Glenraven
nicht ernsthaft genug nach Hyultif Ausschau gehalten. Er versteckt sich immer noch irgendwo da draußen. Wenn du gründlicher nachgesehen hättest, dann wäre er jetzt in deiner Gewalt. Niemand kann sich so gut verstecken, daß man ihn nicht findet… aber das weißt du selbst, nicht wahr?«
» Bitte «, flüsterte Terth. »O bitte… «
»Du hast nicht ernsthaft genug Ausschau gehalten… « Aidris lächelte ihm zu. »Natürlich… das wäre gerecht, einfach und passend.«
»Nein«, bettelte Terth.
»Würdest du dir bitte die Augen für mich herausreißen?«
»Nein… bitte… o nein!« Während Terth noch um Gnade flehte, bewegten sich seine Hände zu den Augen. »Nein… Schutzherrin… nicht die Augen… «
Aidris lächelte, als sich seine Finger an die Ecken der Augen legten, und sie lachte fröhlich, als sein Schreien immer lauter wurde, während seine Daumen sich in die Augenhöhlen bohrten. Terths Flehen wurde zu einem Schrei der Verzweiflung… doch seine Hände gehorchten ihren Befehlen. Als es vorbei war, reichten sie Aidris die Augäpfel, die sie aus Terths blutigen Augenhöhlen gerissen hatten.
»Mein lieber Terth. Wie rücksichtsvoll von dir; aber du kannst deine Augen ruhig behalten«, sagte sie. »Ich will ja schließlich nicht gemein sein. Außerdem habe ich wirklich keine Verwendung dafür.«
In diesem Augenblick ließ Aidris ihn gehen. Er brach zusammen wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hat.
Aidris rief nach Terths Stellvertreter. Er hatte im Vorraum gewartet, während sie über Terth’ Schicksal entschieden hatte. Der Mann kam herein. Er war ebenso bleich wie sein Vorgesetzter.
Aidris lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander. Dann legte sie den feinen Seidenrock so zurecht, daß er ihre feinen Knöchel besser zur Geltung brachte. »Dein Name lautet Dallue, nicht wahr?« fragte Aidris.
Der Mann versuchte krampfhaft, nicht auf den sich am Boden windenden Terth zu starren. »Ja, Schutzherrin.«
»Sehr gut, Dallue. Das ist ein glücklicher Tag für dich. Du wirst Terth als Kommandeur meiner Garde ablösen. Bitte entferne ihn aus meiner Kammer, und dann suchst du Hyultif und bringst ihn zu mir - lebend, wenn du kannst. Tot, wenn es nicht anders geht. Sieh zu, daß du mich nicht so enttäuschst wie dein Vorgänger.«
»Ja, Schutzherrin.« Dallues Blick glitt immer wieder zu Terth. Aidris sah, wie der neue Kommandeur der Wache zitterte. Sie ließ ihn eine ganze Weile stehen und betrachtete ihn aufmerksam, während sie ununterbrochen lächelte und sich über die Lippen leckte.
Schließlich sagte Aidris mit einem Seufzer: »Du kannst gehen, Dallue.«
Dallue packte Terth, hob ihn über die Schulter und eilte aus der Halle wie ein Kakerlak, der vom Sonnenlicht überrascht wurde. Er hatte Angst, und das war gut. Vielleicht war seine Angst groß genug, daß er effektiv sein würde.
Das war’s dann fürs erste mit dem Vergnügen, dachte Aidris. Ihre Jäger hatten bis jetzt weder Matthiall noch die beiden Machnan-Magier aufgespürt. Aidris mußte damit rechnen, daß sie ebenso versagen würden wie Terth.
Matthiall mußte sterben und die beiden Zauberer mit ihm. Er war sehr stark - ein mächtiger Kintari -, aber nicht so stark wie Aidris. Wenn ihre Jäger keinen Erfolg hatten, dann konnte sie immer noch die Wächter loslassen. Sie mußte allerdings zuerst wissen, wo sich die drei aufhielten, und anschließend Matthiall ausschalten. Er war stark genug, um ihren Wächtern zu widerstehen. Wenn Aidris die äußeren Umstände nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten konnte, dann würde sie ihn aus sicherer Entfernung persönlich töten. Aber wenn die Machnan wirklich mächtige Magier waren, dann würden derart perfekte Umstände wohl kaum eintreten.
… oder sie brachte sie aus der Nähe um.
Aidris hatte unzählige Möglichkeiten… aber keine Zeit . Sie wagte nicht, Hyultifs Vorhersagen zu ignorieren.
KAPITEL EINUNDVIERZIG
Jayjay wog nicht sonderlich viel. Ihre Haut fühlte sich an wie heiße Seide. Matthiall versuchte die von ihr ausgehende Anziehungskraft zu ignorieren - vergebens. Jays Körper schmiegte sich an ihn, als wäre er dafür geschaffen. Matthiall spürte, wie sein Herz schneller schlug, als das Marschtempo rechtfertigte.
Das ist unmöglich, dachte er. Ich mache mir vor lauter Einsamkeit und Verzweiflung etwas vor. Ich werde immer allein bleiben - sie ist keine Kin, und selbst wenn, wäre es auch nicht von Bedeutung. Aidris
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