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Gleichklang der Herzen

Gleichklang der Herzen

Titel: Gleichklang der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cartland
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Lande, das jetzt schüchtern und verängstigt vor dem Herzog stand.
    „Ich höre, dass Miss Shane gegen neun Uhr ausgegangen ist.“
    „Ja, Euer Gnaden“, entgegnete Lizzie und knickste.
    „Hat sie dir gesagt, wohin sie gehen wollte?“
    „Nein, Euer Gnaden. Miss Shane ging zur selben Zeit in ihr Schlafzimmer wie die gnädige Frau, kurz vor neun Uhr. Miss Shane zog sich dann um und verlangte ein anderes, eleganteres Kleid und den Abendmantel mit dem Besatz aus Schwanendaunen. Dann sagte sie, ich sollte ihr die Geldbörse geben und niemandem erzählen, dass sie weggefahren sei. Mehr weiß ich nicht, Euer Gnaden.“
    „Machte Miss Shane den Eindruck, als ob sie über irgendetwas bekümmert sei?“
    „Sie schien eher vergnügt, jedenfalls im Vergleich zum Vorabend. Sie hatte gestern Nacht überhaupt nicht geschlafen. Das merkte ich heute Morgen, Euer Gnaden.“
    „Danke. Das wäre alles“, sagte der Herzog.
    Die Straße nach Vauxhall war schlecht, aber der Wagen des Herzogs legte die Strecke in kürzester Zeit zurück. Wenn man aus den dunklen Straßen zu den berühmten Gärten gelangte, die von siebenunddreißig Lampions erhellt waren, so war man zunächst fast geblendet. Der Herzog achtete jedoch nicht darauf, sondern schlug sofort den Weg zur Rotunde ein. Dort befand sich die Bühne mit den Garderoben, die kürzlich dahinter eingerichtet worden waren.
    Er klopfte an eine Tür mit dem Schild „Señorita Deleta“. Eine alte Frau machte ihm auf. Ihr Haar war gefärbt, sie trug ein fleckiges Kleid aus Satin und war über und über mit billigem Schmuck behangen. Als sie den Herzog sah, grinste sie ihm entgegen.
    „Guten Abend, Euer Gnaden. Schön, dass Sie kommen. Die Señorita hat schon sehr gewartet.“
    Der Herzog nahm keine Notiz von ihr, sondern betrat die Garderobe. In dem kleinen, erstickend warmen, nach Blumen, Parfum und Schminke riechenden Raum saß die Señorita am Toilettentisch vor dem Spiegel. Sofort sprang sie mit einem Freudenschrei auf.
    Sie war klein, hatte die bräunliche, fast goldene Haut und die blitzenden Augen ihrer spanischen Vorfahren, dazu die vollendete Anmut eines ungezähmten Tiers. Von ihr ging eine Verführung aus, wie sie Lilith im Garten Eden besessen haben musste, als Adam ihr verfiel.
    „Señor, ich dachte schon, Sie hätten mich vergessen.“
    „War mein Mündel hier?“
    Als die Señorita betroffen schwieg, fügte er hinzu: „Ja, sie war hier. Wohin ist sie gegangen?“
    „Ich weiß gar nicht, von wem Sie reden“, log sie. „Ach, mein angebeteter Señor, ich habe so lange auf Sie gewartet. Setzen Sie sich doch zu mir.“
    „Mein Mündel, Miss Shane, ist hier gewesen“, beharrte der Herzog. „Wann war das, und wohin ist sie gegangen?“
    Nun stampfte die Señorita mit dem Fuß auf. „Was weiß ich von diesem jungen Ding? Sie kommt und benimmt sich mir gegenüber ziemlich frech. Ich habe ihr nichts zu sagen, und sie verschwindet. Das ist alles. Was geht das uns beide an, Señor?“
    „Was haben Sie ihr gesagt?“, fragte der Herzog drohend.
    „Nichts. Warum ist das Mädchen gekommen, um mich auszufragen? Sie ist in Sie verliebt, Señor, aber Sie gehören nur mir, mir! Das habe ich ihr gesagt.“
    „Das war ein Irrtum“, erwiderte der Herzog eiskalt.
    Er holte eine Geldbörse aus der Tasche und warf sie auf den Schminktisch. Als er zur Tür ging, schrie die Señorita auf.
    „Sie verlassen mich, Señor? Nein, nein, das ist unmöglich! Das können Sie nicht tun. Ich liebe Sie, Sie gehören mir!“
    Sie lief ihm nach und umklammerte ihn, aber der Herzog drückte sie mühelos zur Seite, als sei sie ein Kind. Als er die Garderobentür geschlossen hatte, hörte er noch, wie sie ununterbrochen nach ihm rief, zuerst hoffnungsvoll, dann aber in hemmungsloser Wut.
    Ravella war am Abend im Garten von Ranelagh ganz verstört gewesen. Das Gespräch hinter dem Fliederbusch, das sie zufällig belauscht hatte, lastete mit unerklärlichem Druck auf ihr. Sie war froh, als man sie nach der Rückkehr nach Melcombe-Haus endlich allein ließ.
    Auch am nächsten Tag kreisten ihre Gedanken immer wieder um denselben Punkt. Wie war Señorita Deleta? Was bewunderte der Herzog an ihr? Fühlte er sich nur von ihrer Schönheit angezogen, oder besaß sie einen Zauber besonderer Art? Irgendetwas, das Ravella nachahmen könnte?
    An dem ruhigen Nachmittag, den sich die beiden Damen vorgenommen hatten, fand Ravella keine innere Ruhe. Lady Harriette saß mit einer Handarbeit im Boudoir. Ravella

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