Glencoe - Historischer Roman
ihren Gedanken zurück. »Hast du gehört, was ich sage?«
Ich will keine Zukunft aus durch Heide hoppelndem Naschwerk lesen , hätte sie dem MacIain entgegenwerfen können. Ich will wissen, was ihr bei Lochiel gesprochen habt, denn ich weiß, dass meine Zukunft daran hängt . Laut sagte sie: »Mir ist wirklich nicht wohl. Ich habe mich gewiss verkühlt.«
Der MacIain ließ ihr Kinn los, griff sich an den Schnurrbart und zwirbelte die Spitze. »Also troll dich, in Gottes Namen. Verkühlt oder nicht, diesem Lumpenhund von Sohn verpass ich ein paar Takte Saures.«
»Bitte nicht.« Obgleich Sandy Og nicht darüber sprach, wusste Sarah, wie er es hasste, wenn der MacIain ihn zusammenstauchte, wie es ihn am ganzen Leib juckte, als übergieße sein Vater ihn mit etwas, das klebte und stank. Wer den MacIain kannte, wollte ihm gefallen – Sandy Og, dem es nie gelang, mehr als alle anderen. Sie nahm die Hand des Alten und drückte sie an ihre Wange. »Gute Nacht, Vater MacIain.«
»Gute Nacht, a graidh . Gib auf dich acht.«
So ging sie heim. Sie hätte Duncan ins Haus rufen sollen, denn ihr verkrüppelter Sohn hatte in einer solchen Nacht nichts Gutes zu erhoffen, doch sie ließ ihn bleiben. Sie würde ihm nichts abnehmen können, keine Schläge, keine verletzenden Worte, und insgeheim wünschte sie, dass er in ihnen badete wie einst im Zulauf des Coe, bis ihm Hornhaut wuchs. Ich bin eine Versagerin, und mein Sohn ist mein schändlichstes Versagen, aber nur ich bin feige. Mein Sohn ist voll Mut.
Sie ging zu Bett, ließ aber die Kerze brennen, weil Sandy Og die Dunkelheit hasste. Im Kopf war ihr heiß, doch ihre Haut war kalt. Gehst du morgen in den Krieg, Sandy Og, und kommstdiese Nacht nicht zu mir? Weißt du nicht mehr, welche Angst ich hatte, dass der Tod mich nachts holt und es keiner merkt? Einst hatte Sandy Og ihr versprochen, dem Tod die Zähne auszuschlagen, sollte dieser es versuchen.
Und wenn du einschläfst, Sandy Og? Du schläfst doch immer ein, und wenn der Tod sich anschleicht und nimmt mich mit, was tust du dann?
Sie war erst sechzehn gewesen, andernfalls hätte sie kaum den Schneid besessen, solch eine Frage zu stellen, und Sandy Og, der eben zwanzig war, hatte sich am Kopf gekratzt, überlegt und endlich gesagt: Dann wein ich um dich. Ich begrab dich auf der Eilean Munde, geh in die Berge und sing dir das Lied.
Das hatte Sandy Og versprochen, obwohl er nie sang.
Pfeifen riefen, Flöten gellten, Trommeln schlugen. Sarah sprang aus dem Bett und schloss den Fensterladen. Und dennoch trug der Nachtwind, der am Laden rüttelte, den Lärm des Festes bis in ihre Kammer.
Ceana liebte es, wenn die Pfeifen zum Tanz spielten, und die Pfeifen, die zum Tanz spielten, liebten Ceana. So war es schon gewesen, als sie ein Kind gewesen war; Lady Glencoe, die sie Mutter Morag nennen sollte, erzählte es immer wieder: Ceana hatte am Boden gehockt, eine Schüssel Bohnen zum Verlesen auf den Beinchen, und wenn sie vor dem Haus die Pfeifen gehört hatte, war sie in die Höhe geschnellt, und die Schüssel war auf den Fliesen zersprungen.
Ceana hatte weder Mutter noch Schwestern und spürte tief im Herzen einen ständigen Schmerz, der mit jedem ihrer Atemzüge Luft einzog und Luft ausblies. Ceana war schön, aber es nützte ihr nichts, denn es gab nur eines, das ganz ihr gehörte: der Tanz. Wenn Ceana tanzte, hörten andere zu tanzen auf, um den Takt ihrer Füße zu klatschen. Tapeditap tapeditap. Niewar zum Tanzen so viel Raum, nie machte der Tanz so vergessen, dass er irgendwann enden würde. Ceana hatte an diesem Abend getanzt und getanzt. Um den Weidenbaum tanzte sie, den Rundtanz mit den anderen Frauen, danach zwei Sprungtänze und endlich den Reihentanz der Paare. Der blonde Doug von Larroch, der nach ihr schmachtete, packte sie herzhaft und wirbelte sie durch ein johlendes Spalier, bis sein ebenfalls blonder Bruder sie ihm stahl. Danach drängten sich Burschen, die mit ihr tanzen wollten, aber Ceana wählte ihren Milchbruder John, der ein Bild von einem Kerl war und beinahe so gut tanzte wie sein Vater.
Tapeditap tapeditap. Spielt, ihr Pfeifer, spielt euch die Lungen aus dem Leib. Ich hab in meinem Herzen einen Schmerz, der mit mir Luft einzieht und Luft wieder ausbläst. Spielt lauter, auf dass ich sein Rasseln nicht höre! Ceana tanzte mit ihrem Milchschwager von Achtriachtan und mit dem Tacksman von Achnacone, mit einem nach dem andern, bis ihr schwindlig war, wie sie es mochte. Dann war der MacIain nach
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