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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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zitterndem Schnurrbarthaar die Nase zu recken, dann trippelte sie schnurstracks der Rampe und dem lockenden Köder entgegen. Kaum hatte sie die Vorderpfoten auf das Brett gesetzt und es mit einem Teil ihres Gewichtes belastet, schnellte der Bügel in die Höhe, traf die Ratte wie ein Fallbeil im Nacken und zerschmetterte ihr das Genick. Das erlegte Tier wurde zur Seite gedrückt, streckte die Läufe von sich und bot den fetten Leib dar, was es im Leben nie getan hätte. Die beiden Zuschauer standen noch kurze Zeit still, als fiele es ihnen schwer, das Gesehene zu fassen, obgleich nichts Ungewöhnliches daran war.
    »Der Appetit auf den altersschwachen Vogel ist mir vergangen«, tat schließlich Glenlyon mit einem Blick auf den aufgetragenen Hauptgang kund. »Ich denke, ich halte mich ans Dessert und an den Wein, der besser ist als alles, was man uns sonst zumutet.«
    »Es ist der letzte Krug von dem Fass, das ich im Sommer von Lochiel kaufte«, erwiderte Hill. »Ich wünschte, ich bekäme den Mann wieder einmal zu Gesicht und könnte ihm noch eines abhandeln.«
    Glenlyon verfiel in ein kurzes, brütendes Schweigen, ehe er erwiderte: »Mir hingegen wäre lieb, wir hielten uns Lochiel vom Hals. Ihr habt zweifellos recht, für uns Hochländer ist ein gegebenes Wort bindend, aber seit ich von diesen geheimen Artikeln weiß, erscheint es mir sicherer, vorerst niemandem zu trauen. Und nebenbei – ein Vertrag ist auch im Hochland nicht mehr als ein Vertrag. Ein Stück Papier, kein Eid.«
    Hill ergriff die Gelegenheit. »Nun, ist Euch von einem Eid noch nichts zu Ohren gekommen?«, fragte er vorsichtig. »Von einer Proklamation, die ergehen könnte und in der König William fordert, Nägel mit Köpfen zu machen?«
    »Das ist doch die Krux mit dieser Garnison und mit diesem ganzen Leben!«, fuhr Glenlyon hoch und drosch die Faust auf den Tisch, dass die Platte mit dem Braten hüpfte. »Alles muss man sich zu Ohren kommen lassen, aus dunklen Ecken in Erfahrung bringen, nichts wird einem beizeiten in klaren Worten mitgeteilt.«
    Dem hatte Hill nichts entgegenzusetzen, denn ihm war dasselbe aufgefallen. In Berichten und Verordnungen, die ihm zugingen, fand sich häufig die Anweisung, den Offizieren der Garnison gegenüber kein Wort verlauten zu lassen, was sich fraglos auf Glenlyon bezog. »Dabei fällt mir etwas ein, Robert«, warf er rasch hin, um den anderen abzulenken. »Eine Nachricht für Euch wurde mir zur Weitergabe übermittelt. Sie stammt von Eurer Gemahlin, die Euch wissen lässt, dass sie eine Verwandte, die ihren Mann verlassen hat, in Euren Haushalt aufnehmen musste. Sie sieht sich daher gezwungen, von Euch entsprechende Mittel zu erbitten, um die zusätzlichen Kosten zu bestreiten.«  
    Robert Glenlyon war aufgestanden. Hatte der Zorn zuvordie Farbe aus seinen Wangen gepresst, so wirkte er jäh wieder so entspannt, wie er hergekommen war. Es ist das, was mich an ihm ängstigt, erkannte Hill mit einem Mal. Dass er die Stimmung wechselt, wie ein Wind umschlägt.
    Sein Gegenüber lächelte. »Hat meine Frau Euch auch den Namen der Verwandten wissen lassen? Schließlich kann niemand verlangen, dass ich mein knappes Säckel Sold auf Hinz oder Kunz verwende.«
    »Die junge Dame dürfte über jeden Zweifel erhaben sein«, entgegnete Hill. »Dem Boten zufolge handelt es sich um Eure Nichte, die in einen der Rebellenclans geheiratet hat und dort nicht länger willkommen ist.«
    Das Lächeln verbreiterte sich. Den Diener, der eben mit einer Schüssel warmer Dumplings eingetreten war und über den Tisch griff, um das verschmähte Rebhuhn abzuräumen, schob Glenlyon kurzerhand aus dem Weg. Schon stand er zwischen Hill und der Tür, wo er eine Verbeugung andeutete. »Mein Gouverneur, habt Dank für die Nachricht und umso mehr für Speis und Trank. Ihr seid mir nicht böse, wenn ich mich etwas überstürzt zurückziehe? Auf mich wartet einige Arbeit, und wenn Ihr gestattet, will ich noch einmal nach meinen Schutzbefohlenen sehen. Ihr mögt über mich lachen – aber dieses Magenweh, das den kleinen Glencoe plagt, bereitet mir doch ein wenig Sorge.«
    Ich wünschte, ich wäre Manns genug, es dir zu verbieten, dachte Hill, trat hinter Glenlyon in den Windfang und sah ihm nach, bis er in der Dunkelheit verschwand. Ich weiß, dass du mit diesen Gefangenen ein Spiel treibst, das mir missfällt, aber ich kann keinen Finger darauflegen. Vielleicht sehe ich es dir auch nach, weil ich weiß, dass Argyll und Dalrymple ihr Spiel mit

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