Gleichklang der Herzen
Frau, die nicht zur Gesellschaft gehört.“
Nun berichtete der Sprecher von der Leidenschaft des Herzogs für Señorita Deleta, eine neue Sängerin in Vauxhall.
„Sie ist eine spanische Zigeunerin, wenn sie sich auch als Aristokratin ausgibt. Sie sieht fabelhaft gut aus und hat eine Stimme wie eine Nachtigall.“
„Das macht mich tatsächlich neugierig“, sagte die Frau. „Wir könnten am nächsten Samstagabend zusammen mit Freunden nach Vauxhall gehen und uns ein Urteil über Sebastians Geschmack bilden.“
Die Stimmen wurden leiser und verschwanden in der Ferne. Ravella saß ganz still. Erst als ihr Tanzpartner mit der Limonade zurückkehrte, merkte sie, dass sie sich die Fingernägel tief in die Handflächen gegraben hatte. Dann entschuldigte sie sich, schützte Müdigkeit vor, suchte Lady Harriette und bat sie, nach Hause zurückzukehren. Diese willigte sofort ein.
Man holte den Herzog vom Kartentisch, und sie fuhren nach Melcombe-Haus. Dort half der Herzog den Damen aus dem Wagen und verabschiedete sich von ihnen.
„Gehst du noch aus?“, fragte Ravella.
„Ja, der Abend ist erst angebrochen. Schlaf gut.“
Er stieg wieder in den Wagen. Bedrückt schlich Ravella die Treppe hinauf. Lady Harriette gab der Hitze die Schuld. Wenn sich Ravellas Zustand nicht besserte, würde sie morgen einen Arzt kommen lassen.
Auf ihrem Bett starrte Ravella ins Dunkle und stellte sich vor, wie der Herzog nach Vauxhall fuhr und wie schön die Zigeunerin mit der Stimme einer Nachtigall sein müsse. Am nächsten Morgen fühlte sie sich jedoch besser, wenn sie auch dunkle Ringe unter den Augen hatte. Sie war sehr unruhig und wusste nicht, wie sie sich beschäftigen sollte.
Der Herzog erschien erst gegen Mittag. Er wollte zu einem Boxkampf fahren, der außerhalb von London stattfand. Auf den Sieger hatte er gestern Abend im „White’s Club“ eine gewisse Summe beim Wetten gesetzt.
„Du warst gestern Abend im Club?“, fragte Ravella strahlend.
„Ja, bei ,White’s’. Die Karten brachten mir diesmal kein Glück, aber ich hoffe auf Entschädigung, wenn mein Boxer gewinnt.“
„Das hoffe ich von Herzen“, meinte Ravella mit Wärme.
Lady Harriette wunderte sich über dieses Interesse für den Boxkampf, sagte aber nichts. Sie war froh, dass das Kind sich nicht mehr so elend fühlte wie gestern. Die beiden Damen beschlossen, sich einen ruhigen Tag zu machen und früh zu Bett zu gehen.
Der Herzog verbrachte einen interessanten Nachmittag beim Boxkampf und sah, wie Joe Hawkins seinen Gegner Bill Gibbs zusammenschlug. Er kassierte dann seine Wettsumme von Freunden und fuhr zufrieden nach London zurück. Dort zog er sich um und begab sich zum Abendessen zu Lord Watford, der gerade aus Paris zurückgekommen war.
Der Lord hatte mehrere Sorten Wein aus Frankreich mitgebracht und wollte die Meinung des Herzogs dazu hören. Die Freunde leerten in bestem Einvernehmen einige Flaschen, aber dann musste der Lord aufbrechen, da er eine Verabredung mit einer Tänzerin in der Oper hatte. Vergebens redete er dem Herzog zu, ihn doch zu begleiten.
„Ich brauche Abwechslung“, sagte der Herzog, „einen Schuss Pikanterie, so wie ein französischer Koch die Austernsoße würzt. An Tänzerinnen halten sich schon viel zu viele.“
Als sie sich verabschiedet hatten, ging der Herzog zu Fuß nach Hause. Eine Turmuhr schlug und zeigte ihm an, dass es noch ziemlich früh war. Er hatte jedoch keine Lust, den Rest des Abends bei Bekannten oder im Club beim Kartenspiel zu verbringen. In Melcombe-Haus angelangt, befahl er dem Butler Nettleford, ihm Wein in der Bibliothek zu servieren.
„Sehr wohl, Euer Gnaden“, sagte der Butler und fügte etwas nervös hinzu: „Wird Miss Shane später eintreffen?“
„Miss Shane! Ist sie ausgegangen?“
„Ich dachte, die junge Dame träfe Euer Gnaden.“
„Wieso? Wann ist sie weggegangen? Mit Lady Harriette?“
„Nein, allein. Es war gegen neun Uhr, Euer Gnaden.“
„Wohin?“
„In die Vauxhall-Gärten, Euer Gnaden.“ Der Herzog war sprachlos.
„Miss Shane sagte mir, ich solle eine Droschke holen. Ich tat es, natürlich in der Annahme, dass die junge Dame Euer Gnaden treffen würde. Ich musste dem Kutscher Vauxhall als Ziel angeben. Das ist alles.“
„Mein Wagen soll sofort kommen, und ich will das Zimmermädchen von Miss Shane sprechen.“
Der Herzog ging in der Bibliothek auf und ab und schenkte sich Wein ein. Es klopfte, und Lizzie kam herein. Sie war ein dralles Mädchen vom
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