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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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allen Seiten.
    Hill räusperte sich und hustete in seine Serviette. »MeinHerr, ich bin sicher, Ihr wisst, dass Eure Rebellion wider die Krone in den letzten Zügen liegt. Deshalb seid Ihr gekommen, und Ihr habt recht daran getan. Ihre Majestäten William und Mary bieten Euch und Euren Leuten Pardon, wenn Ihr Euren Irrtum bereut und Eure Waffen niederlegt. Sollte Euch darüber hinaus mit einer gewissen Summe gedient sein, so wird Breadalbane dafür Sorge tragen.«
    Keppoch lachte und kratzte sich mit dem Messer Fleischfetzen zwischen den Zähnen heraus. Hill hustete erneut. Rob verschränkte die Finger um den Hals seiner Flasche und starrte auf seine weißen Knöchel. Schließlich nahm Keppoch sich ein Stück Konfekt, biss hinein und verzog das Gesicht. »Ach nein, Hill!«, rief er und warf die Süßigkeit auf den Tisch. »Das denn doch nicht. Bei Euch vertrocknetes Zuckerwerk naschen und falschen Königen huldigen, das taugt nicht für den Sohn vom alten Keppoch. Wenn Ihr mich fragt, taugt es nicht mal für den Sohn der alten Campbell.« Er stemmte sich hoch. »Habt Dank, mein Guter. Ich mache mich vom Acker, ehe Küchenmeister Schmalhans noch verhungerte Ratten serviert.«
    »Aber Ihr seid doch gekommen …« Die Enttäuschung machte Hills Gesicht uralt. Hier ging der einzige Erfolg, auf den er gehofft hatte.
    Keppoch klopfte ihm auf die Schulter. »Ich bin gekommen, weil Lochiel wissen wollte, was wir von Eurer Garnison zu befürchten haben. Armer Hill. Ihr seid noch immer der Alte. Einem Hochländer dürft Ihr zwar guten Gewissens Eure Tochter anvertrauen, aber glauben dürft Ihr uns kein Wort!«
    Man hätte den Schurken festnehmen und ihm die Haut von den Knochen peitschen müssen, bis er schwor, was er zugesagt hatte. Hill aber ließ ihn samt Gefolge seiner Wege ziehen. »Das haben wir uns wohl verdorben«, murmelte er Rob zu.
    »An uns liegt es nicht«, erwiderte jener ohne Überzeugung. »Dieser Kerl ist der Teufel. Er hatte von Anfang an vor, uns zu betrügen.«
    »Aber wir hätten ihn umstimmen können. Der harte Kurs des Herrn von Argyll liegt Euch doch so wenig wie mir, nicht wahr?«
    »Es ist mein Volk«, entfuhr es Rob.
    »Ja, es ist Euer Volk, und ich sorge mich um Euch«, sagte Hill. »Wünscht Ihr, dass ich mich bei Argyll dafür verwende, dass man Euch anderswohin beruft, damit Ihr nicht gegen Eure Nachbarn kämpfen müsst?«
    Tu, was du nicht lassen kannst, aber es wird Argyll kein müdes Augenzwinkern wert sein , dachte Rob. Laut erwiderte er: »Wenn diese Garnison verstärkt wird, sodass sich ein Viehdieb wie Coll nicht länger ins Fäustchen lacht, müssen wir nicht kämpfen.«
    »Darin mögt Ihr recht haben.« Hill hustete. Bald würde das magenkranke Männlein an seinem Bluthusten ersticken. »Was aber, wenn kein Geld da ist, wenn wir auf uns gestellt bleiben?«
    Die Männer sahen sich an. Nur einen Herzschlag lang ertrugen beide das Flackern der Furcht in den Augen des anderen, dann blies Hill die Kerzen aus.

    Solange das Wetter es erlaubte, übten sich die Männer von Glencoe mit Waffen und gaben ihren Söhnen Unterricht. Für gewöhnlich erhielt ein Knabe seine erste Lektion, wenn er acht Jahre alt war und eine gewisse Breite in den Schultern erlangt hatte, doch es gab auch Jungen, die früher bereit waren, und andere, die man noch schonte, weil sie zu klein oder zu zart erschienen. Sandy Og war weder klein noch zart gewesen, hatte sich aber so ungeschickt angestellt, dass sein Vater ihm zuerst eine Tracht Prügel und sodann ein weiteres Jahr in der Obhut der Frauen verordnet hatte. Die Prügel bekam er, damit niemand glaubte, der MacIain ließe seinen Söhnen Schwäche durchgehen. Die Hoffnung, ein paar Dutzend mit dem Stockrichteten bei dieser Memme von Sohn noch etwas aus, hegte er zu jener Zeit jedoch gewiss nicht mehr.
    John dagegen hatte zu jenen Knaben gehört, die vor der Zeit das Holzschwert führen und den Jagdbogen spannen konnten. Sandy Og hatte ihm hinter einem Baumstamm versteckt häufig zugesehen, Hände und Wangen glühend vor Bewunderung. Sein Bruder focht mit Messer, Schwert und Dolch so mühelos, so ganz eins mit sich, wie seine Milchschwester tanzte.
    Als das Jahr um war, unterwies der MacIain seinen Jüngsten nicht selbst, sondern bat den alten Achtriachtan, ihn zusammen mit seinen Söhnen auszubilden. Die Kränkung hatte sich Sandy Og ins sonst so schlechte Gedächtnis gebrannt. Er hätte den Vater anbetteln wollen, ihn lieber täglich zu prügeln, als ihn

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