Glenraven
landete schließlich auf dem Rücken einer der größten Kreaturen.
Der bärenhafte Kin-hera erhob sich.
Hmarrg folgte seinem Beispiel und knurrte: »Wem gebührt die Ehre, an vorderster Front zu sein?«
Scheiße, dachte Sophie. Scheiße, Scheiße, Scheiße!
Für einen Augenblick war der Mond nicht mehr von den treibenden Wolken verdeckt. Fahles, silbriges Licht erhellte mehr von der Umgebung, als es eigentlich sollte. Das Bärenwesen stellte sich auf die Hinterbeine und schnüffelte. »Ich rieche keine Machnan und auch keine Kin oder Kin-hera außer uns… aber ich rieche auch keine Wächter. Heute nacht ist nichts in der Luft außer den Vorboten des Regens.«
Hmarrg neigte den Kopf zur Seite und grinste. »Was heißen soll, daß du zuerst gehen willst. Oder überläßt du mir die Ehre? Mach schon, Tethger. Was hast du vor?«
»Ich rieche keine Gefahr, die zu einer Ehre reichen würde.« Tethger lachte leise. »Wenn du glaubst, daß es dir Ruhm und Ehre einbringt, Hmarrg, dann tu dir keinen Zwang an. Geh voran.«
»Nett gesagt«, erwiderte der Warrag.
Sophie sah, wie sich das Monster zu der Barriere umwandte. Sie erstarrte. Dann machte der Warrag mit gesträubtem Fell einen langsamen Schritt nach vorn. Und noch einen… und noch einen… Sophie richtete das Schwert auf sein geöffnetes, keuchendes Maul und bereitete sich darauf vor, die Kreatur in dem Augenblick anzugreifen, in dem sie Sophie sehen konnte. Hmarrg begann zu knurren. Sein Kopf senkte sich, und sein Schwanz sah aus wie eine Haarbürste. Ein weiterer Schritt.
Dreh um, dachte Sophie. Dreh um, dreh um.
Und noch einer.
Der nächste Schritt würde ihn durch die Barriere bringen. Sophie hielt den Atem an, packte das Schwert mit beiden Händen und duckte sich. Im diesem Augenblick entdeckte der Warrag die Frau und sprang sie an. Sophie hatte gut gezielt… die Waffe drang in das geöffnete Maul der Kreatur ein, durchschnitt ihren Rachen und trat am Rücken wieder aus. Sophies eigene Kraft zusammen mit dem Schwung des Warrag hatten die Klinge so tief getrieben.
Die Kiefer des Warrag schnappten noch immer nach Sophie, während sein Kopf an der Klinge entlangrutschte. Sein Gewicht drückte sie zu Boden, und seine beinahe menschliche Hand schloß sich mit ungeheurer Kraft um Sophies Kehle. Ihr blieb die Luft weg, und das Blut rauschte in ihren Ohren. Sophie lag auf dem Boden, der Warrag über ihr. Sie zog ihre Beine an und rammte sie mit aller Wucht in seine weiche Unterseite.
Hmarrg hustete, würgte und spuckte Sophie Blut, Galle und ekelhaften Speichel ins Gesicht. Sophie trat erneut zu, und sein Griff lockerte sich. Seine Augen wurden glasig. Auch Sophie verschwamm die Sicht. Der Warrag erneuerte seinen Griff um ihren Hals; noch war er nicht tot… jedenfalls nicht tot genug.
Sophie rang nach Luft, rammte das Schwert noch tiefer in den Körper des Warrag und spürte die spitzen Zähne an ihrer Hand. Der Druck verstärkte sich an ihrem linken Handgelenk, als er hineinzubeißen versuchte. Sophie wollte kein unnötiges Geräusch verursachen… vielleicht konnte man sie außerhalb der Barriere hören, wenn sie schon nicht zu sehen war. Erneut stieß sie dem Warrag die Beine in den Unterleib.
Hmarrg brach über Sophie zusammen und begrub sie unter sich. Er stieß einen gurgelnden Schrei aus und verstummte.
Er war entschieden zu schwer.
Sophie blieb einen Augenblick liegen und rang nach Luft. Hmarrgs Finger lagen noch immer um ihren Hals, doch sie drückten ihre Kehle nicht mehr zu. Trotzdem fiel ihr das Atmen schwer. Sein toter Körper erdrückte sie fast. Heißes Blut floß über ihre Haut, und Gedärme übergossen sie mit stinkenden Exkrementen. Sophie schob sich zur Seite und rollte den schweren Körper von sich herunter. Das trockene Gras stach durch ihr Hemd und kratzte auf ihrer Haut. Ihr schweißgebadeter Nacken war überall mit Spreu verklebt. Sophie legte eine kurze Pause ein und atmete tief durch.
Sophie zog ihr Hemd aus der Hose und wollte damit das Blut aus dem Gesicht wischen. Aber sie erreichte nur, daß alles noch mehr verschmierte und der Gestank der Innereien verstärkt in ihre Nase stieg. Es war zuviel. Sie brach zusammen und übergab sich, noch immer bemüht, so wenig Lärm wie möglich zu machen und außerdem nicht in Ohnmacht zu fallen. Als ihr Magen sich geleert hatte, wischte Sophie mit einer Handvoll Gras über Hände und Gesicht, bevor sie zu den anderen Kin-hera sah, die außerhalb der Barriere auf den Warrag
Weitere Kostenlose Bücher