Glencoe - Historischer Roman
Hause gekommen und hatte Ceana zum Tanz aufgefordert, wie er es getan hatte, seit sie ein kleines Mädchen war. Auch jetzt, im Alter, war er noch immer der beste Tänzer im Tal. Während er sie umherschwang, mit so viel Kraft in den Armen und so viel singender Sehnsucht in den Beinen, hätte sie vergessen können, wer sie war.
Aber sie vergaß es nicht. Solange sie tanzte, hörte sie nichts als die Pfeifen und das Klopfen von Hacke und Spitze, tapeditap tapeditap, aber als der MacIain stehen blieb, vernahm sie wieder den Schmerz. Der Schwindel fiel von ihr ab, und die Nebel lösten sich. Bei der Ginsterhecke stand ein Mann mit ungekämmtem Haar, das Plaid schief übergeworfen, das verwaschene Hemd in den Gürtel gestopft. Es ist ein Kreuz mit dem Bengel , hatte seine Mutter gestöhnt und ihm eins übergezogen, noch als er ihr längst über den Kopf gewachsen war. Ein Sohn des jungen John in der Heide hat auf seine Erscheinung zu achten . Dieser Gedanke brachte den Schmerz in Ceanas Herzen zumSieden. Sandy Og hatte nie gelernt, etwas auf sich zu halten. Nicht halb so hübsch wie sein Bruder war er. Und er konnte nicht tanzen.
Schon eilte Tam Henderson, der rotblonde Sohn des Pfeifers, auf sie zu; er hatte geduldig gewartet und sich den Tanz mit ihr verdient. »Ich sag den Pfeifern, sie sollen dein Lieblingslied spielen.«
Ceana schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht. Ich muss ausruhen.«
»Ausruhen?« Der Bursche riss sie an sich. »Ausruhen willst du und einem Mann den Tanz verwehren? Gerade mir, Ceana, wo du weißt, dass ich noch heute den MacIain um deine Hand bitten würde? Hörst du nicht, was alle reden? Vielleicht gehen wir morgen für König Jamie in den Krieg, und es wird der furchtbarste Krieg, in den Männer aus Lochaber je gezogen sind.«
Geschwätz wie dieses ermüdete Ceana. Männer brauchten das zuweilen: Protzerei, bis ihnen angesichts der eigenen Größe die Tränen quollen. Alle Männer. Fast alle. »Lass mich.«
Eine Ewigkeit schien zu verstreichen, ehe Tam sich trollte. Doch nun torkelte Calum, der Uralte, in immer engeren Kreisen um sie herum. Sie fürchtete sich vor ihm, weil er sie mit solcher Inbrunst beglotzte.
Ceana war ein wohlerzogenes Mädchen. Sie hätte das, was sie tat, sonst nie getan, aber etwas war in dieser Nacht verdreht. Vielleicht hatte Tam recht, vielleicht würden die Männer am nächsten Morgen in den Krieg ziehen und nicht zurückkehren. Sie ging zu dem Ungekämmten, packte ihn beim Unterarm, von dem er den Hemdsärmel weggerollt hatte, und grub die Finger in sein Fleisch. »Komm tanzen, Sandy Og.«
Er wandte den Kopf. Warum betrug dieser Kerl sich stets, als sei nichts so erschreckend wie ein Mensch, der ihn beim Arm nahm? Lächerlich! Mehr als einmal hatte sich Ceana gefragt, was sie an ihm fand. Es musste daran liegen, dass sie sich nur in den Augenblicken, in denen sie und er wie unter einerGlocke steckten, nicht allein fühlte. Er sah sie an. Seine Augen waren so dunkel, dass man selbst bei Tageslicht nicht sehen konnte, dass sie blau waren.
»Bist du taub? Tanzen sollst du!« Sie hatte schon zuvor, als die Männer das Kalb gebracht hatten, versucht, mit ihm zu reden, aber mit Sandy Og zu reden, wenn der nicht wollte, war, wie auf den Black Mount einzuschreien. Es klatschte einem immer nur das eigene Echo von der Felswand zurück.
»Du bist eine Gute. Weshalb soll die schönste Tänzerin zu Beltane mit dem miesesten Tänzer tanzen?«
»Weil sie’s will. Halt den Mund, und komm.«
»Nein, Ceana.«
»Und ob.« Sie zerrte.
Er tat, was er nicht hätte tun dürfen. Er lächelte. Vielleicht hätte sie sich andernfalls beruhigt. »Du kommst mit mir tanzen, oder ich rufe sofort ins Gemenge, was ich von dir denke.«
»Und was denkst du von mir?«
Ein blitzender Blick genügte. Er seufzte, zuckte mit den Schultern und folgte ihr mit gesenktem Kopf. Im Gedränge der Beltane-Nacht und mit einem Klotz von Mann, der nicht tanzen konnte, kämpfte sie um jeden Schritt, stolperte in seinen Armen und spürte Ellenbogen in den Rippen. Doch was machte das? Ceana wollte mit ihm in ihrer Glocke sein, ihn zwingen, sie anzusehen, schwarzblau und endlos, keinen anderen Menschen als sie. Glaubst du, ich weiß nicht, Sandy Og, dass auch in dir ein Schmerz brüllt, jedes Mal, wenn du Luft einziehst und Luft wieder ausbläst? Die, die du geheiratet hast, die Campbell, schmort in eigener Tunke und hat keine Augen für dich. Ich aber, wenn ich denn dürfte, würde dich streicheln, bis
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