Gleitflug

Teil zu lesen. Ich kann ihn dir auch mailen, ganz wie du willst. Vielleicht kannst du etwas damit anfangen. Kommst du mit deinem Aufsatz voran?«
    »Jaja«, sagte Gieles. Er hatte noch keine Zeile geschrieben.
    Super Waling trank Wasser aus einer Flasche und betrachtete die Umgebung, als wäre sie ein altes Gemälde.
    »Dein Vater hat also nicht an den Flughafen verkauft«, sagte er ernst. »Das finde ich nobel. Sehr nobel.«
    »Für uns war es einfach praktisch«, meinte Gieles. »Mein Vater arbeitet nämlich auf dem Flughafen.«
    »Man kann auch einen katastrophalen Fehler machen, wenn man sein Heim verkauft«, murmelte Super Waling und strich wieder einer der Gänse über den Kopf. Die andere knabberte an seiner zeltgroßen Jogginghose. »Aber ich möchte dich nicht länger aufhalten. Wie ich sehe, willst du gleich ein bisschen Pingpong spielen.«
    »Tischtennis.«
    »Oh, Entschuldigung. Tischtennis. Gegen wen?«
    Gieles wusste, dass Super Waling ihn nicht auslachen würde.
    »Mein Gänschen. Das kleine.«
    Waling zog amüsiert die Brauen hoch und sagte etwas, das im Lärm unterging. Sie warteten, bis das Flugzeug am Haus vorbei war.
    »In diesem Fall«, wiederholte Super Waling, »wäre es eine Ehre für mich, zuschauen zu dürfen.«
    Gieles kicherte. »Es ist allerdings ihre erste Stunde.«
    »Macht nichts, macht gar nichts. Es wird auch meine erste Stunde sein. Ich bin völlig unbedarft, was diesen Sport angeht.«
    »Dann bringe ich es dir auch bei«, schlug Gieles vor, bereute es aber sofort, denn er sah jede Menge Schwierigkeiten voraus. Doch Super Waling war schon dabei, sich hochzuwuchten, und rief begeistert: »Das ist eine wunderbare Idee!«
    »Okay«, sagte Gieles und wandte den Blick ab. »Okay. Dann hole ich jetzt mal die Schläger. Und die Bälle.«
    Als er wieder aus der Scheune kam, stand Super Waling an der Platte. »Auf, Seele, auf«, murmelte er. Diese Wörter standen über dem Scheunentor. »Kennst du das Lied?«
    Gieles schüttelte den Kopf und trat gegen eines der rostigen Beine, damit der Tisch wieder gerade stand.
    Super Waling legte die Hand aufs Herz. »Auf, Seele, auf und säume nicht! Es bricht das Licht herfür. Der Wunderstern gibt dir Bericht, der Held sei vor der Tür … Den Rest habe ich vergessen«, sagte er. »Zu Hause haben wir dieses Lied zu Weihnachten gesungen. Und? Stehe ich richtig?«
    Er fragte es so voller Selbstironie, dass Gieles sich das Lachen nicht mehr verkniff.
    »Du musst ungefähr einen Meter Abstand vom Tisch halten.«
    Super Waling machte zwei Schritte rückwärts.
    »Die Art, wie man den Schläger hält, ist entscheidend für die Technik. Ich persönlich bin für die Shakehand-Haltung.«
    »Shakehand-Haltung«, echote Super Waling.
    »Ja, man greift den Schläger so, als würde man jemandem die Hand geben, dabei liegt aber der Zeigefinger hinten auf dem Blatt. Das sieht so aus.«
    Waling schaute ihm aufmerksam zu.
    »Die andere Möglichkeit ist die Penholder-Haltung, die ist besonders bei den Chinesen beliebt.« Gieles machte sie vor und reichte dann Waling einen Schläger. »Links oder rechts?«
    »Eigentlich rechts. Aber heute links. Du weißt ja, eine kleine Blessur.«
    »Mit links geht es auch.« Gieles überlegte, ob Waling sich wohl das Handgelenk gebrochen hatte. »Das Wichtigste ist, dass die Technik etwas Persönliches hat. Zum Beispiel eine aggressive Vorhand oder einen Sidespin.«
    Super Waling schaute ihn ratlos an.
    »Aber das ist natürlich alles noch zu schwierig für den Anfang. Jetzt kommt es erst mal darauf an, dass du nach dem Schlag wieder in der Grundhaltung stehst. Also so.«
    Sehr sorgfältig nahm Gieles die Grundhaltung ein. Super Waling versuchte es nachzumachen. Es sah lächerlich aus.
    »Nein, nein. Nicht so. Die Füße näher zusammen.«
    Er wechselte die Seite und stellte sich neben Super Waling. Erst jetzt fiel ihm auf, wie klein die Füße in den hellblauen Crocs waren. Seltsam, dass sie dieses Gewicht tragen konnten. Die Oberschenkel waren mindestens doppelt so dick, wie die Füße lang waren.
    »Sie sitzen sehr gut«, entschuldigte sich Super Waling. »Schuhe kann man sie ja kaum nennen. Aber was soll’s, ich sehe sie sowieso nicht.«
    Gieles nahm neben Waling die Grundhaltung ein. »Die Füße näher zusammen«, wiederholte er.
    »Ich fürchte, das geht nicht. Mein Bauch …«
    Gieles gab sich große Mühe, das weit herabhängende Bauchfleisch zu übersehen.
    »Versuch die Arme zu beugen. Neunzig Grad. Nein, nicht so nah am