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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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Haut. Lediglich zwei ließen sich von der Beklommenheit nichts anmerken: die beherrschte Gormal und Ceana, die hier oben in der Wildnis ebenso schön war wie im Tal. Mit ihrem Schlangengang strich sie umher, machte sich überall nützlich und tröstete jede, die den Mut verlor.
    »Du bist zu beneiden, weißt du das?«, rief Eiblin. »Du kannst des Nachts selig schlafen, weil du keinen hast, um den dein Herz vor Sorge krankt.«
    Ceana lächelte flüchtig, aber Sarah wusste es besser. Krankt auch dein Herz vor Sorge um ihn? Du hast wenigstens liebevoll von ihm Abschied genommen, während ich nach der schlimmen Nacht wie eine Tote schlief . Sarah hatte gehofft, das wühlende Gefühl in ihrer Brust würde sich legen, aber es flammte jedes Mal von Neuem auf, wenn sie Ceana sah.
    An diesem Morgen hatte sie Duncan, der vor Langeweile unausstehlich war, Gormals ältestem Sohn Angus als Hütejungen mitgegeben. Der schlaksige Zwölfjährige war stolz, die Aufsicht über das Vieh zu führen, und hatte Duncan nicht dabeihaben wollen. »Mit den Lämmern und Kälbern muss man flink sein. Den Krüppel kann ich nicht brauchen, schlimm genug, dass sie mir den Uralten aufhalsen«, hatte er versucht, sich herauszuwinden.
    »Der Uralte ist ohne Verstand«, hatte Sarah ihn verwiesen, obwohl sie sich insgeheim fragte, ob das zutraf. »Duncan dagegen ist für seine sieben Jahre reif und wie du ein Enkel des MacIain.« Angus knurrte zwar, durfte ihr den Wunsch aber nicht verwehren.
    Jetzt saß sie mit der Spindel auf einem Stein und hoffte, auf der höher gelegenen Weide ab und an einen Blick auf ihren Sohn zu erhaschen, meist aber erspähte sie nur Calum, der um das Gras rupfende Vieh herumtorkelte und immer wieder anhielt, um mit geschirmten Augen nach den Frauen zu blicken. Das Haar hing ihm in grauen Strähnen ins Gesicht, und sein Hemd war eingerissen. Da er der Einzige im Tal war, der keine Familie hatte, gaben ihm die Frauen aus ihren Töpfen zu essen und flickten seine Kleider, wenn sie Zeit dazu fanden. Woher er kam, warum er allein geblieben war und was ihn zum Wrack gemacht hatte, wusste Sarah nicht.
    Eiblin vergoss über ihrem Topf mit Blutwurst wieder einmal Tränen. Vielleicht war es das, was ihrer Wurst die Würze verlieh, die Sarahs fehlte. Um sie herum saßen einige Frauen des Clans, die Trostworte schnatterten, sowie Ceana und Gormal, die beide schwiegen.
    Wenn sie Nachricht hätten und wenn meinem Mann etwas geschehen wäre, würden sie es mir sagen? Sie mögen mich nicht, aber sie dürfen doch einer Frau nicht verschweigen, dass sie Witwe ist. Bei dem Gedanken, Sandy Og zu verlieren, zuckten Sarah die Hände an der Spindel. Eine Hochländerin lernte schon als Kind, dass sie länger Witwe sein konnte als Gattin, aber es war etwas anderes, etwas zu Ende zu leben und das Ende zu tragen, als etwas ungelebt zu lassen. Sei nicht tot, Sandy Og. Lass unser Leben nicht eine vergeudete Möglichkeit sein.
    »Die schreiben doch keine Briefe, die Kerle!«, polterte Mairi und stemmte die Hände in die Hüften. »Sobald die beisammenhocken und ihr Waffengeklirr und ihre Jagd haben, vergessen die alles um sich. Sei ehrlich, Eiblin, kannst du dir vorstellen, dass dein John sich auf sein Hinterteil setzt und dir ein schmachtendes Brieflein schreibt? Und wenn er’s denn täte – könntest du’s lesen?«
    Die meisten lachten. Natürlich hatte Mairi recht. Männer wie John schrieben keine Briefe, und Frauen wie Eiblin lasen keine. Für Sandy Og galt das jedoch nicht. In Sandy Ogs Kopf war eine Welt verborgen wie ein Tal, das hinter Felsen liegt, reich und unvermutet. Hätte er gewollt, hätte er ihr eine Nachricht senden können.
    Sarah wollte eben die Frauen wieder ihrem Schwatz überlassen, als Geschrei anhob. Es kam von der Hochweide, von den Hütejungen. Das Vieh begann mit den Schwänzen zu schlagen, und der uralte Calum duckte sich lauernd hinter einen Vorsprung. Nun sah Sarah, dass die Jungen den steilen Pfad hinunterliefen, den das Bett eines Wildbachs in den Fels gekerbt hatte. Sie hatten offenbar Stöcke gesammelt, mit denen zwei von ihnen fochten wie Männer mit Claymore-Schwertern. Der lange Angus, der alt genug war, mit echten Waffen umzugehen, stürmte vor, während sein Gegner sich zwar wehrte, aber zurückwich. Donnernd prallten die Hölzer aufeinander, immer schneller prasselten Hiebe, und die übrigen Jungen sprangen herum und feuerten die Kämpfer an.
    »Da, nimm!«
    »Nicht von dir, du Schwächling!«
    »Du pass nur

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