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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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feinen Nase sofort auszuwittern. Die übrigen Schafe streckten ihre Köpfe unter den Deckstein, Mopple und Zora von der einen Seite, die anderen ihnen gegenüber. Mit ein paar Huftritten hatte Othello die Erde aufgescharrt und das Ding ins Freie befördert. Da sie alle ihre Schatten auf das Grab warfen, sahen sie zuerst gar nichts. Beinahe zugedeckt von den Nachtdüften stieg ein Menschengeruch zu ihnen auf. Schwitzige Hand, Metall und ein scharfer nüsternkitzelnder Geruch, den die Schafe nicht kannten. Maple überredete Mopple, ein paar Schritte zurückzutreten, und als der dicke Widder sich etwas beleidigt zurückzog, fiel ein breiter Streifen Mondlicht auf das Ding.
    Sie waren enttäuscht. Insgeheim hatten sie alle doch etwas ziemlich Schönes erwartet (so schön, wie ein Ding eben sein kann), aber was da vor ihnen im Staub lag, war nur eine Art dünne Kette mit einem Metallstück daran. Es hatte wirklich kein Ende, denn es bildete einen Kreis. Das war aber auch schon alles, was es mit seiner Unendlichkeit auf sich hatte. Sie starrten das Menschending verachtungsvoll an.
    »Es sind tatsächlich Zeichen drauf«, sagte Sir Ritchfield, dem es peinlich war, dass er sich vorhin verzettelt hatte. Hier konnte er sich durch seine guten Augen wieder Respekt verschaffen.
    »Das erste Zeichen ist spitz wie ein Vogelschnabel, der nach oben zeigt«, sagte er, »in der Mitte ist ein Strich. Und das andere Zeichen ist wie ein Bauch auf zwei Beinen. Das bedeutet, dass es für einen Zweibeiner steht. Ich glaube, es ist ein schlechtes Zeichen!« Ritchfield blickte forsch in die Runde.
    Mopple wollte das Ding von den Klippen werfen.
    Zora wollte es auf keinen Fall von den Klippen werfen. Sie meinte, die Klippen seien zu schade für das Ding.
    Maude blökte überrascht, aber niemand beachtete sie.
    Sir Ritchfield wollte das Ding vergraben, aber berühren wollte er es nicht.
    Maude blökte wieder.
    Mopple hätte nichts dagegen gehabt, das Ding zu berühren, aber es vergraben und später vielleicht einmal darüber grasen wollte er nicht.
    Miss Maple überraschte sie alle.
    »Wir behalten das Ding«, sagte sie. »Es ist ein Indiz. Es ist nach Georges Tod aufgetaucht. Der Mörder könnte es verloren haben. Wie Dung«, fügte sie hinzu, als Sir Ritchfield sie verständnislos anstarrte.
    »Es riecht nicht wie Dung«, wandte Mopple ein.
    Maude blökte alarmiert.
    Maple schüttelte ungeduldig den Kopf. »Es ist mir vorhin im Stall eingefallen. Die Menschen hängen an den Dingen. Die Dinge hängen sich an die Menschen. Wir werden den Mörder finden, wenn wir die Dinge genau beobachten.«
    In diesem Moment zwängte sich Maude zu ihnen unter den Dolm, Sekunden später hetzte ein Lichtstrahl an ihnen vorbei. Drei Menschen waren ihm dicht auf den Fersen. Der Lichtstrahl fand Georges Schäferwagen und huschte die Wände empor. Vermutlich suchte er nach einem Versteck.
    »Mach endlich die dämliche Taschenlampe aus«, sagte eine Stimme. »Es ist hell genug, um Weizenkörner zu zählen, und Tom O’Malley bringt eine Taschenlampe mit!« Der Lichtstrahl hatte offensichtlich einen Durchschlupf gefunden und verschwand plötzlich.
    »Wenn du weiterhin unsere Namen durch die Gegend posaunst, weiß ich wirklich nicht, warum wir uns diese idiotischen Strümpfe übers Gesicht gezogen haben«, beschwerte sich eine andere Stimme. Die Schafe kannten diese Stimme noch vom Vortag. Harry der Sünder.
    Tom O’Malley kicherte. Den Schafen fiel auf, dass er nicht nach Alkohol roch. So hätten sie ihn fast nicht erkannt. »Hey«, sagte er, »hey, nicht so nervös. Wir tun nichts Unrechtes. Wir tun, was getan werden muss – für Glennkill!«
    »Für Glennkill«, murmelte Harry.
    »Für unseren Arsch«, sagte die Stimme, die sie zuerst gehört hatten. Josh der Dünne. »Entweder wir singen jetzt ›Where Glennkill’s Bonny Hills So Bright‹, oder wir schließen endlich diese verdammte Kiste auf und suchen das Zeug.«
    Niemand hatte Lust zu singen. Die Schafe waren erleichtert. Drei Schattengestalten stapften auf die Tür des Schäferwagens zu, zwei rundliche und eine sehr große, dünne. Der Lichtstrahl hatte sie nicht täuschen können. Metall blinkte im Mondlicht, und Schlüssel rasselten. Sie rasselten lange.
    »Er passt nicht«, sagte Harry der Sünder.
    Der Dünne trat dreimal gegen die Tür. »Fuck George! Das war’s dann wohl.« Er drückte seine Nase an den zwei kleinen Glasfenstern des Schäferwagens platt. Er war so groß, dass er sich dafür nicht

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