Gleichklang der Herzen
betrachtete.
„Wroxhams Vermögen verdeckt gnädig meine Verfehlungen“, meinte er spöttisch.
„Man liebt Ravella um ihrer selbst willen“, sagte Lady Harriette. „Ich kann nicht glauben, dass man es nur auf ihre Mitgift abgesehen hat.“
„Glaub, was du willst, liebe Schwester. Ich versichere dir, dass sich niemand um Ravella kümmern würde, wenn sie arm wäre.“
Lady Harriette wusste, es war unnütz, ihm zu widersprechen. Um das Thema zu wechseln, drückte sie ihm nochmals ihre Dankbarkeit aus.
„Für mich ist es hier das Paradies. Wie soll ich dir nur sagen, wie glücklich ich bin und wie lieb mir Ravella geworden ist.“
„Ist sie auch glücklich?“
„Wie im Himmel, jedenfalls solange du dabei bist.“
„Sie sollte endlich nüchterner werden“, bemerkte der Herzog streng. „Wir können uns nicht dauernd um sie kümmern.“
„Aber du weißt doch, dass Ravella alles nur genießt, wenn du daran teilnimmst. Es ist die reine Wahrheit.“
Das wollte der Herzog nicht hören, ging hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Gleich darauf stürzte Ravella herein. Sie hielt eine große runde Hutschachtel in den Händen.
„Meine neuen Hüte sind angekommen! Ich möchte sie gleich probieren. Oh, Lady Harriette, meinen Sie, dass sie dem Herzog gefallen?“
„Ich denke schon, aber kommt es darauf an? Es wird genug andere Männer geben, die dich bewundern. Ich möchte dich etwas fragen, Kind. Hast du bereits ernsthaft über einen der Heiratsanträge nachgedacht, die man dir machte?“
„Natürlich nicht!“ Ravella lachte verächtlich. „Ich halte mir die albernen jungen Leute möglichst vom Leib. Wenn sie mir trotzdem einen Antrag machen, sage ich sofort Nein und laufe zu meinem Vormund. Bei ihm fühle ich mich sicher.“
„Du machst mir Kummer. Was soll aus dir werden? So kann es doch auf die Dauer nicht weitergehen. Du wirst älter, wirst deinen eigenen Hausstand gründen wollen. Was Sebastian betrifft … Es ist doch möglich, dass er heiratet.“
„Heiratet?“ Ravella versagte fast die Stimme. „Hat er das vor?“
„Nein, natürlich nicht. Sieh nicht so betroffen aus, Kind. In fernerer Zukunft ist es aber immerhin möglich. Es würde mich freuen, dich mit einem sympathischen jungen Mann verheiratet zu wissen.“
Ravella hatte keine Lust mehr, die Hüte aufzusetzen, sondern fragte ernst: „Sagen Sie mir bitte, ob Sie jemals verliebt gewesen sind, Lady Harriette?“
„Ja, als ich so alt war wie du.“
„Wie war das?“, wollte Ravella wissen.
„Das kann ich kaum beschreiben. Wir waren beide sehr jung und wussten von Anfang an, dass unsere Liebe hoffnungslos war. Weder er noch ich hatte Geld. Unsere Eltern hätten uns nie erlaubt zu heiraten. Ich habe ihn nie wiedergesehen und bete nur darum, dass er glücklich geworden ist.“ Ravella hätte das Gespräch gern fortgesetzt, aber Lady Harriette wich ihr aus.
„Wir können nicht den ganzen Nachmittag verplaudern. Ich muss alle diese Einladungen beantworten, und dann müssen wir uns umziehen. Heute Abend sind wir in Ranelagh zu Souper und Ball eingeladen.“
In einem bezaubernden blassblauen Kleid war Ravella die Schönste auf dem Ball, den die Gräfin von Chevron in Ranelagh gab. Es war an diesem Abend sehr heiß, und Ravella fühlte sich ermüdet. Sie bat daher ihren Tanzpartner, sie in den Garten zu begleiten.
Er führte sie zu einer Bank vor einem Fliederbusch. Sie bat ihn, ihr eine kalte Limonade zu holen, und er kehrte daraufhin ins Haus zurück.
Es tat ihr wohl, schweigend in der Kühle zu sitzen. Den Herzog vermutete sie im Salon beim Kartenspiel. Lady Harriette, die in einem Kleid aus rosa Satin hübsch und jugendlich aussah, war eine begehrte Tänzerin. Plötzlich hörte Ravella Stimmen hinter dem Fliederbusch.
„Wie finden Sie sie?“, fragte eine Frauenstimme.
„Reizend“, sagte ein Mann. „Die hat es nicht mal nötig, obendrein auch noch reich zu sein.“
„Ja, hübsch ist sie. Ich möchte wissen, wie der Herzog zu ihr steht. Sein Typ ist sie nicht, aber bei Sebastian ist alles möglich.“
„Bevorzugt er überhaupt einen Typ? Denken Sie doch an Sophie, Georgiana, Clara und natürlich die arme Emily.“
„Zählen Sie bloß nicht alle auf!“, protestierte die Frau. „Wahrscheinlich will Sebastian nur Alister ärgern. Die Kleine ist zu jung für ihn und unglaublich harmlos.“
„Ich kann Ihnen versichern, dass der Herzog sich nicht für die kleine Shane interessiert, sondern für eine ganz andere
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