verfallen. Je eher sie das schwarze Trauerkleid wieder ablegte, desto besser.
Nicht dass es ihr nicht gestanden hätte, keineswegs. Er ertappte sich bei der Erinnerung daran, wie weiß ihre Haut sich davon abgehoben hatte. Gewiss waren ihre Augen noch größer und eindringlicher gewesen als sonst – er hatte sie leider nicht sehen können, da Benedicta den Blick abgewandt hatte.
Heute Abend wird sie wieder mit mir speisen, dachte er und nahm einen Schluck von dem hervorragenden Wein, ohne ihn richtig zu würdigen.
Er wollte sie sofort nach Tisch rufen lassen, ließ diesen Gedanken aber gleich wieder fallen. Es wäre wohl doch zu taktlos gewesen.
Stattdessen raffte sich der Herzog auf, zu den Stallungen zu gehen, wo er sich eingehend mit seinem Stallmeister über Zuchtverbesserungen unterhielt, die er schon seit Langem plante.
Bei dieser Gelegenheit gab er auch sein Einverständnis für verschiedene Reparaturen und Änderungen an den Gebäuden, die er bislang als unnötig abgetan hatte.
Das alles nahm eine ziemlich lange Zeit in Anspruch, sodass er erst um vier Uhr wieder ins Haus kam.
Nun war es Zeit zu einem Besuch bei Richard. Vielleicht würde er Benedicta bei seinem Neffen antreffen.
Er schritt die Treppe hinauf und wollte eben die Richtung zu Richards Zimmer einschlagen, als er hinter sich ein Geräusch hörte. Es war Mrs. Newall, die ihm schwerfällig nachgelaufen kam.
„Euer
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