Glencoe - Historischer Roman
Hoffnungen begonnen hatten, war zu Ende, ohne Aussicht darauf, das Ziel je zu erreichen.
Lochiel wusste Abhilfe. Er ließ den MacIain los, wandte sich wieder den Versammelten zu und erklärte: »Mein Freund Alasdair erinnert mich gerade daran, dass wir unseren Beschluss schriftlich aufsetzen müssen. Das werden wir gleich tun. Wir legen fest, dass wir wieder zusammenkommen, sobald es nötig wird. Und schreiben dazu, wie viele Männer ein jeder von uns aufbringen kann.«
Nach einigem Palavern, Erwägen und Verwerfen meldete sich noch einmal der MacIain zu Wort. »Habt ihr denn alle Breadalbane vergessen? Weiß denn niemand, dass der Verräter Breadalbane seine Festung Achallader dem Willie als Garnison zur Verfügung gestellt hat?«
Du weißt es doch auch nicht, hätte Sandy Og ihn gerne angefaucht. Was schwingst du solche Reden? Das Gerücht machte tatsächlich die Runde, aber an den meisten dieser Gerüchte war nichts als Schaum. Achallader konnte ebenso gut beschlagnahmt worden sein oder aber mit den Verfügungen des Willie nichts zu tun haben.
Die Männer bissen trotzdem an. Sie brauchten etwas, um sich daran festzuklammern, um nicht in leere Hände zu starren. Lochiel bemühte sich um Beschwichtigung, schwenkte aber um, sobald er erkannte, dass er mehr zu verlieren als zu gewinnen hatte. Mithin beschlossen sie, dass diejenigen, deren Heimweg an Breadalbanes Festung vorbeiführte, diese niederbrennen sollten, soweit das möglich war. Sie unterzeichneten die aufgesetzte Erklärung, in der ein jeder sich zur Rückkehr verpflichtete. Mit der Sitzung löste sich auch das Heer der Hochländer auf.
Als der Aufbruch aus Blair unmittelbar bevorstand, kam Lochiel noch einmal zu Sandy Og. »Nur damit du’s weißt: Esspricht nichts dagegen, auf Achallader zu marschieren, damit sind längst nicht alle Brücken zwischen uns und Breadalbane abgebrochen. Wenn wir Achallader als Garnison des Willie betrachten, ist sie fraglos ein jacobitisches Ziel. Und vor Breadalbane können wir erklären, wir hätten die Festung für beschlagnahmt gehalten.«
Sandy Og fürchtete den Sturm auf Achallader vor allem aus Furcht vor sich selbst. Das jedoch sagte er Lochiel nicht. Er wünschte sich vielmehr im Stillen, der alte Schlaukopf würde sich statt um ihn um seinen Vater kümmern.
Merkwürdigerweise hegte Lochiel verwandte Gedanken. »Ich wünschte, ihr könntet miteinander reden, du und dein Vater«, sagte er. »Ihr hättet einer den anderen nötig.«
»Mein Vater hat nur meinen Bruder nötig«, versetzte Sandy Og. Er hätte sich ohrfeigen wollen, weil er sich wieder hatte hinreißen lassen. »Mein Bruder ist sein Erbe. Er wird Glencoe sein.«
Lochiel sah ihn lange an, als versuche er, aus Sandy Ogs Gesicht das Ungesagte zu lesen. »Das mag sein«, bekannte er endlich. »Aber wenn dein Bruder Glencoe sein soll, wirst du es ihm sagen müssen.«
Anderntags zogen die Männer aus Glencoe, Keppoch, Appin und Glengarry ab, um die Festung Achallader zu stürmen. Sie sprachen allein davon, kein Wort von daheim.
Sandy Og war zumute, als sei er Jahre fort gewesen und um Jahre gealtert; er hatte sich so sehr gewünscht, nach Glencoe zurückzukehren, und konnte sich jetzt doch nicht mehr vorstellen, wieder in Glencoe zu sein.
Die Männer stürzten sich in wütender, blinder Lust auf Achallader, ohne Späher auszusenden, ohne die Bewachung zu prüfen, ohne Plan. Sandy Og weigerte sich, mitzugehen. Im Lager, meilenweit vor Breadalbanes Gütern, wartete er mit dem Schecken, wohl wissend, dass ihn das die Achtung der Männer kostete, die er sich beim Metzeln erworben hatte. Wohlwissend, dass sein Vater fassungslos war vor Zorn. Ranald vom Schild zog mit, der Greis, der vermutlich bald im Sattel verwesen würde, ebenso Ian Lom, der sich in Dunkeld ein Bein gebrochen hatte. Nur Sandy Og, der jung und gesund war, blieb feige zurück.
Der ersehnte Sturm auf Achallader währte nur einen knappen Vormittag. Keine Wache bot Widerstand, der trutzige Turm war unbewohnt und ließ sich schwerlich in Brand setzen, die paar Feuer, entfacht in menschenleeren Nebengebäuden, löschte ein Regen am Nachmittag aus. Es gab keine Herden wegzutreiben, nichts, das sich zu stehlen lohnte.
Über den Angriff sprach schon am Abend keiner mehr. Die Clans trennten sich voneinander wie Lot von seinem Bruder, die Appins und Glengarrys zogen einzeln ihrer Wege, die Glencoes und Keppochs gemeinsam des ihren. Zu viel Schweigen begleitete sie.
Sandy Og war müder denn je. An
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