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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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sie, ob das nicht klüger war, als sich jeden Tag nutzlos den Kopf zu zerbrechen.
    »Wir müssen herausfinden, was für eine Art von Geschichte das ist«, sagte Cordelia. Die anderen blickten sie fragend an.
    »In jeder Geschichte geht es um andere Dinge«, erklärte Cordelia geduldig. »In den Pamela-Romanen geht es um Leidenschaft und Pamelas. In den Märchen geht es um Zauberei. In dem Buch über Schafskrankheiten um Schafskrankheiten. In dem Krimi um Indizien. Wenn wir wissen, was für eine Art von Geschichte es ist, wissen wir, worauf wir achten müssen.«
    Sie sahen sich etwas betreten an.
    »Hoffentlich ist es keine Geschichte von Schafskrankheiten«, blökte Maude.
    »Es ist ein Krimi«, sagte Miss Maple mit Bestimmtheit.
    »Es ist eine Liebesgeschichte«, blökte Heide plötzlich. »Versteht ihr nicht? Lilly und Kate und George. Das ist genau wie bei Pamela. George mag nicht Kate, sondern Lilly. Aber Kate mag George. Und dann: Eifersucht und Tod. Es ist doch eigentlich alles ganz einfach!« Vor Begeisterung ließ sich Heide zu einem sehr lämmerhaften Sprung hinreißen.
    »Ja«, sagte Miss Maple dann vorsichtig. »Nur müsste dann Lilly tot sein. Und nicht George. Es hätte ein Duell gegeben, und die Konkurrenten hätten versucht, sich gegenseitig umzubringen. Man bekämpft doch nicht das, was man haben will. Sondern den, der es einem wegnehmen will!«
    »Aber«, fügte sie dann hinzu, als sie Heides enttäuschtes Gesicht sah, »ich habe darüber auch schon nachgedacht. Irgendwie riecht die Geschichte danach. Aber es macht natürlich keinen Sinn.«
    »Es ist eine Liebesgeschichte«, wiederholte Heide störrisch.
    »Und wenn George einer der Konkurrenten war?«, fragte Othello. »Um Lilly? Oder vielleicht hat er Kate verteidigt.«
    Miss Maple legte nachdenklich den Kopf schief. Aber sie schien zu diesem Thema nichts mehr sagen zu wollen.
     
    *
    Viel später, als die meisten Schafe schon schliefen, sah Mopple, der zum ersten Mal in seinem Leben nicht gut schlafen konnte, durch die offene Tür des Heuschuppens eine Schafsgestalt, die regungslos an den Klippen stand und auf das Meer hinausblickte: Maple. Mopple setzte sich in Bewegung. Zuerst standen sie eine Weile in freundschaftlichem Schweigen nebeneinander. Später erzählte Mopple von den Schrecknissen des Tages, und Maple schwieg.
    »Es ist sehr weit«, sagte sie schließlich.
    Mopple seufzte. »Manchmal macht es mir ein bisschen Angst. So lange auf das Meer hinauszusehen, ich meine, so lange wie Zora, das könnte ich nicht.«
    »Ich meine nicht das Meer, Mopple«, sagte Maple sanft, »ich meine alles. So viele Sachen passieren. Früher ist kaum ein Mensch hier vorbeigekommen. Außer George natürlich, aber er war nicht wirklich ein Mensch, er war unser Schäfer. Das ist etwas anderes.«
    Miss Maple dachte eine Weile nach.
    »Und auf einmal kommen sie in Herden. Schleichen sogar morgens durch den Nebel. Der Metzger und ein anderer. Natürlich hat alles mit allem zu tun. Haben sie den Metzger wirklich hergelockt? Wer? Warum? Warum haben die Menschen unter der Linde Angst vor seinem Tod, obwohl sie ihn nicht mögen? Wir müssen auf alles achten, Mopple. Du musst dir alles merken.«
    Mopple hob den Kopf. Er war stolz darauf, das Gedächtnisschaf zu sein. Dann fiel ihm wieder ein, warum er heute Morgen heimlich aus dem Heuschuppen gekrochen war.
    »Ich habe mir schon etwas gemerkt«, sagte er. Mopple erzählte, wie er zusammen mit Ritchfield auf dem Hügel gestanden und sich alles gemerkt hatte, was Ritchfield beobachtete. Fast alles. Ritchfield hatte beobachtet, wie die vier wieder abgezogen waren – Gabriel, Josh, Lilly und der Metzger. Wie einer von ihnen kurz hinter den anderen zurückgeblieben war und sich bückte. Etwas aufhob? Etwas hinlegte? Oder etwas rupfte? Dann musste Ritchfield niesen. Fünfmal hintereinander. Und als er damit fertig war, hatte er vergessen, wer sich gebückt hatte und was er in der Hand gehalten hatte.
    »Vergessen!«, schnaufte Mopple mitleidig. »Nach drei Atemzügen. Unglaublich! Aber dafür weiß er jetzt, dass er etwas vergessen hat, und versucht, mich einzuschüchtern, damit ich es nicht verrate.« Er legte den Kopf schief. »Ich hätte es auch nicht verraten. Ich mag Ritchfield. Er ist der Leitwidder. Aber ich glaube, es ist ein Indiz.« Er sah Maple fragend an. Sie blickte noch immer auf das nächtliche Meer.
    »Ein Indiz«, sagte sie nachdenklich. »Aber für was? Es passt nicht zu Ritchfield, andere Schafe

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