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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Deut älter geworden war. Tief in ihrem Inneren wußte Aidris, daß das der eigentliche Grund war, aus dem sie immer wieder kamen - nicht in der Hoffnung auf eine gerechte Entscheidung aus ihrem Mund. Diese Hoffnung hatte sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit zunichte gemacht. Nein, sie hofften auf Anzeichen des Alterns. Ein Verblassen der Haut, eine Schwächung der Knochen - irgend etwas, das ein Hinweis auf Aidris’ baldigen Tod sein könnte. Dann wären sie endlich frei. Allerdings glaubte wohl niemand, daß er das noch zu seinen Lebzeiten erleben könnte - jedenfalls heute nicht mehr. Einige, deren Eltern schon voll Bitterkeit über Aidris gesprochen hatten, waren unter Aidris’ Herrschaft alt geworden. Manche beteten für ihre Enkel, daß sie in einer Welt aufwuchsen, in der es keine Aidris Akalan mehr gab.
    Aidris hielt hof, weil sie es genoß, ihre Hoffnungen zu zermahlen wie der Müller das Korn. Langsam und bedächtig zerquetschte sie ihre Hoffnungen unter dem Mühlstein ihres Willens. Aidris übersah kein einziges Korn, kein einziges Individuum. Mittlerweile waren alle zerbrochen, die ihren Tod herbeisehnten. Niemand würde mehr wagen, sich gegen sie zu erheben, auch dann nicht, wenn es eines Tages eine starke und charismatische Persönlichkeit gäbe, die sie anführen würde. Sie wußten, daß es keine Hoffnung auf Sieg gab, und deshalb war jeder Versuch von vornherein zum Scheitern verurteilt.
    Aidris lächelte.
    Ein junger, starker und idealistischer Kin plante Verrat. Er hoffte, die gebrochenen Herzen von Aidris’ Untertanen zum Aufstand zu bewegen. Er wollte Aidris zu Fall bringen.
    Matthiall… Matthiall mit dem einen einzigen Namen, dem einen einzigen Wunsch… Matthiall, dessen Gesicht ihr im Traum erschienen war.
    Sie würde ihn nicht zerbrechen. Er sollte sich totlaufen an der Mauer aus Apathie und Hoffnungslosigkeit, die seine Landsleute auszeichnete, wie lange es auch dauern mochte. Wenn er seine Augen eines Tages endlich öffnen und wie Aidris erkennen würde, daß Schafe sich nur zum Schlachten eignen, dann würde sein Idealismus sterben. Dann würde sie ihn zu ihrem Liebhaber machen.
    Im Augenblick stand irgendein Idiot vor ihr und faselte etwas von Raubtieren im Wald hinter seiner armseligen Hütte, beschwerte sich, daß sie seine Vorräte und Herde dezimierten, und bat Aidris, etwas zu unternehmen. Er erwähnte immer wieder, daß er aufgrund der Gesetze das Recht hätte, dies zu fordern. Aidris hörte ihm nicht zu - wenn er fertig war, würde sie dasselbe tun wie immer. Sie würde ihm Hilfe versprechen… und sonst nichts. Er würde keine Unterstützung bekommen, allein gegen die Mächte kämpfen, die ihn bedrohten, und immer tiefer in Apathie versinken. Aber inzwischen tat sie wenigstens, als würde sie zuhören.
    »Einen Augenblick Eurer kostbaren Zeit, Schutzherrin.«
    Eine scharfe, dringliche Stimme unterbrach das Gefasel des Bauern. »Einen Moment bitte«, befahl sie dem Mann und wandte sich dem dachsgesichtigen Monster zu. »Hyultif, du siehst doch, daß ich beschäftigt bin.« Wenn sie von einem ihrer Diener unterbrochen wurde, während sie hofhielt, dann tat sie immer so, als kümmerte sie sich um den Bittsteller und sein Problem. Natürlich wußten ihre Diener es besser.
    Hyultif spielte das Spiel, wie sie es ihn gelehrt hatte. »Jawohl, Schutzherrin. Ich weiß, wie wichtig das für Euch ist… aber es handelt sich um eine Angelegenheit von äußerster Dringlichkeit.« Die üblichen Worte. Ja, die üblichen Worte, aber diesmal schienen sie mehr zu bedeuten als nur die übliche Floskel. Hyultifs runde, schwarze Augen strahlten ungewöhnlich hell, und der Streifen dunklen Pelzes in seinem Nacken sträubte sich. Sie spürte Furcht oder Erregung und - das war deutlich - Unsicherheit.
    Aidris wurde ohne erkennbaren Grund unruhig. Verdammt, der phlegmatische Hyultif hatte sich noch nie über irgend etwas aufgeregt, seit sie ihn als kleines Kind aus den Armen seiner toten Mutter genommen hatte. Etwas stimmte nicht.
    Sie gab ihren anderen Dienern einen Wink, die daraufhin verkündeten, daß die Audienz für heute beendet war. Wer bis jetzt gewartet hatte, wandte sich um und schlich mit hängendem Kopf hinaus. Niemand wagte sich zu beschweren.
    Schade. Aidris hätte angeordnet, ihn auf dem Heimweg umzubringen.
    Nachdem der Raum sich geleert hatte, wandte Aidris sich an Hyultif. »Was gibt’s?«
    »Das kann ich Euch hier nicht erklären. Ihr müßt es sehen.«
    Sie nickte. Über ein

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