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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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stolz?«
    »Ein Hohlkopf«, erwiderte Sandy Og. »Morgen früh bringe ich euch einen Zuber und Seife. Meine Frau duldet in ihrem Haus keine Männer, die stinken.«
    Sie schieden lachend, wie Verwandte. Die Jungen schliefen auf Decken in der Stube, und Sandy Og trug die wie ein Kätzchen zusammengerollte Jean ins Bett. Sarah sah ihnen zu, dem ausladenden Rücken über dem winzigen Körperchen, der Vorsicht der schweren Hände, dem gleichfarbigen Haar. Es wäre so einfach gewesen, nicht mehr zu sprechen und der köstlichen Mischung aus Müdigkeit und Begehren nachzugeben. Zuweilen wünschte sich Sarah, eine andere Frau zu sein. Eiblin. Siemusste lachen, war aber im nächsten Atemzug wieder ernst. »Sandy Og?«
    Er drehte sich um und wandte ihr sein schönes Gesicht zu. »Ich war ein Hohlkopf heute.«
    »Das ist geprahlt.«
    »Vergeben?«
    »Darum geht es nicht. Ich will wissen, warum.«
    Er richtete sich auf. Durch den gestreckten Leib lief ein Beben, dann wandte er sich ab. »Du hast versprochen, du zwingst mich nicht, zu sprechen.«
    Sie begriff beinahe sofort. Hörte in ihrem warmen, kerzenbeschienenen Zimmer, das erfüllt von ihrer beider Leben war, die erstorbene Stimme der Tante: Ich bezweifle, dass dein Onkel für deinen Mann einen Finger krümmt, denn er ist ihm nicht grün. Und ein Kerl, der so tief erniedrigt ist, schlägt zu, sobald ein Schwächerer ihm in die Hände fällt. Auf Zehenspitzen lief sie zu Sandy Og, als könne jeder Laut ihn verletzen, schlang die Arme um ihn, lehnte die Wange an seinen Rücken. »Nein, ich zwing dich nicht. Und ich will, dass du mir vergibst, nicht umgekehrt – für alles, was ich an diesem Tag gedacht hab. Sagst du mir nur noch eines?«
    Er drehte sich um und fing sie, lächelte über einen Mundwinkel. »Wenn’s nicht die ganze Nacht dauert. Ich hab bei einer schönen Frau was gutzumachen, und nebenan schnarchen zwei Kerle, die mir das allzu gern abnähmen.«
    »Ist das eine Sache zwischen dir und ihm? Ist es ausgestanden? Droht uns Gefahr?«
    Er sah sie an, zog die Stirn in Falten, dachte aufrichtig nach. »Nein«, sagte er dann. »Ich glaube, uns droht nichts, höchstens ein spätes Schlachten, weil uns neunköpfige Raupen die Haare von den Köpfen fressen. Der Vater sendet eine Warnung an Glengarry, falls der den Eid nicht geleistet hat, damit müsste jedes Schaf im Trockenen sein. Mit dem Onkel ist’s nicht so arg, wie ich dachte. Wir sind quitt. Wir kommen zur Vernunft. Wasmein Haar im Nacken tut, kann ich nicht ändern, aber dich soll’s nicht stören.«
    Sie küsste seinen Hals. »Ich hab dein Haar im Nacken lieb. Wo ist der, der Onkel? In Carnoch?«
    »In Inverrigan, bei Iain und Ailig. Er hat gesagt, er will mir nicht zur Last fallen und den Platz in Carnoch seinen Offizieren lassen. Und das, meine Schöne, waren ziemlich viele Fragen dafür, dass ich dir nur noch eines sagen sollte.«
    Er brachte sie zu Bett. Kroch zu ihr, ließ die Kerze brennen und zog die Decke über ihre Köpfe. Die kleine Höhle füllte sich mit ihrem Atem, der wärmer war als die Luft im Raum.
    Glück war auch, gegen Angst anzulieben, gegen Bilder von brüllenden Rindern und blutigen Leichentüchern; zu wissen, dass die Angst am Morgen wiederkam, und deshalb mehr zu lieben und mehr und mehr.

    Rob Glenlyon war nach Glencoe geritten wie zu seiner Hinrichtung. Nach drei Tagen fragte er sich, ob er stattdessen auf ein Fest geraten sei, auf eines dieser endlosen Feste unter verbrüderten Männern, wie sie in seiner Jugend gefeiert worden waren. Fühlte sich so ein Mann, den auf dem Weg zur Hölle liebevolle Arme auffingen und ins Paradies erhoben, in den Glanz des göttlichen Lichts? Er wohnte im Haus eines Tacksman und seines krummrückigen Weibes, einem Haus, das kaum mehr als eine Hütte war, und doch war er, solange er sich erinnerte, nie mit solcher Wärme umsorgt und mit so viel Achtung behandelt worden.
    Der alte Inverrigan ließ die Krummrückige das Beste auftragen, was seine Kammer zu bieten hatte. Wenn er in der Frühe in die Stube kam, stand schon ein Becher mit warmem, gewürztem Lebenswasser für ihn bereit, und das Weib schöpfte mit tropfender Kelle seinen Napf randvoll mit Grütze. DieseLeute aßen aus Trögen und saßen auf grob gezimmerten Bänken, aber dass ein so einfaches Gericht wie Hafergrütze köstlich schmecken und einen schmerzenden Magen auskleiden und besänftigen konnte, überraschte Rob jeden Tag aufs Neue.
    Das Weib packte ihm frisches Brot, Salzhering und

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