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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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hustete spuckend in sein Taschentuch, schwieg aber.
    »Das genügt jedoch nicht. Ich wünsche den Ankauf einer Stadtresidenz. Ein geeignetes Objekt wäre Nottingham House. Es ist natürlich noch nicht großzügig genug, doch Wren versicherte mir, durch verschiedene Umbauten ließe sich Abhilfe schaffen.«
    »Und weiter?«
    »Nichts weiter.«
    »Nun denn gut«, sagte er mit unwirscher Gebärde. Er konnte ihr diesen Wunsch nicht ausschlagen, denn sie hatte seit ihrer Hochzeit nichts anderes verlangt.
    Mary atmete schnaufend aus. »Ich werde für Euer Kriegsglück in Schottland beten lassen.«

2
    Killiecrankie
    Glencoe in Lochaber, Mai 1689
    Irgendwann würde man dem wechselhaften Sommer des Jahres 1689 den Namen eines Ortes geben. Den Namen eines Schlachtfelds.
    Inzwischen waren die Männer drei Wochen fort, doch außer Sarah schienen alle alles zu wissen. Lagerten sie in der Ebene von Dalcomera? Genossen sie die freundliche Witterung? Ernährten sie sich durch Jagen und Fischen? Wenn Sarah daran dachte, wie Sandy Og aß, musste sie wider Willen lachen. Sandy Og brüllte nicht vor Hunger wie ein wilder Eber, wie es John oder Gormals Gatte James taten, aber er aß wie der wildeste Eber von allen, wenn es ihm schmeckte. Hinterher war er immer verlegen, und manchmal sagte er dann Dinge wie: »Ich war wohl hungriger, als ich dachte«, oder: »War diese Schüssel nicht voll?«, und Sarah lachte in sich hinein und hätte ihn entsetzlich gern auf den gierigen, zu großen Mund geküsst.
    Die Zurückgebliebenen waren an jenem Morgen, als der größte Teil der Männer das Tal verlassen hatte, losgezogen, um das Vieh aufzutreiben. Weiber, Kinder und Greise hatten ihr Gepäck für den Sommer gepackt und waren auf den Black Mount gegangen, wo das Gras und die Kräuter der Felsspalten die Rinder fett füttern würden. Der Weg war weit und steil, und es kostete Mühe, die vom Hunger des Winters schwachen Tiere zu treiben. Die wenigen Männer, die der MacIain zum Schutz zurückgelassen hatte, waren im Tal geblieben oder auf den Signal Rock gestiegen, den Felsgipfel, der einen Ausblick auf den schmalen Zugang zum Tal erlaubte. Glencoes Wachturm.
    So waren die Frauen allein, begleitet nur von wilden Jungen,gebrechlichen Alten und Ben, dem Knecht mit dem entstellten Gesicht, den Sarah nie ein Wort hatte sprechen hören.
    Lady Morag ging voran und trug den Heidekranz von Glencoe, die Führung des Zugs aber übernahm wie selbstverständlich Gormal. Sie war durch und durch die Tochter des MacIain: der Rücken straff, der Blick wachsam, die Miene unlesbar. Sie erteilte Befehle, wies Aufgaben zu und achtete mit erhobenem Stecken darauf, dass alles seinen Gang ging.
    Ihre Schwägerin und Freundin Eiblin, die ihr mit wenig Abstand folgte, glich ihr nicht im Geringsten. An dieser schien von der Fülle der Locken bis zu den Füßen alles mollig und rund. Wenn Eiblin aß, stopfte sie sich die besten Bissen in den Mund und gab beim Schlucken und Schmatzen Laute des Wohlbehagens von sich. Nicht nur beim Essen machte sie keinen Hehl aus ihrer Lust. So behielt sie ihren Kummer beim Auftrieb nicht für sich, sondern weinte vor sich hin.
    »Ach Johnnie, Johnnie«, schluchzte Eiblin, »was täte ich nur, wenn du nicht nach Hause kämest? Wir hatten es doch so hübsch gestern Nacht.«
    Gormal blieb stehen, bis die Jammernde zu ihr aufschloss, und tappte ihr mit dem Stecken auf das runde Gesäß. »Hörst du wohl auf? Willst du deinen Mann würdig vertreten oder mir den Haufen mit deiner Heulerei anstecken?«
    Das Gespann war bemerkenswert: die eine sehnig und ellenlang aufgeschossen, die andere ein kleiner Springball; die Ältere trocken wie Haferbrot, die Jüngere saftig wie Butterkuchen; die Erste verschlossen, die Zweite ein gurgelndes Plappermaul.
    »Ach du!«, fuhr Eiblin wie die fleischgewordene Empörung Gormal an. Der Zug geriet ins Stocken, alles wartete, glotzte. »Du hast doch keine Ahnung, wie man einen liebt, du kahler Besen! Dir hat die Mutter gesagt: ›Leg dich dem Achtriachtan ins Bett, und zeuge Kinder für Glencoe.‹ Aber dass du den Burschen, dem sie dich ins Bett legen, Tag und Nacht in den Armen halten willst und dass es dir vor Angst den Kopf sprengt,wenn’s in den Krieg geht, das hat dir die Mutter nicht gesagt, und deshalb weißt du’s nicht, arme Gormal. Und wer hat überhaupt bestimmt, dass du den Stecken schwingst? Die Frau von John, dem Erben, bin ich !«
    Wenn Lady Morag sie hörte, ließ sie sich nichts anmerken. Gormal

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