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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Bier in ein Bündel, ehe er zum Morgendrill aufbrach. In der Ebene vor dem Kliff der Fianna wurden die Soldaten zusammengetrieben, und bis zum Mittag ließ er sie dort exerzieren, im Takt der Trommeln endlos die Gewehre präsentieren, in Anschlag bringen, laden und wieder schultern. Auch Drummonds Grenadiere, von denen er wusste, dass sie ihn verachteten, die sich ihm jedoch zu fügen hatten, solange ihr Captain sich nicht blicken ließ. Wider Erwarten fand Rob Befriedigung darin. Sein Übungsfeld war umringt von Kindern, zuerst nur von Knaben, bald aber gesellten sich die Schwestern der Knaben dazu. Wie lange war es her, dass er die bewundernden Blicke blutjunger Mädchen auf seinen wehen Schultern gespürt hatte? Wie lange hatte er nicht das helle Lachen solcher kaum erblühten, unverdorbenen Mädchen gehört!
    Wenn er seine Leute entließ, lud ihn ein Rudel Glencoe-Männer zu Wettkämpfen ein, und im schwindenden Licht des Nachmittags spielten sie Shinty, so toll, dass ein Kerl sich dabei das Schienbein brach; sie schleuderten Steine und Stämme und lieferten sich kindische Kämpfe mit Stockschwertern. Dazwischen flossen Whisky, Bier und Wein, und von den Felsen des Kliffs hallten Lachen und Grölen. Von Rob, dem Sohn der alten Jean, war stets der Sieg erwartet worden. Er war zwölf Jahre alt gewesen, als er das erste Mal einen Mitstreiter bestochen hatte, und noch auf der Mutter Begräbnis hatte er das Letzte zusammengekratzt, um sie nicht zu enttäuschen. Jetzt durfte er zum ersten Mal aus purem Vergnügen seine Kräfte mit anderen Männern messen. Hände wurden krachend auf Schultern gehauen, Kerle purzelten wie Knaben in den Schnee,wer gewonnen hatte, ging im Getümmel unter, und zu guter Letzt löste sich alles in Gelächter und Strömen von Getränken auf.
    Die Männer behandelten Rob wie ihresgleichen. Er war ein wohlgeborener Laird und die meisten von ihnen waren nicht mehr als Wilde, aber derweil sie sich mit Armekreisen und Springen und Laufen die Kälte vom Hals hielten, war von keinem mehr gefordert als vom anderen. Es hätte ihn empören, ja anwidern sollen. Stattdessen beruhigte es ihn. Er fühlte sich dort draußen im Schnee gesünder als seit Jahren, sein ausgelaugter Leib erstarkte, sein Geist war für kurze Zeit erlöst. Wenn die Finsternis nahezu ohne Dämmerung auf das enge Tal niederfiel, gingen sie alle heim, an die Kochtöpfe ihrer Frauen, und Rob ging nach Inverrigan, wo die Krummrückige ihm als Erstem ein Bratenstück vorsetzte und ihn beköstigte wie einen verlorenen Sohn.
    Die hier haben nichts: keine Bierkanne ohne Beule, keinen Teller ohne Sprung, aber sie schlagen sich die Bäuche voll, als hätten sie die Mähler von Fürsten verdient und statt des Wartens auf den Tod ein Leben. Hätte ich ein solches Leben führen, hätte ich, in anderer Haut geboren, mich meines kleinen Lebens freuen können? Der Gedanke erschreckte ihn.
    »Geht Ihr heut noch nach Carnoch, mein Herr Glenlyon? Dann schicke ich Euch den Sohn mit der Laterne mit, und von meinem schönen Schinken, wollt Ihr von dem wohl dem MacIain seinen Teil bringen?«
    Er nahm sich Abend für Abend vor, nicht nach Carnoch zu gehen, und ging dann doch, weil er sich nach dem Licht sehnte, den eng beieinandersitzenden Menschen, den jungen Kerlen, die mit Schwertern tanzten, dem Barden, der zotige Reime vortrug, dem Mädchen an der Harfe, dem tiefdunklen Wein. Sie spielten Würfeln und Karten, sangen Lieder und schwatzten sich um den Verstand. Ich bin so einsam gewesen. Ich habe diese Art zu leben verachtet, die ist ja Schnee vergangener Jahre, aber etwasdavon ist noch in mir. Sie fällt mir so leicht, diese Art. Nichts in meinem Leben war je leicht.
    Am dritten Abend ließ der MacIain seine Söhne holen. »Wissen die Burschen nicht, was sich gehört? Erweisen wir neuerdings Gästen keine Ehre?«
    Robs Magen verkrampfte sich, aber die jungen Männer betrugen sich gesittet, wenn auch John ihm zur Begrüßung nicht die Hand reichte, sich so weit wie möglich von ihm entfernt hinsetzte und ihn den ganzen Abend über nicht aus den Augen ließ.
    Sandy Og gab ihm die Hand. Rob überfiel Neid auf einen Mann, der einem Feind so gerade in die Augen blicken konnte. Diese Augen waren als Nachtmahre durch Robs Träume gegeistert, jetzt aber fand er sie nur ungewöhnlich ruhig und zu dunkel, um die Farbe zu erkennen. Ließ John ihn nicht aus den Augen, so gelang es Rob selbst nicht, Sandy Og aus den Augen zu lassen, der erbärmlich schlecht

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