Gleichklang der Herzen
anderen dem Vergleich mit ihr nicht standhielten.
Und nun musste er entdecken, dass seine Mutter nicht besser war als die Schauspielerinnen, über die seine Kommilitonen tuschelten, oder die Dirnen, die die jungen Männer ansprachen, wenn sie in der Dunkelheit zurück ins College gingen.
Seine Mutter! Seine eigene Mutter!
Er hatte leise kehrtgemacht und war auf Zehenspitzen aus dem Boudoir geschlichen. Nach diesem Schock hatte er sich geschworen, er würde niemals heiraten.
Ihn würde keine Frau betrügen. Niemals würde er den Liebesbeteuerungen einer Frau Glauben schenken.
Er hatte nie über den Vorfall gesprochen. Als er Oxford verließ, hatte er in einem Regiment Aufnahme gefunden und war froh, dass der Militärdienst ihn von seinen Eltern fernhielt.
Mit den Jahren entdeckte er, dass Frauen amüsant und unentbehrlich waren.
Er liebte sie mit seinem Körper, aber sein Herz blieb unberührt. Er verachtete sie um ihrer Schwäche willen, weil sie ihm zu willig ihre Gunst boten und ihren Ehemännern untreu waren.
Wenn er für jemanden Mitgefühl aufbrachte, dann für die betrogenen Ehemänner.
Zuweilen hatte er an seinen Vater denken müssen und sich gefragt, ob dieser auch nur die leiseste Ahnung hatte, dass er betrogen wurde.
Als sein Vater starb, war Nolan sicher, dass dieser die ganze Zeit in einer Art Narrenparadies gelebt hatte. Die Trauer seiner Mutter nahm er zynisch zur Kenntnis.
Eine feine Komödie, hatte er gedacht, als sie bei der Beerdigung bittere Tränen vergoss.
Zwei Jahre darauf hatte sie sich wieder verheiratet, und er hatte sich nur mit Mühe zurückhalten können, ihrem Angetrauten, der ihr offenbar sehr zugetan war, zu sagen, welch ein vertrauensseliger Narr er doch sei.
„Frauen sind wie Blumen“, hatte er einst zu Bevil Haverington gesagt. „Wenn man sie pflückt, welken sie rasch. Am besten, man erfreut sich an ihnen und geht vorüber.“
„Am besten für wen?“, hatte Bevil gefragt.
Der Herzog hatte nichts darauf geantwortet, und der Major hatte weitergeredet: „Für mich ist eine neue Frau immer ein Abenteuer, ähnlich der Erkundung eines unbekannten Gebietes in der Hoffnung, man würde auf einen Schatz stoßen. Man erlebt zwar immer wieder Enttäuschungen, doch dies ist Bestandteil des Spiels.“
„Ja, vielleicht ist deine Anschauung die richtige“, hatte Nolan seinem Freund zugestimmt.
„Ich habe das Gefühl“, war Bevil Haverington in seiner Ermahnung fortgefahren, „dass du den Goldschatz am Ende des Regenbogens suchst. Zaubergold, Nolan, das verschwindet, wenn man es anfasst! Gib dich mit dem zufrieden, was erreichbar ist.“
„Ach, ich bin völlig zufrieden“, hatte er damals behauptet. Jetzt war alles anders.
Es verlangte ihn nach etwas, das er noch nie zuvor hatte haben wollen – er wollte eine Frau, die ihm gehörte, nicht nur für eine Nacht oder für kurze Zeit, sondern für ein ganzes Leben.
Der Herzog fragte sich, wie er so schnell und so unerwartet eine solche Veränderung hatte durchmachen können.
Und doch hatte er von dem Augenblick an, als Benedicta ihn mit ihren großen Augen Hilfe suchend angesehen hatte, gewusst, dass sie anders war als alle Frauen, die er kannte.
Erstaunlicherweise hatte er sie beeindrucken und ihr gefallen wollen, und ohne dass er es merkte, hatte sie seine innere Abwehr unterlaufen, bis schließlich auch die letzte Schranke gefallen war.
Nun, da er sie verloren hatte, wusste er, dass er sie wieder finden musste.
Tag für Tag, Nacht für Nacht hatte er sich gegen die Wahrheit gewehrt, bis zu dem Augenblick, da sie in der Todesstunde ihres Vaters bei ihm Trost gesucht hatte und er sie in den Armen hielt.
Als er sie in ihr Zimmer getragen und ihren bebenden Körper gespürt hatte, waren alle seine Ideale von ehedem wieder erwacht.
Sein Zynismus, seine Verachtung der Frauen waren wie von Zauberhand verschwunden.
Die Liebe hatte ihn wieder so verletzlich gemacht wie damals in seiner Jugend, und der harte Panzer, den er sich während der Kriegsjahre zugelegt hatte, existierte nicht mehr.
Der Herzog zügelte sein Pferd und blickte über das Tal, in dem das noch grüne Getreide hoch auf den Feldern stand. An der Grenze seines Grundbesitzes lag ein bäuerliches Anwesen, das er schon lange nicht besucht hatte und das von einem alten Schotten bewirtschaftet wurde, der schon jahrelang dort hauste und ein griesgrämiger, finsterer Kerl war.
Jenseits des Gehöftes lag dichter Wald, dessen eine Hälfte noch zum
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