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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Narren. Und recht hat er auch noch. Was soll er denn tun? Das Gesetz der Gastfreundschaft brechen und Glenlyon und seine Männer aus dem Tal jagen?«
    John sagte nichts. Sandy Og sah, wie er die Fäuste ballte, um seinen Zorn zu beherrschen. Schwerfällig, wahrhaftig wie ein alter Mann stemmte ihr Vater sich hoch. Statt sie wie üblich zu schelten, klopfte er ihnen auf die Rücken und verzog den Mund. »Recht so. Ich halte euch beide für Narren, und Gast bleibt Gast in Glencoe. Und müde bin ich, so wenig es mir schmeckt. Warum schaut ihr nicht auf dem Heimweg bei Inverrigan vorbei und würfelt eine Runde mit dem alten Rob, um euch zu vergewissern? Lasst ihn ein, zwei Shillinge gewinnen, damit er sich ein Hemdchen kaufen kann, der arme Schlucker. Nur ruhig Blut, ewig wird’s ja nicht stürmen – in ein paar Tagen sind die Rotröcke über alle Berge, und wir haben unser Tal wieder für uns.«
    Da John und Sandy Og unschlüssig stehen blieben, versetzte er jedem von ihnen einen sachten Stoß. »Na los. Raus in die Kälte mit euch. Ich bring euch zur Tür.«
    Im Windfang, als Sandy Og bereits den Riegel zurückgezogen, die Tür einen Spaltbreit aufgeschoben und das Getöse eingelassen hatte, hielt er ihn und John an den Armen fest. »Verfluchter Teufelskuss! Da draußen geht wahrhaftig die Welt unter. Und ihr zwei? Wünscht ihr eurem alten Vater keine Gute Nacht?«
    John brummte etwas. Sandy Og musste lächeln. »Wir sehen uns doch nicht zum letzten Mal.«
    »Ach was, Abschied nehmen muss man immer, als wär’s das letzte Mal.« Er packte Sandy Og bei den Ohren, zog seinen Kopf zu sich und küsste ihn auf die Wange. Danach tat er dasselbe bei John. »Gute Nacht, ihr Lumpen. Seid brav, schlagt euch nicht, macht in der Siedlung keinen Lärm.«
    »Gute Nacht, Vater.« Schnell zwängten sie sich hinaus, und hörten die Tür in ihrem Rücken schließen.
    Der Wind, der mit unverminderter Heftigkeit tobte, trieb ihnen jetzt entgegen, sodass sie all ihre Kraft brauchten, um gegen ihn anzuschreiten. Ein schmaleres Geschöpf fegt das um, dachte Sandy Og. Er würde Sarah noch einmal einschärfen, die Jungen ins Haus zu sperren. Wenn die zwei einen Fuß vor die Tür setzen, mach ich mit ihnen, was mein Vater mit mir gemacht hat. Die Erinnerung daran, wie wenig es bei ihm genutzt hatte, ließ ihn schaudern.
    John blieb stehen und wies zum Fluss. »Sind da nicht mehr Feuer als vorhin?«, brüllte er. »Sind da nicht mehr Soldaten?«
    »Glenlyon wird die Wachen öfter wechseln!«, schrie Sandy Og zurück. »Das ist nur vernünftig, bei dem Wetter hält’s auf Wache keiner lange aus.«
    Hatte John ihn verstanden? Er machte keine Anstalten weiterzugehen. »Du nimmst mich auch nicht ernst«, schrie er ihn an. »Ich bin John, der Idiot, ja, der bin ich – für Vater wie für dich.«
    Ich würde dir so gern sagen, was du bist, aber bei dem Lärm ist es zu anstrengend, und gewiss glaubst du’s mir nicht. Ich sag es dir später. » Gehen wir nach Inverrigan?«, schrie er John, der endlich weiterging, hinterher.
    »Was?«
    »Nach Inverrigan!«
    Stocken. Zögern. Nicken. Die beiden Brüder senkten die Köpfe, um die Gesichter vor dem Ansturm zu schützen, und stapften gegen den Wind.
    Der alte Iain von Inverrigan betrug sich, als habe er sie erwartet. Robert Glenlyon hingegen verhielt sich, als sehe er statt zweier triefnasser Brüder den großen Mann von Ballachullish, und zur Begrüßung stotterte er unverständliche Laute. Sandy Og sah, was der Vater gemeint hatte, er hatte es auf der Schwarzen Garnison nie gesehen, dabei sprach es aus den tief liegenden Augen, den zuckenden Blicken und der rohen, wunden Haut überdeutlich. Vor ihm stand ein alter, bemitleidenswerter Mann. Dass er sich gefürchtet hatte, diesem Mann die Hand zu schütteln, war lächerlich. Er ergriff seine Hand mit beiden Händen und hielt sie fest. Sein Nacken tat nichts, zuckte höchstens vor dem eisigen Wasser, das aus seinem Haar herunterrann. »Wir waren unterwegs und hofften, Euch steht der Sinn noch nach einem Spiel?«
    John aber hielt sich steif und vornübergekrümmt, sein Widerstreben war wie eine zweite Haut. Ich bin froh, dass du da bist. Aber auch das sag ich dir lieber ein andermal.
    Ceana, die zu sehen Sandy Og insgeheim gehofft hatte, ließ sich nicht blicken, und die rührige Ailig stellte ihnen Getränke hin und ging zu Bett. Sobald die vier Männer Karten spielten, verlor Glenlyon seine Befangenheit, sprach dem Whisky zu, erzählte fidele

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