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Gleitflug

Gleitflug

Titel: Gleitflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Gine Goemans
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Absicht?« Sie schaute ihn entsetzt an. »Ihre eigene Mutter?«
    »Ja.«
    »So eine Drecksau.« Sie ließ sich wieder auf das schmale Bett fallen. Über die Sache mit dem Bügeleisen kam sie nicht so leicht hinweg, mehrmals wiederholte sie das Wort Drecksau. In ihrer Aussprache klang es komisch.
    Gieles überlegte, ob er ihr solche schrecklichen Geschichten überhaupt erzählen durfte. Nicht, dass sie sich auch noch unter dem anderen Auge tätowieren ließ. Nach einer Weile schaltete sie um auf ihr »Mixematose«-Kaninchen, Astrologie und Jake Gyllenhaal. Dann lachte sie ausgelassen über Gieles’ Gänsegeschichten und die geplante Tischtennisvorführung.
    »Warum bist du eigentlich allein?«, fragte sie plötzlich.
    »Wie meinst du?«
    »Ohne Geschwister. Wie ich.«
    »Meine Mutter meinte, ein Kind ist genug.«
    »Wegen der Übervölkerung?«, fragte sie verständnisvoll. Er merkte schon, dass sie seine Mutter unglaublich cool fand.
    »Nein, für sie selbst. Mich zu haben empfand sie schon als belastend.« Er presste seine Schläfe. »In geistiger Hinsicht.«
    Meike schwieg und blickte stirnrunzelnd vor sich aufs Bett, als müsse sie eine schwierige Gleichung lösen.
    »Das versteh ich nicht«, sagte sie nach einiger Zeit.
    Ich auch nicht .
    Onkel Fred klopfte an die Tür, aber sie hörten es kaum. »Gieles!«, rief er und kam ins Zimmer. »Gehst du denn gleich ins Bett? Du musst morgen zur Schule.« Er schaute auf sein Handgelenk, obwohl er nie eine Uhr trug.
    »Jaaa«, sagte Gieles und blieb noch eine Viertelstunde beiMeike. Dann verließ er schwindelig vor Verliebtheit das Haus, um Wallie zu holen.
    In der Nacht konnte er nicht einschlafen. Er fantasierte. Von Meike und sich selbst. Meike trug ein weißes, flatterndes Kleid, und ihr Haar hatte seine natürliche Farbe – obwohl er gar nicht wusste, welche das war. Blond stand ihr seiner Ansicht nach am besten, und er stellte sie sich mit einem blonden Pferdeschwanz vor. Das Piercing und das Tattoo löschte er. Sie waren im Wäldchen, lagen Hand in Hand auf dem Rücken im Gras und hörten den Vögeln zu. Gänse flogen so tief über sie hinweg, dass sie bei jedem Flügelschlag die Federn rascheln hörten. Flugzeuge existierten nicht. Während er sich unruhig im Bett wälzte, richtete er das Wäldchen nach seinem Idealbild ein. Es gab einen kleinen See mit klarem Wasser und einem weißen Sandstrand. Der Rest des Ufers war ringsum mit hohem Schilf bewachsen, so dass niemand sie im Wasser beobachten konnte.
    Die Sonne beschien ihre Haut, und gleich würde sich Meike auf ihn setzen wie Sophia auf Ide Warrens. Aber zuerst wollten sie ins Wasser. Meike sagte, ihr sei warm, und stellte sich auf den hellen Sand. Sie ließ ihr weißes Kleid fallen. Wallie schmiegte sich in sein Haar. Er versuchte, Meikes Körper zu skizzieren. Ihre Brüste waren groß und fest, die Brustwarzen klein, aber er wusste nicht, welche Farbe er ihnen geben sollte. Waren sie braun? Rotbraun? Graubraun? Welche Farbe hatten Brustwarzen?
    Und ihr Schamhaar? Blond fand er unten weniger schön, andererseits wären ein blonder Pferdeschwanz und schwarzes Schamhaar eine komische Kombination. Und ohne Schamhaar wäre sie zu kindlich. Toon behauptete zwar, eine rasierte Möse sei das Schärfste, aber Toon erzählte den größten Schwachsinn.
    Meike war nackt. Weil er nicht nackt schwimmen wollte, verpasste er sich eine O’Neill-Surferhose. Er machte sich brauner und muskulöser.
    Es gab auch einen Steg, und von dort aus vollführte Gieles einen sportlichen Startsprung, während Meike ihm bewundernd zuschaute. Sie stand bis zum Hintern im Wasser. Er schwamm mit kräftigen Zügen auf ihr farblich nicht festgelegtes Schamhaar zu, baute sich vor ihr auf, griff sie um die Taille und hob sie hoch. Ungefähr an dieser Stelle schlief er ein.
    Völlig unausgeschlafen wachte er um sieben Uhr auf und tappte die Treppe hinunter, Wallie im Arm. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sie zu verstecken. Im Flur stank es nach Zigarettenrauch. Er öffnete Vorder- und Hintertür und hoffte, dass der Durchzug den Geruch vertrieb, bis die anderen aufstanden.
    Er aß ein Rosinenbrötchen und ging zu Meikes Tür, um zu horchen, ob sie wach war. Draußen gab er den Gänsen Spezialfutter für Wasservögel und versuchte durchs Fenster etwas von Meike zu erspähen, aber wegen der verblassten blauen Vorhänge war nichts zu erkennen. Im Flur nahm er seinen Rucksack und legte noch einmal das Ohr an ihre Tür. Dann holte er sein Rad

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