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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Grüppchen zusammenstellen. Es gab Streitereien, weil Schafe behaupteten, noch nicht gezählt worden zu sein, während Ritchfield behauptete, er hätte sie schon gezählt. Alle Schafe hatten Angst davor, beim Zählen vergessen zu werden und dann vielleicht zu verschwinden. Manche versuchten, sich heimlich in andere Grüppchen zu stehlen, um doppelt gezählt zu werden. Sicher war sicher. Ritchfield blökte und schnaubte, und schließlich kamen sie zu dem Ergebnis, dass insgesamt 34 Schafe auf der Weide waren.
    Dann sahen sie sich ratlos an. Erst jetzt wurde ihnen klar, dass sie überhaupt nicht wussten, wie viele Schafe eigentlich auf der Weide hätten sein müssen. Die mühsam gewonnene Zahl war völlig wertlos für sie.
    Es war sehr enttäuschend. Sie hatten gehofft, dass sie sich nach dem Zählen sicherer fühlen würden. George war immer so zufrieden gewesen, wenn er sie fertig gezählt hatte. »Weiter so«, hatte er dann gesagt, manchmal aber auch nur »Aha«. In diesem Fall stapfte er entweder zu den Klippen, um Zora mit Dung zu bewerfen, oder zum Gemüsegarten, wo ein vorwitziges Lamm den Hals durch das grobmaschige Gitternetz streckte und die Zunge lang machte.
    Nach dem Zählen wusste George immer, was zu tun war. Sie wussten nichts.
    Ramses rempelte Maude frustriert mit dem Kopf an. Maude blökte empört. Heide blökte ebenfalls. Zora kniff Heide in den Hintern. Seltsamerweise schwieg Heide darauf, dafür begannen Lane, Cordelia und die zwei jungen Mutterschafe gleichzeitig zu blöken. Ritchfields Beine scharrten Gras und Erde auf, Lane schubste Maisie, das naivste Schaf der Herde. Maisie kippte vor Überraschung fast um, dann biss sie Cloud leicht ins Ohr, Cloud keilte aus und traf Maude am Vorderbein. Alle Schafe waren beleidigt, und alle blökten. Dann verstummten sie wie auf ein geheimes Zeichen, alle bis auf Sir Ritchfield, der nach allen Seiten Knüffe austeilte und nach Ruhe und Ordnung brüllte.
    In diesem Moment kam Othello den Fußpfad herunter. Er musterte sie mit mildem Erstaunen, dann trabte er an ihnen vorbei zu den Klippen. Die Schafe sahen sich an. Cloud leckte Maude besänftigend die Ohren, Ramses beknabberte Cordelias Kruppe. Der schwarze Widder blickte zum Strand hinab zu dem metzgerförmigen Abdruck im Sand. Er legte den Kopf schief. Eben noch hatten die Schafe viele Fragen gehabt, aber plötzlich hatte kein Schaf mehr Lust, Othello zu stören. Es genügte zu wissen, dass verschwundene Schafe zurückkommen können. Sie begannen wieder zu grasen, zum ersten Mal an diesem Tag mit einigem Genuss.
     
    *
    Drei Männer trafen sich unter der Linde. Der eine schwitzte, der andere roch nach Seife, der dritte atmete rasselnd. Um sie herum streifte mit glänzenden Augen die Angst.
    »Wenn es Ham jetzt wirklich erwischt …«, sagte der Schwitzende, »dann sind wir garantiert dran.«
    »Was für ein Wahnsinn«, keuchte der mit dem rasselnden Atem.
    »So ein Risiko. George – wer weiß? Aber Ham hat doch alles beim Anwalt. Der macht keine leeren Drohungen.«
    Die Angst nickte dazu.
    »Was war das nur für ein Idiot«, stöhnte der Schwitzende.
    »Ham?« Ein seifiger Luftzug zeigte an, dass der zweite Mann eine heftige Bewegung gemacht hatte. »Du glaubst, das war kein Unfall?«
    »Das glaube ich«, flüsterte der Schwitzende und schwitzte noch heftiger.
    »Unfall?« Die rasselnde Stimme lachte. »Warum soll Ham von den Klippen fallen? Ein trittsicherer Kerl wie Ham! Warum soll der da überhaupt herumspazieren? Oh nein! Da hat ihn einer hinbestellt, ein bisschen Veilchenduft auf einen Brief, und Ham, das blöde Vieh, ist natürlich gekommen.«
    »Aber tot ist er nicht«, sagte der Schwitzende. »Zäh wie ein Stier, schon immer gewesen. Gott sei Dank. Seine Chancen sind nicht so schlecht, sagen die Ärzte. Laufen wird er wahrscheinlich nicht mehr können. Aber Hauptsache, er lebt.«
    »Vielleicht hat er es ja vergessen. Nach so einem Unfall …«
    Die Stimme des Seifigen klang beinahe optimistisch.
    »Ham erinnert sich«, sagte der Schnarrende. »Vielleicht geht nicht viel in seinen Schädel, aber wenn mal etwas drin ist, geht es auch so schnell nicht wieder raus. Als Josh ihn abgefüllt hat, am Abend von Georges Hochzeit … Ihr wisst noch?« Vielleicht nickten die Männer. Vielleicht versuchten sie ein Grinsen. Natürlich wussten sie. Josh hatte einfach ein Glas nach dem anderen vor Ham hingestellt, und Ham, der sonst kaum etwas trank, hatte eines nach dem anderen heruntergekippt. Was hatten sie

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