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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Ende, er käme nie in Glenorchy an und müsste vor dem Vetter nie seine Schande bekennen. Warum ließ er die Zügel nicht schießen, sondern hielt so verbissen an seinem erbärmlichen Leben fest?
    Du siehst dein Weib nie wieder , sagte er sich, du siehst deine Kinder nie wieder , doch es löste nichts in ihm aus, kein Bedauern, keinen Wunsch. Du siehst Meggernie nie wieder. Wäre es nicht ein Segen, von der Folter des Anblicks erlöst zu sein?
    Dennoch fing er sich in der Mähne, als das Tier ins Stolpern geriet. Dass einer an seinem Leben litt, bedeutete nicht, dass er zu sterben wusste.
    Er erreichte Glenorchy mit durchschwitzten Kleidern und spürte, wie ihm übel wurde, als er Achallader, die unschöne, turmgleiche Festung des Vetters, sah. Harsch zügelte er das Pferd und rutschte aus dem Sattel, noch ehe es stillstand. Vor Ekel kamen ihm die Tränen, als er sich auf den Knien im Gras erbrach. Mit einer Handvoll Blätter, die er mühevoll zusammenraffte, ließ sich der Aufschlag seines Rocks nur notdürftig reinigen, und das Pelztier war nicht mit ausgespien worden. Beim besten Willen hätte er nicht wieder aufsteigen können – in seinem Kopf tosten Strudel, und die Beine glichen zitternden Schilfhalmen. So führte Rob das Tier am Zügel und trat zu Fuß wie ein Bettler vor Breadalbanes Torhaus.
    Der Wächter musterte ihn, als glaube er nicht, dass er den Laird von Glenlyon vor sich hatte. »Der Graf hat Besuch«, zierte er sich, »und wünscht keine Störung.«
    »Ich bin keine Störung!«, brüllte Rob den Kerl an. »Ich binder Vetter des Grafen, und wenn du mich nicht umgehend meldest, sorge ich dafür, dass du die Peitsche spürst!«
    Er erschrak. Was, wenn Breadalbane ihn nicht empfing? Um was für Besuch es sich handelte, vermochte Rob sich allzu lebhaft vorzustellen, denn der Vetter hatte eine Schwäche für billige Weiber. Doch würde er um einer Hure willen einem Verwandten die Tür weisen? Der Wächter jedenfalls sah durch seine Drohung alles andere als eingeschüchtert aus. Gemächlich schlurfte er los, um seinem Herrn den Gast zu melden.
    Rob verbrachte eine bange Weile des Wartens, bis der Wächter endlich mit einem Knecht zurückkehrte, der das Pferd übernahm, und meldete: »Der Graf lässt bitten.« Damit verzog er sich ins Torhaus und überließ es Rob, auf schwachen Beinen dem dunklen Turm entgegenzutappen. Zumindest eine direkte Abfuhr blieb ihm also erspart.
    Ein Diener hielt die Tür nur einen Spaltbreit geöffnet und sprach kein Wort des Grußes. Bin ich ein Niemand , fragte sich Rob beklommen, muss ich mich so behandeln lassen, nur weil mir das Glück nicht hold war? Der Gang, der sich auftat, erschien ihm wie ein höhnisches Zerrbild von Meggernie: Er war im Haus eines Mannes, der Geld besaß, aber keinen Stil. Die grellen Farben der Gemälde brannten in den Augen, und die Schwere der Möbel betonte den Mangel an Geräumigkeit.
    In seine Betrachtung drang eine Stimme, die ihm bekannt vorkam. Dann ein Lachen, ein weibisches Kichern, das ohne Zweifel dem Vetter gehörte. »Wenn Ihr Euch bei solch gewagtem Spiel nur nicht Euren Wagehals brecht!«
    »Wer nicht wagt, gewinnt nichts.« Die zweite Stimme war fester. Beide Stimmen stahlen sich durch die nur angelehnte Tür zur Empfangshalle.
    Robs Herz machte Sprünge, versetzte ihm kleine Hiebe. Er stieß die Tür auf. Der Raum war beengter als seine Halle in Meggernie, war mit silbernen Leuchtern ausgestattet, hatte jedoch nichts von jener die Seele wärmenden Lichtflut, dieden Besucher beim Eintritt in Meggernies Prunksaal überwältigte.
    Zwei Männer standen bei einem Pult, auf dem sich Papiere häuften, vor ihnen ein Rolltisch mit Kristallkaraffen und dem üblichen Naschwerk. Sie hatten keine Eile, sich nach ihm umzudrehen.
    »Sieh an«, ließ sich endlich der Plumpere der beiden vernehmen, sein Vetter Breadalbane. Er trug eine hochgebauschte gepuderte Perücke, die in Locken auf seinen weindunklen Rock wallte, dazu klobiges Schuhwerk. Trotz seiner falschen Haarpracht hieß man ihn den grauen John, weil jeder wusste, wie es unter der Perücke aussah. Anders als früher erfüllte Rob dieses Wissen jedoch nicht mit Triumph.
    Der zweite Mann drehte sich noch langsamer um. Seine Kleidung – Samtrock und Kniehosen – war von täuschend schlichter Machart. Vor Entsetzen entfuhr Rob ein Laut. Von allen Männern der Welt hätte er sich jenen zuletzt hierhergewünscht. Vor ihm würde er sein Begehr nicht vortragen können, er würde vor Helen

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