Glencoe - Historischer Roman
und damit nicht meine Kraft. Es drängte ihn, den Mann zu quälen, der ihm alles genommen hatte, wie er sich einst danach gesehnt hatte, die Körper draller Mädchen zu liebkosen.
Trommeln und Pfeifen schwollen noch einmal gegeneinander an, dann verstummten sie.
»Kommst du als Feind?«, fragte der MacIain.
»Als Freund«, erwiderte Rob und starrte Sandy Og ins Gesicht. Ich will deine Frau und deine Schwestern schänden. Ich will dich in die Knie zwingen, deinen Kopf zwischen meine Beine klemmen und dir das Fleisch von den Knochen peitschen. »Ich überbringe eine Nachricht von John Campbell, dem Herrn von Breadalbane.«
»Von Verrätern empfangen wir keine Nachricht«, trumpfte John auf. »Erst recht nicht von einem wie Euch, der den roten Rock des Thronräubers trägt.«
Der MacIain schlug mit dem Zügelende nach seinem Sohn und zischte ihm etwas zu. Dann wandte er sich wieder an Rob. »Was für eine Nachricht ist das?«
»Der Herr von Breadalbane ist kein Verräter, sondern wie Ihr um die Sache der Stuarts besorgt«, wiederholte Rob, was ihm aufgetragen worden war. »Nur sorgt er sich nicht minder um die Zukunft Lochabers. Daher lädt er die Chiefs der Täler zu einer Unterredung auf seiner Festung Achallader ein, um über das klügste Vorgehen zu beraten.«
»Lädt er zu solchen Unterredungen nicht schon den ganzen Winter lang ein?« Der MacIain lächelte so milde, dass Rob ihm recht gern ins Gesicht geschlagen hätte. »Verfluchter Teufelskuss! Rob, was soll das Palavern? Kennst du uns nicht besser? Kannst du nicht deinem Herrn Geld und Atem sparen? Wir sind Männer von Killiekrankie, wir bleiben Jamie treu, auch wenn sich auf Achallader die Tafeln biegen und der graue John uns Honig in die Ohren träufelt.«
»Breadalbane ist nicht mein Herr.«
»Tatsächlich nicht? Und wer ist es dann? Der winzige Willie ohne Schwänzchen? Und Archie Argyll? Armer Rob, ein Tropf wie du dient vielen Herren – nur sich selbst dient er weder im Leben noch im Tod!«
Die Männer um ihn lachten. Nur Sandy Og lachte nicht.
»Ich spreche die Einladung aus«, rang Rob sich ab und sehnte sich nach dem letzten Whisky in seiner Sattelflasche. »Es ist zu Eurem Besten, sie anzunehmen.« Und zu meinem, denn mir lastet man den Misserfolg an.
»Rob, es ist spät.« Der MacIain trieb seinen Riesengaul neben Robs Pony und hatte auch noch die Stirn, ihm auf den Rücken zu klopfen. Er roch nach Leder und Zwiebelfleisch und so sehr nach Mann, dass Rob übel wurde. »An Breadalbane kannst du morgen denken. Heute Nacht bist du Gast bei mir in Carnoch. Meine Morag tischt tüchtig auf, und nachher stopfen wir zwei uns eine Pfeife und gönnen uns ein Würfelspielchen. Nicht um Geld, versteht sich, nur um Ehre!« Er lachte los und hieb ein weiteres Mal auf Robs Rücken ein.
»Ich komme gern zum Würfeln zu Euch.« Rob hoffte, dass außer ihm selbst keiner merkte, wie seine Stimme zitterte. »Aber den Einsatz verlange ich in Münzen. Meinen Söhnen Mädchen zu erspielen, habe ich nicht nötig.«
Das Schweigen war sein Sieg. John langte zwar nach seinem Dirk, doch des Vaters Blick gebot ihm Einhalt. Der Alte kannte seine Pflicht als Gastgeber, und Sandy Og steckte die Ohrfeige ein. Feigling!, frohlockte Rob. Kastrierter Köter! Verbindlich lächelte er. »Die Nacht wünsche ich im Haus von Verwandten zu verbringen – bei meiner Nichte Sarah und ihrem Mann.«
Die Männer schwiegen noch immer. Nur Sandy Og straffte den Rücken. »Der Oheim meiner Frau ist willkommen.«
Seine Stimme rief in Rob die Erinnerung an jenen Herbsttag wach. Seine Mutter, die alte Teufelin, war zur Hölle gefahren, ohne ein gutes Wort für ihren Ältesten zu erübrigen, aber er, der Verkannte, hatte ihr dennoch Ehre gemacht: Ihr Begräbnis hatte dem einer Heldenmutter geglichen, und Rob hatte sich mit all seiner Leibeskraft sein Erbe erstritten. Bis dieser Kerl gekommen war. Der Beifall und das Entzücken der Mädchen waren Rob ebenso deutlich im Ohr geblieben wie ihr Verstummen und das hämische Geflüster.
Sandy Og wischte sich das Haar aus dem Gesicht und wendete, ohne den Zügel zu benutzen, sein Pferd. »Wollt Ihr mir folgen?« Seine Brauen waren dunkler als sein Haar, sein ganzes Antlitz finster, die Höflichkeit, die er sich aufzwang, eine allzu dünne Haut.
Rob hatte sich mitunter ausgemalt, wie Sarah und Sandy Og leben mochten, in welch gestohlenem Prunk. In Wahrheit war das Haus, das sie bewohnten, gerade eben sauber zu nennen, kleiner als die Kate,
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