Gleichklang der Herzen
hörte er Benedicta sagen: „Das ist doch Jeb Cutler, wenn ich nicht irre?“
„Wie, was? Woher kennen Sie mich?“, rief Jeb erschrocken, und dann: „Aber das ist ja Miss Benedicta!“
„Ja, Benedicta Calvine. Wie ich sehe, haben Sie meinen Vater und mich nicht vergessen.“
„Wie geht es dem Reverend, Miss Benedicta?“
„Jeb, er ist tot. Wenn er wüsste, dass Sie nach allem, was er für Sie tat, nach allem, was Sie ihm versprochen haben, ein so schreckliches Verbrechen planen …“
Jeb rutschte unbehaglich hin und her.
„Nun, ja, es war so: Die Dame hat mich kommen lassen, und dann konnte ich nicht widerstehen, weil so viel dabei herausspringt.“
„Geld für einen Mord? Jeb, Sie haben versprochen, anständig zu werden, wenn Papa die Behörden dazu bringt, Ihre Strafe herabzusetzen.“
„Und ich war ja so dankbar, Miss, wirklich. Aber die Zeiten sind nun mal schlecht, und ich kriege nie den Magen voll.“
„Jeb, Sie müssten nicht hungern, wenn Sie ehrliche Arbeit annähmen“, sagte Benedicta darauf.
„Nanu! Was soll das?“, mischte sich da Charlie ein. „Wer ist das Frauenzimmer?“
„Gib bloß Acht auf dein loses Maul“, fuhr Jeb ihn fuchsteufelswild an. „Der Vater dieser jungen Dame da hat mich aus dem Knast geholt, weil er an meine Unschuld glaubte – zu Recht. Er legte für mich bei Gericht ein gutes Wort ein, und ich kam frei.“
„Jeb“, drang Benedicta in ihn, „was glauben Sie wohl, was mein Vater jetzt von Ihnen denken würde!“
„Haben Sie nicht eben gesagt, er ist tot?“
„Ja, Jeb. Aber Sie wissen genau, dass er wie ich daran glaubte, dass wir nach dem Tode in eine andere Welt übergehen und von dort aus den Menschen, die wir lieben, helfen können. Papa wird Ihnen gewiss zu Hilfe kommen wollen, aber wie kann er es, wenn Sie dieses Verbrechen vorhaben?“
Einen Moment herrschte Schweigen. Dann sagte einer der Schurken: „Miss, Sie können nicht wissen, was es heißt, Hunger zu haben, und wenn die Kinder nach Essen schreien.“
„Die werden noch viel mehr hungern, wenn Sie gehängt werden“, gab sie zurück.
„Jeb sagt, man wird uns nicht erwischen.“
„Ja, glauben Sie wirklich, Sie kämen ungeschoren davon, wenn Sie einen Edelmann wie den Herzog von Kingswood töten?“
Das Trio blieb ihr die Antwort darauf schuldig, und Benedicta fuhr fort: „Innerhalb weniger Stunden würden im ganzen Land Suchtrupps ausschwärmen, sodass Ihnen keine Zeit bliebe, sich in London zu verstecken. Jeb, Ihre Kinder würden um ihren Vater weinen und Ihre Mutter um ihren Sohn. Was wird Ihnen dann Ihr ganzes Gold nützen?“
Sie ließ diese Worte ihre Wirkung tun, ehe sie sagte: „Ich kenne die Dame, die Sie zu dieser grässlichen Tat anstiftete. Falls Sie nicht aufgegriffen und verhaftet werden, noch ehe Sie London erreichen, bezweifle ich sehr, dass sie Ihnen das versprochene Geld ausbezahlen wird.“
„Das würde ich ihr aber raten!“, stieß Jeb grimmig hervor. „Und was ist, wenn sie Sie der Polizei ausliefert? Die wird Ihnen ohnehin auf der Spur sein, und wo wollen Sie sich verstecken?“
„Ich sag dir, mir gefällt das alles gar nicht“, fing Charlie zu jammern an. „Und das Land ist mir unheimlich, es ist so still um uns herum.“
Benedicta blickte auf Jeb herunter. Der Herzog fand, dass der Feuerschein ihrem Antlitz etwas Vergeistigtes verlieh und sie aussehen ließ, als sei sie geradewegs von einem der Heiligenbilder, die in Kingswood hingen, herabgestiegen.
„Jeb, es würde für meinen Vater eine große Demütigung bedeuten, an einen Menschen geglaubt zu haben, der seines Vertrauens nicht würdig, der weder aufrichtig noch unschuldig war.“
„Damals war ich unschuldig, Miss“, unterbrach Jeb sie. „Ich habe dem Reverend die Wahrheit gesagt.“
„Dann dürfen Sie jetzt nicht alles durch eine Untat aufs Spiel setzen“, bat Benedicta flehentlich. Plötzlich erhob sie ihre Stimme: „Sie sind sehr töricht. Sie wollen einen abscheulichen Mord begehen und riskieren, dafür gehängt zu werden. Aber das ist noch nicht alles. Sie machen mitten im Wald ein Feuer. Wenn die Jagdaufseher Sie erwischen, dann werden Sie wegen Wilddiebstahls belangt, und die Strafe dafür ist Verbannung.“
Alle drei sprangen auf.
„Sag ich’s nicht, dass das Land mir nicht geheuer ist“, grollte Charlie.
„Machen Sie sich auf den Weg nach London“, befahl Benedicta. „Behalten Sie das Geld, das Sie bekommen haben, aber meiden Sie die Dame, die es Ihnen gab. Sie
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