Glencoe - Historischer Roman
Jüngling vom Pferd. »Es ist Beltane!«, brüllte er, »und wer, wer, wer hat die fettesten Rinder und die schönsten Weiber von Lochaber?«
Der MacIain war das Leben selbst. Ehe du den totkriegst , sagten seine Feinde, reißt du die Heide mit Stumpf und Stiel aus dem Grund . Er zog seine Frau in die Arme und drückte sie an sich wie einer, der sich noch ein Dutzend Söhne wünscht. Morag, die Lady Glencoe, trug das weiße Arisaid noch immer mit Würde. Einst war sie die lieblichste Blume des Tales gewesen. Die war jetzt Ceana, ihre Milchtochter, die sich der MacIain als Tänzerin holte, sobald die Runde mit seiner Frau vorüber war.Bei alledem war ihm nicht die geringste Sorge anzumerken. War die Zusammenkunft mit Lochiel also glücklich verlaufen, oder verbarg der MacIain nur, was ihn bedrückte?
Er tanzte zweimal mit Ceana um den Weidenbaum, dann tanzte er mit seiner Tochter Gormal, anschließend mit seiner Schwiegertochter Eiblin, der er für den Enkel, den sie ihm geschenkt hatte, einen schnalzenden Kuss auf die Wange setzte. Als John sie ihm wieder abnahm, sah der MacIain sich um.
Auch wenn Sarah sich hinter einem Baum verbarg, entdeckte der Chief sie. »Magst nicht tanzen, a graidh ?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Und Wein?«
Zögerlich blickte sie auf. Sein Wein war als so vorzüglich bekannt, dass man das Haus ihres Schwiegervaters auch »Haus der Weinbecher« nannte. Er würzte seinen Wein selbst und machte ein großes Geheimnis darum. Als sie ihn einmal gefragt hatte, was er hineingab, hatte der MacIain seinen wild behaarten Kopf an ihr Ohr gelegt und »Erde« geflüstert. Jetzt hob er die Brauen. Sarah nickte. Er strich ihr das Haar von der Schläfe, dann ging er und kehrte mit Krug und Becher zurück.
»Müsst Ihr fort, Vater MacIain? Ruft Lochiel Euch für König Jamie in die Schlacht?«
»Ah bah! Bist du ein Kerl, dass du mir solche Fragen stellst? Sehen Kerle etwa neuerdings so reizend aus?«
Nein , dachte Sarah. So sieht eine Campbell aus. Und hängt nicht von solchen Fragen ab, ob ich in Glencoe bleiben darf? »Lasst es mich wissen«, bat sie ihn.
»Verfluchter Teufelskuss!«, stieß der MacIain aus. »Ich lass dich was anderes wissen, denn das geht dich an: Dein Mann, mein Sohn Sandy Og, ist ein Glückspilz vor dem Herrn und steht trotzdem in der Beltane-Nacht herum wie ein verstaubter Weihepriester. Wenn du willst, geh ich zu ihm und mach ihm Beine.«
»Nein.«
»Was ›nein‹?«
Sie lachte. »Dass du Sandy Og Beine machst, will ich nicht.«
»Dann tu’s selbst«, sagte der MacIain und wies mit dem Kopf zu Sarahs Mann, der am Rand des Tanzgevierts stand, während ein schönes Mädchen mit hüftlangem schwarzen Haar an ihm zerrte.
Verrätst du mich, Sandy Og? Deine Leute würden sagen, es geschieht mir recht, aber wie kannst du mich verraten, du, der du gelobt hast, dass ich dir fehle, wenn nachts der Tod kommt und mich holt? »Hörst du mich, Sarah?«, drängte der MacIain. »Verlier keine Zeit, es ist spät, und ehe ihr die Bannocks bringt, will ich das Mannsvolk sprechen.«
»Warum, Vater MacIain?«
Er schüttelte den Kopf, dass seine Mähne wippte. Ihn zu drängen war sinnlos, er hatte ihr schon mehr verraten, als er wollte.
»Ich lege mich schlafen«, sagte sie. »Mir ist nicht wohl.«
»Aber es ist Beltane!«, begehrte er auf. »Ich bringe rasch diese Sache hinter mich, und dann brechen wir Bannocks, wie kannst du dich da schlafen legen?«
»Von Bannocks lasse ich besser die Finger.«
»Kreuzdummes Gewäsch!« Er schob ihr die Finger unters Kinn. »Du musst das vergessen, hörst du? Das bisschen Pech ist doch schon ewig und drei Tage her.«
Genau acht Jahre war es her. Damals hatte Sarah ihrem Mann dem Brauch gemäß den mit dem Kreuz gezeichneten Bannock übergeben, damit er ihn den Hang hinunterrollte und das Schicksal ihrer Familie daraus las. Sarah war in jener Nacht glücklich gewesen. Sie hatte in ihrem Leib gespürt, worauf sie lange gewartet hatte, und zum ersten Mal hatte sie gewagt, sich zu den anderen Frauen zu stellen und jeden Bannock zu bejubeln. Sie war keine Fremde mehr, und wenn erst das Kind da war, wäre sie eine aus Glencoe.
Ihr Bannock aber war nicht bis nach unten gerollt. Sie hatteden Teig nicht fest genug geknetet, und auf einer Wurzel war das Gebäck zu Krumen zerplatzt. Das Gelächter der Frauen hatte Pfeifen und Fiedeln übertönt. Sechs Monate später wurde Duncan geboren.
»A graidh?«, drängte der MacIain wieder und holte sie damit aus
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